Neues aus der Nachbarschaft – Verwöhnprogramm

In Kürze feiern meine Nachbarn ihre Diamanthochzeit. Man stelle sich das einmal vor: Fast sechzig Jahre sind die Beiden miteinander verheiratet! Und auch nach dieser langen Zeit sind sie einander äußerst zugetan. Vor allem mein Nachbar ist um seine sechs Jahre ältere Frau (sein „Liebi“) sehr besorgt und stets bemüht, sie zu verwöhnen.

Mein letzter Besuch bei den Beiden ist etwa eine Woche her. Wir plauderten eine ganze Weile über dies und das und stellten unter anderem fest, dass der Herbst mit kühleren Temperaturen Einzug gehalten hat und es abends wieder früher dunkel wird.

Nach einem Blick auf die Uhr erhob sich mein Nachbar mit den Worten: „Liebi, ich hole mal die Sachen aus dem Schlafzimmer.“ Seine Frau verdrehte die Augen und meinte: „Es ist doch erst 18:00 Uhr.“ Ich war überfordert. Was sollte ich mit diesen Angaben anfangen? Doch schon nahte die Lösung. Mein Nachbar kam freudestrahlend ins Wohnzimmer. Über dem Arm trug er den Schlafanzug seiner Frau, in der einen Hand ihre warmen Puschen und in der anderen Hand zwei Wärmflaschen. Liebevoll stellte er seiner Frau die Puschen vor die Füße, deponierte ihren Schlafanzug auf einem Stuhl und erklärte: „Ich mache die Wärmflaschen fertig und lege sie schon mal ins Bett.“

NEIN“, rief meine Nachbarin entsetzt, „ich WILL keine Wärmflasche, das ist mir viel zu warm!“ Während ihr Mann in die Küche ging, um Wasser in die Wärmflaschen zu füllen, erklärte sie mir, dass ihrem Mann immer kalt sei, sie jedoch eher zum Schwitzen neige. Diese Tatsache führe jeden Abend zu Diskussionen.

Ich habe keine Wahl“, meinte sie, „weil er eine Wärmflasche benötigt, muss ich auch eine nehmen. Das geht hier immer so. Nur weil er eine Brille brauchte, musste ich auch eine haben, obwohl meine Augen in Ordnung waren!“ Dann begann sie zu lachen und meinte: „Was ganz besonders an ihm nagt ist die Tatsache, dass er inzwischen an Diabetes leidet und ich nicht. Er kann einfach nicht verstehen, dass es in gesundheitlichen Dingen nicht unbedingt nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ geht.

 

von Christa Commer

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