Mein insektenfreundlicher Balkon (von W. Carpels)

2018 sollte mein Balkon insektenfreundlich werden. Das war komplizierter, als ich gedacht hatte. Ich fand keine vorgezogenen Pflanzen im Handel und musste Samen kaufen. Wieviele Körnchen dürfen es sein für einen Blumentopf? Wie sät man aus? Ich besorgte mir Sand, nahm ein wenig in die Hand, Samen dazu und säte diese Mischung in Töpfe. Schön klein sind unsere hübschen Balkone. Wenn ich da werkele, habe ich ziemlich viele Utensilien um mich. Oh je! Endlich habe ich doch alles zu Ende gebracht und nebenbei eine ganz neue, nützliche Erfahrung gemacht.

In die Kästen, in die die Töpfe kommen, lege ich Gewichte, um sie standfest zu machen. Dabei auch eine Glaskugel von ca. 7 cm Durchmesser. Sie lag neben Steinen auf dem Papier, das ich auf dem Boden ausgelegt hatte. Daneben lagen Lindenblätter, die auf dem Balkon überwintert hatten. Mittags schien die Sonne seitlich heiß auf den Balkon, als es begann, merkwürdig zu riechen. Wurde gegrillt? Ich schaute über den Balkon hinaus. Nichts Verdächtiges. Der Geruch blieb. Brandgeruch! War der Herd noch an? Ich sauste in die Küche. Zum Glück, nein. Zurück auf den Balkon. Der Geruch wieder da. Dann sah ich es; ein dünnes, weißes Rauch-Wölkchen stieg von dem ausgelegten Zeitungspapier auf. Von der Glaskugel. Nicht nur das Papier glimmte, sondern auch einige der trockenen Lindenblätter. Die Kugel war so heiß, daß ich sie in den Schatten rollen aber nicht anfassen konnte. Das hat mich ernsthaft erschreckt. So einfach war das? So rasch kann Feuer entstehen? Was hätte alles passieren können, wäre ich fort gegangen! Besser nicht daran denken. Es ist ja zum Glück gut gegangen.

Ein Kleiber auf einem Balkonvorsprung
Kleiber (Foto: W. Carpels)

Als alle Töpfe versorgt waren und der Balkon ordentlich aussah, begann das Warten, denn es war erst März. Mein Balkon war aber deshalb nicht leer. Ich hatte auch Kräuter aus dem vergangenen Jahr auf den Brüstungen jeweils rechts und links von ihm stehen und daneben jeweils einen Nistkasten. Neben dem rechten blühte leuchtend blau ein Rosmarin. Diese Blüten hatten ein Kleiber-Pärchen angelockt. Es war ein Hin- und Herfliegen. Beide Vögel zupften und rupften an den Blüten und nahmen bald auch den Nistkasten in Besitz. Unermüdlich flogen sie ein und aus und trugen dabei meist auch etwas im Schnabel. Leider habe ich das Flügge-Werden der Brut nicht beobachten können. Eines Tages blieben die Elternvögel aus. Ich hatte den Ausflug verpaßt.

In der gleichen Zeit wuchsen winzige Pflänzchen in den Töpfen heran. Zart und zu dicht. Ich zupfte aus. Was würde das und jenes wohl werden? Dann, mit den wärmer werdenden Tagen, wuchsen sie rasch. Schon nach einem Monat zeigten sich erste Knospen und bald erblühten sie. Raps und Senf. Leuchtend gelb lockten sie zuerst vor allem Hummeln an, aber bald kamen auch Bienen und Wespen. Marienkäfer legten ihre Eier unter Blättern ab. Ich beobachtete fasziniert das emsige Tun. Alle waren unermüdlich damit beschäftigt in Blüten zu krabbeln, aus ihnen zu trinken und dann zu den nächsten und übernächsten zu fliegen.

Hummel im Anflug auf eine gelbe Blüte
Hummel im Anflug (Foto: W. Carpels)
Eine Hummel auf einer Phacelia-Blüte
Eine Hummel auf einer Phacelia-Blüte (Foto: W. Carpels)

Es verblühten die gelben Blüten und erblühten weiße Sojabohnen. Es kamen die prächtigen, hellblauen Phacelia-Blütensterne. Weil sie besonders viel Nektar tragen, summte und brummte es darin am lebhaftesten. Kaum verblühte eine Pflanze, schon blühte die andere. Die Phacelia blühten am längsten. Und erst der Borretsch! Schade, dass diese beiden nach einem Monat verblüht waren. Langlebig erweisen sich die gelbe und orangefarbene Kapuzinerkresse. Von ihren Blüten und Blättern pflückte ich ab und zu einige für meinen Salat. Es blühen weiße, rote und blaue Kornblumen, Ringelblumen, Kamillen, Gänseblümchen, roter Klee. Viel Freude machen mir die Löwenmäulchen. Sie haben sich durchgesetzt und einen ganzen Topf gefüllt und werden blühen bis zum Herbstbeginn. In ihre Mäulchen schlüpfen besonders viele Insekten.

Der dieses Jahr sehr zeitige und heiße Sommer hat meine Wiesenblumen früh erblühen und wohl auch rascher verblühen lassen. Das wäre der Zeitpunkt, sie zu mähen, wüchsen sie auf Wiesen. Deshalb schneide ich möglichst viele der abgeblühten Pflanzen. Ich habe insgesamt beobachtet, daß die Blühdauer kürzer ist, als die der hybriden Balkonblumen. Wiesenblumen sind halt reine Natur. Sobald die Tage kühler werden, werde ich mit einer neuen Saat beginnen. Wintersaat!

Ach noch etwas: ich hatte ja erwähnt, dass ich zwei Nistkästen aufgestellt habe. Den rechten, den Kleiberkasten, wollte ich reinigen. Und da mußte ich feststellen, dass die Vögel ihn verklebt hatten!

Ein Kleiber mit Nahrung im Schnabel
Kleiber (Foto: W. Carpels)

Das Türchen läßt sich nicht öffnen! Deshalb heißen sie Kleiber. Aber der andere Kasten – ich glaubte es kaum – in ihm vermute ich ein Wespennest. Zu oft sehe ich Wespen hinein fliegen. Aber das Problem lasse ich erst einmal überwintern. Danach – sehe ich weiter.

 

Ein Textbeitrag von Frau Wanda Carpels.

Gastbeitrag

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