Gesundheit ist (leider) ein Geschäftsmodell – Gedanken zur Insolvenz KKO

In der Tagespresse wird mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses informiert. Die gewinnbringenden Altenhilfeeinrichtungen bleiben unerwähnt.

Werden Medikamente oder Bettplätze im Krankenhaus bewusst verknappt, um Preise zu diktieren? Was nutzt es, dass

  • die Krankenkasse z.B. die Vorsorge für Gürtelrose übernimmt, aber kein Medikament zur Verfügung steht.
  • der Notarzt in kürzester Zeit den Einsatzort erreicht, aber das angefahrene Krankenhaus die Aufnahme verweigert.

Gesundheit und die notwendigen Einrichtungen zur Pflege und Betreuung von Geburt bis Tod sind derzeit dem freien Kapitalmarkt überlassen. Sie sind ein Spekulationsobjekt wie eine Handelsware, mit denen Konzerne, Kapitalanleger auf Kosten der Allgemeinheit Gewinne erwirtschaften. Der Staat setzt überwiegend auf Selbstkontrolle der Einrichtungen und Hersteller und greift nur bei Ausnahmen ordnungsbehördlich ein.

Im Jahr 2019 werden in Deutschland etwa 80 Mrd. Euro Umsatz im Gesundheitswesen erzielt, davon entfallen rund die Hälfte auf die Pharmaindustrie. Die Gesundheitsausgaben in Deutschland haben im Jahr 2017 erstmals die Marke von 1 Milliarde Euro pro Tag überschritten. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass und warum das Gesundheitswesen – wie im Übrigen alle anderen Wirtschaftszweige in einer Marktwirtschaft auch – vor allem ökonomischen Prinzipien folgt und eben nicht gemeinwohl- oder ausschließlich patientenorientiert ist.

Gesundheitsplanung

„Wesentliche Aufgabe der kommunalen Gesundheitsplanung ist es, in Abstimmung mit der Gesundheitskonferenz die gesundheitliche Situation der Bürgerinnen und Bürger zu erfassen, Verbesserungspotenziale festzustellen und Lösungsstrategien zu entwickeln. Gesundheitsrelevante Daten dienen hierbei als Grundlage zur kontinuierlichen Umsetzung von Projekten zur gesundheitlichen Für- und Vorsorge“, so zu finden auf der Homepage der Stadt Oberhausen. Wer sich weiter informiert, findet keinen Hinweis auf eine kommunale Krankenhausplanung. Bei Nachfragen wird auf die Bezirksregierung in Düsseldorf verwiesen. Die Krankenhausplanung ist originäre Länderaufgabe.

Zur Diskussion um die Insolvenz der Kath. Krankenhaus GmbH Oberhausen (KKO) passt die zeitgleiche Bertelsmann-Studie, jedes zweite Krankenhaus kann geschlossen werden. Dies ist aber nichts Neues, bereits 2014 plädierte die AOK Baden-Württemberg: „Kleine Kliniken müssen auf den Prüfstand.“ (Stuttgarter Zeitung 12.1.2014). Der Bundesgesetzgeber hat bereits ein Krankenhausstrukturgesetz mit einem Strukturfond von 500 Mio.€ aufgelegt, zum (weiteren) Abbau und der Konzentration im Krankenhausbereich. Von 1991 bis 2016 wurden bereits 809 Krankenhäuser im kommunalen und freigemeinnützigen Bereich geschlossen aber zeitgleich wurden 349 private Krankenhäuser eröffnet. 2016 gab es in Deutschland insgesamt 1.951 Krankenhäuser. 

Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat die Reform der Krankenhausversorgung in Nordrhein-Westfalen als eines seiner zentralen gesundheitspolitischen Themen benannt. Ziel des Landes ist es, die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen bedarfs- und qualitätsorientiert weiterzuentwickeln. Ende Juni 2019 wurde dem Gesundheitsministerium das bestellte Gutachten mit seinen Handlungsempfehlungen für die Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen übergeben. Ende des Jahres 2019 soll ein Entwurf für eine neue Krankenhausplanung vorliegen. Der geltende Krankenhausplan NRW 2015 ist am 23. Juli 2013 in Kraft getreten. „Er stellt die Grundlage für die Sicherstellung einer flächendeckenden stationären Versorgung in Nordrhein-Westfalen dar“ und warb weiter „und vollzieht einen Wechsel in Richtung qualitätsorientierte Krankenhausplanung.“

In der Tagespresse findet sich dazu: Der Leserkommentar vom 27.7.19 von Dr.med. Seeliger: „Denn nur ein Krankenhaus, das sich finanziell trägt, kann Patienten gut versorgen und ein zuverlässiger Arbeitgeber sein. Wer fordert, dass es für jeden Stadtteil ein eigenes Krankenhaus geben muss, soll bitte auch darlegen, wie das finanziert werden soll!.“ Dies  ist eine Replik auf die Äußerung des sozialpolitischen Sprechers der Oberhausen SPD im Rat vom 20.7.19: „Das Marienhospital in Osterfeld müsse auf jeden Fall erhalten bleiben.“

Mächtige Lobbyinteressen und unterstützende strukturelle Marktlogiken stehen einem rein am Patientenwohl orientierten Gesundheitswesen schlichtweg entgegen. Auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient bezogen, wird das rein wirtschaftliche Denken recht anschaulich in Eugen Roths Aphorismus: „Was bringt den Doktor um sein Brot? a) Die Gesundheit, b) der Tod. Drum hält der Arzt, auf dass er lebe, uns zwischen beiden in der Schwebe.“

Die Insolvenz der KKO wurde am 9.7.19 öffentlich in der Tageszeitung verkündet. Wenn ein Hauptgrund die Rückforderung von einer Million € durch die Krankenkassen war, zeigt es mehr als fehlende wirtschaftliche Führung, Kontrolle und Aufsicht. Gefordert ist das Erzbistum als Gesellschafter aber auch als öffentlicher Träger. Eine mögliche Privatisierung von Teilen bringt keine Konsolidierung in der Gesundheitsversorgung.

Bettenabbau erhöht den Druck zu noch stärkeren Verweildauerverkürzungen, von vormals 14,6 Tage in 1991 auf 7,3 Tage in 2016 und damit zu vorzeitigen (blutigen) Entlassungen. Darunter leiden besonders die Älteren und unteren Schichten. Letztendlich bedeutet die Liegezeitverkürzung nichts Anderes, als den Ersatz von professioneller Pflege und Versorgung durch Laienpflege. Schon heute müssen über 52 Prozent der anerkannt Pflegebedürftigen in  Oberhausen zu Hause ohne ambulante Unterstützung gepflegt werden. Die zu 20 Prozent nicht anerkannt Pflegebedürftigen und die vorzeitig aus dem Krankenhaus Entlassenen sind noch nicht mitgerechnet.

Ausblick:

Der stellv. Aufsichtsrat der KKO GmbH, Dipl.-Ing. Wilhelm Hausmann, selbständiger Architekt, wird sich in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneter dafür einsetzen, dass die öffentlichen Strukturmittel für den Abbau der „vermeintlichen“ Überkapazitäten fließen und die Umstrukturierung zum Wohle der Eigentümer und Betreiber ermöglicht wird.  

Die wohnortnahe Versorgung ist ein großer Vorteil für Patienten und Angehörige, insbesondere für Ältere, Gebrechliche, Familien mit Kindern.  Der Bedarf hat sich an der Bevölkerung zu orientieren, nicht allein an den Investoren oder Geldgebern. Unterstützen wir das Anliegen der Landesregierung einer bedarfs- und qualitätsorientiert Krankenhausplanung. Die Bürger und Parteien sind aufgerufen sich für die notwendige Umstrukturierungen in die fehlenden Altenhilfeeinrichtungen insbesondere der Tages- Kurzzeit- und Verhinderungspflege einzubringen. So kann die notwendige Gesundheits- und Altenhilfeplanung in Oberhausen gelingen.

Vertrauen über die Presse zu verlangen sind überkommene Denkstrukturen; vertrauen kann erworben werden.

Den Mitarbeiter ist Vertrauen entgegenzubringen: sie kennen die Schwächen und Mängel des Alltags, die zu beheben sind. Oder wird nur formaler Sachverstand teuer eingekauft und dann umgesetzt. Sollte nicht die Strategie sein, die wahren Eigentümern, die Gemeindemitgliedern der Kirchengemeinden, zu befragen welche Strukturen und Zielsetzungen soll für die Zukunft verfolgt werden sollen. 

Warten allein auf Landesmittel oder bis zu den Kommunal- und der ersten Ruhrparlamentswahl im September 2020 wird nicht helfen.

Nachtrag:

In der Tagespresse (NRZ/WAZ) folgten u.a. Leserbriefe

„Bistum beim KKO gefordert“ von Pfarrer i.R. Ulrich Samse und „Klinikum wirbt um Vertrauen“ Martin Goeke, Linken-Ratsherr.

Kommentar von P.Szymaniak: „KKO: Ein Gebräu aus Dilettantismus und Unvermögen“ 17.8.19 mit weiteren Leserbriefen vom Tag auf gleicher Seite. zu -Aus für St.-Josef-Hospital- „Traurig“ Dr.Karl Schäfer, „Marode gespart“ Helmut K. und „Politik in der Pflicht“ Christiane Weber

Bis zum Jahresende 2019 soll die Insolvenz mit Entlassung von 240 Kräften und die Aufgabe des Standortes St.-Josef-Hospital beendet sein.