Pflege TÜV für wen?

Neue geprüfte Qualität in der Pflegeeinrichtung 

Pflegebedürftige Menschen müssen seit 2017 den Einheitlichen-Einrichtungs- Eigenanteil (EEE) über alle Pflegegrade zur Pflege aus eigener Tasche zahlen. Wer weiss schon, dass 

  • nun alle die gleiche Pflegezuzahlung leisten müssen? 
  • Pflegeheimbewohner die Hauptzahler in der Einrichtung sind, ohne jegliche Einsicht in die Leistungsdaten.
  •  Kriterien der Qualitätsstandards durch die Pflegeeinrichtung bestimmt werden und nicht die Sicht der Versicherten, zukünftigen Bewohner abbilden.   

Was für eine Qualität

Die Qualität der Leistung der Einrichtung ist mit ein Entscheidungskriterium für zukünftige Bewohner, er will ja zum Entgelt eine nachvollziehbare Gegenleistung. Qualität, als ein Mindest-Standard,  ein Leistungsversprechen für die Versicherten, Pflegebedürftigen Bewohner durch die zugelassene Einrichtung auch gegenüber den Pflegekassen. Vollstationäre Pflegeeinrichtungen sind mehr als ein Hotel mit angegliederter Pflege. Die Pflege ist Hauptbestandteil, Pflegeleistungen müssen sich an den Modulen der Pflegegrade orientieren und sind die notwendigen Kriterien, die standardmäßig geleistet und damit geprüft und bewertet werden müssen. Dies sieht das Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) verbindlich vor. Der Wirklichkeit im Pflegealltag in der/den Einrichtungen soll nachgegangen werden, doch vorher für den Leser die aktuelle gesetzliche Grundlage

Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI und die Qualitätsdarstellung nach § 115 Abs. 1a SGB XI sind  

  • für zugelassenen Pflegeeinrichtungen einmal jährlich vorgesehen.

Zu prüfen:

  • ist, ob die Qualitätsanforderungen nach diesem Buch und nach den auf dieser Grundlage abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarungen erfüllt sind. Die Regelprüfung erfasst insbesondere wesentliche Aspekte des Pflegezustandes und die Wirksamkeit der Pflege- und Betreuungsmaßnahmen (Ergebnisqualität). 
  • kann auch auf den Ablauf, die Durchführung und die Evaluation der Leistungserbringung (Prozessqualität) sowie die unmittelbaren Rahmenbedingungen der Leistungserbringung (Strukturqualität) erstreckt werden. 

Die Theorie und die Umsetzung werfen Fragen auf.

Die bisherigen Transparenzberichte des Medizinischen Dienstes, als ausführende Stelle für die Pflegekassen, haben für den Laien, durch die Aufrechnungsmöglichkeiten mit Hotelleistungen, geringe Aussagekraft. Die öffentliche Kritik veranlasste die Politik aussagefähige Transparenzberichte von den Beteiligten für die Bürger zu fordern. Der Gesetzgeber hat die Qualitätsentwicklung in der Pflege, die seit 2016 nach § 113 SGB XI in den Händen der Vertragsparteien liegt, neu gefordert. Der eigenständige Qualitätsausschuss Pflege nach dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) ist mit der Entwicklung von neuen Verfahren zur Qualitätsprüfung und Qualitätsberichterstattung in der Pflege beauftragt. Ein Blick auf die Zusammensetzung des Ausschusses zeigt die Interessen auf.

Der Qualitätsausschuss Pflege besteht zu gleichen Teilen (jeweils 10 Stimmen) aus VertreterInnen der Leistungsträger (Betreiber) und der Leistungserbringer (Pflegekassen und Sozialhilfeträger). Diese verständigten sich einvernehmlich über den Prüfungsrahmen. Der Leser möge sich vor dem Weiterlesen fragen, welche wesentliche objektive Daten benötigt er als zukünftiger Bewohner/die Angehörigen zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Einrichtung, in der er sich wohlfühlen will/kann. Sind darunter wesentliche Punkte, die durch die Ausschussmitglieder  direkt aus der Überlegung genommen wurden.

In den Prüfkatalog  NICHT aufgenommen:

  • Transparenz von Preisen und Regelungen im Heimvertrag
  • Abdeckung eines definierten Leistungsspektrums
  • Unterstützung bei der Wahrnehmung von Rechten
  • Information an Angehörigen oder bei gesundheitlichen Krisen
  • Voraussetzungen für ungestörte Kommunikation mit Besuchern
  • Beschwerdemanagement
  • Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der Einrichtung 
  • Unterstützung in Notfallsituationen: handelt die Pflegeperson der Einrichtung angemessen in einer Situation, die 
    • zu einer ungeplanten Krankenhausaufnahme führte oder 
    • bei der unabhängig davon ein umgehendes Handeln durch 
      • eine Pflegefachkraft oder 
      • einen Arzt erforderlich war.
  •   Unterstützung des Bewohners bei der Wahrnehmung von Arztbesuchen / Therapie    inwieweit die Einrichtung dafür Sorge trägt, den Bewohner bei der Wahrnehmung von Arztbesuchen und Therapien zu unterstützen. 

Die einzelnen Punkte zeigen Interessen der Einrichtungsträger auf. Bewohnern und Angehörigen als Leistungsempfänger werden bewusst keine allgemeinen Rechte zugestanden, die jede Einrichtung erfüllen muss. Wer für sein Wohlbefinden zufriedene Mitarbeiter erwartet, kann warten.

Wer soll die Hygiene und das Wohlbefinden prüfen

  • Sauberkeit der Räume
  • Raumtemperatur und frische Luft
  • Gewährleistung einer sicheren, barrierefreien Umgebung
  • Orientierungshilfen in den Räumen und Beleuchtung
  • Verfügbarkeit geeigneter Räumlichkeiten für Pflege/Therapie/Aktivitäten

Arbeitsleistung, das Wohlbefinden der Mitarbeiter obliegt allein dem Arbeitgeber

  • Von der Einarbeitung neuer Mitarbeiter bis zur Mitarbeiterzufriedenheit aber auch die
  • Sicherstellung der Pflegeprozesssteuerung und Versorgungskoordination und Regelung von Kompetenzen,
  • Aufgaben und Bewohnerkreis der Bezugspflegenden sind von der Beurteilung ausgenommen.
  • Qualifikation der Pflegenden und der Betreuungskräfte

Nur motivierte und zufriedene Mitarbeiter leisten eine gute Arbeit, hier die Heimbeiräte gefragt.

Wer befindet um die Qualität?

Die Mitwirkung oder gar Mitbestimmung von Verbraucherverbänden, wie der BIVA oder dem Dachverband BAGSO ist keine Möglichkeit eingeräumt. Transparenzbericht, in denen vorgenannte Prüfpunkte nicht enthalten sind werden auch zukünftig kein vergleichendes Entscheidungskriterium für zukünftige Bewohner ermöglichen. EINE HILFE, eine Transparenz wurde von dem Gesundheitsminister dem Bürger versprochen. Scheinbar kennt er die Zusammensetzung des eigenständigen Gremiums, wie jeder Versicherte (nicht)!

Der Qualitätsausschuss Pflege besteht zu gleichen Teilen (jeweils 10 Stimmen) aus Vertreterinnen und Vertretern der Leistungsträger und der Leistungserbringer. Die Mitglieder des Qualitätsausschusses treffen einvernehmliche Entscheidungen. Die derzeitige Besetzung der Sitze im Qualitätsausschuss Pflege:

 

Leistungsträger:

  • GKV-Spitzenverband – 7 Sitze
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe – 1 Sitz
  • Deutscher Landkreistag und Deutscher Städtetag – 1 Sitz
  • Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. – 1 Sitz
  • Zahlungsverpflichtete Bewohner – Verbraucher – 0 Sitze

Leistungserbringer:

  • Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene – 10 Sitze 

Die Fachlichkeit ist zweitrangig: der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen wirkt in den Sitzungen und an den Beschlussfassungen im Qualitätsausschuss beratend mit.

Die Versicherten und Hauptzahler haben keinen Einfluss.

Indirekt können Interessenverbände nach (§ 118 SGB XI) in den Sitzungen und an den Beschlussfassungen im Qualitätsausschuss beratend teilnehmen. Können heißt: Sollte der Verbraucherschutz eingebracht werden, muss er keinen Niederschlag finden.

Zusammenfassung:

Durch die Zusammensetzung des Qualitätsausschusses und die erkennbare Ausgestaltung der Prüfrichtlinie wird es für den zukünftigen Bewohner keine qualitative Entscheidungshilfe aus der Sicht der Fachlichkeit gegeben. Die Verpflichtung zur Transparenz und Offenlegung der Verhandlungsgrundlagen aus der wirtschaftlichen Sicht sind nicht gegeben. Eine Vorauswahl im Internet anhand objektiver fachlicher oder/und wirtschaftlicher Kriterien sind nicht gewollt. Die Pflegeversicherung kann und muss die Verhandlungsergebnisse für ihre Versicherten aufbereiten. Nur so kann die vereinbarte Leistung mit der Wirklichkeit abgeglichen werden.  Solange dies nicht erfolgt, befindet sich der Versicherte weiterhin in einer Bittsteller Position gegenüber dem Betreiber der Einrichtung und seiner eigenen Versicherung. Damit ist der bisherigen Kritik einer aussagefähigen Qualitätsbeurteilung nicht Rechnung getragen worden, ein Verbraucherschutz ist nicht ersichtlich. Geschützt werden weiterhin einseitig die Leistungserbringer.  Die Daseinsvorsorge für die Betreiber und Investoren im Altenhilfemarkt ist gesichert; Leistungskürzungen sind schwer oder gar nicht zu begründen. Der Staat hat sich aus der Daseinsvorsorge im Pflegebereich mit dem SGB XI bewußt verabschiedet und handelt nach dem Prinzip „Privat vor Staat“. Der einzelne Bürger steht einem mächtigen Betreiber hilflos gegenüber und ist auf Verbraucherschutzorganisationen, wie die BIVA  oder andere angewiesen.

Mit diesem Beitrag hoffen wir grundlegende Informationen zum Verständnis und einer notwendigen Diskussion geliefert zu haben. Sich ärgern bringt keine Änderung. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Missstände müssen benannt und aufgedeckt werden. Verbraucherschutz fällt nicht vom Himmel, wir müssen aktiv werden.

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