Was wird mit der Grundrente

Der Gerechtigkeit willen, droht ein bürokratisches Monster

Heute durch SPD Hubertus Heil in das Kabinett endlich eingebracht. Nun kommt der Bundestag! Was steckt dahinter?

Die Aufwertung von Renten nach jahrzehntelanger Arbeit bei zu niedrigen Löhnen ist eine wichtige und originäre Aufgabe eines solidarischen Rentensystems. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Frühjahr  2019 rund 1,08 Millionen Menschen in Deutschland auf Grundsicherung angewiesen. Das sind 1,9 Prozent mehr als 2018. Sozialverbände gehen davon aus, dass zudem viele Bedürftige nicht um staatlich Hilfe bitten, weil sie in Sorge sind, dass sich das Sozialamt das Geld von den Kindern wiederholt- verschämte Altersarmut -.

Grundlage für die Berechnung sind die Entgeltpunkte, die ein Versicherter im Laufe der Jahre ansammelt. So sollen die Rentenpunkte für jemanden mit niedrigem Einkommen, der mindestens 30 Jahre plus X lang in die Rentenkasse eingezahlt hat, automatisch hochgestuft werden.  Diskussionsstand 28.Jan.2020

Will die SPD noch rechtzeitig vor den nächsten Wahlen die Grundrente installieren, eilt es. Realistisch ist es, dass sich Befürworter und Skeptiker in der schwarz-roten Koalition schnell einig werden, wenn die CDU/CSU der SPD Schützenhilfe geben will. Das Herzensprojekt der SPD steht unter einem schlechten Stern. Die Finanzierung zum Januar 2021 kommt nicht zustande, die Rentenversicherung kriegt die Auszahlung nicht hin.

Das koalitionspolitische Hickhack ist eine demokratiefeindliche Profilierung.

Anderthalb Millionen kleine Renten will die SPD aufstocken. Es ist das zentrale Projekt der Genossen in diesem Jahr und es wackelt gewaltig. Es sieht nicht gut aus für die Grundrente. Erstens fehlt angeblich das Geld für die Gegenfinanzierung und zweitens hält es die Verwaltung für schlicht nicht umsetzbar. Um die veranschlagten Kosten von rund 1,73 Milliarden Euro aufzubringen, will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Steuer allein auf den Kauf und Verkauf von herkömmlichen Wertpapieren einführen. Er bekommt dafür aber nur die Zustimmung von den Koalitionspartnern CDU und CSU, wenn die Abgabe auch in anderen EU-Ländern erhoben wird. Frankreich setzt sie auf Druck von Trump derzeit aus.

Doch die nötige Koalition von neun Staaten bröckelt. Österreich erklärte, dass der Scholz-Entwurf in Wien in seiner derzeitigen Form keine Chance habe. Damit geht das seit Jahren anhaltende Hickhack um die Börsensteuer in die nächste Runde. Einen nationalen Alleingang wird es nicht geben. Wenn Olaf Scholz eine europäische Lösung nicht erreicht, muss er die Finanzierung hiervon unabhängig sicher stellen, sagte auch der stellvertretende Fraktionschef Andreas Jung (CDU).

Viel schlimmer für die Genossen ist aber der böse Brief, den die deutsche Rentenversicherung Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) geschickt hat. An Deutlichkeit ist das Schreiben nicht zu überbieten. Die Verwaltungskosten würden voraussichtlich 240 Millionen Euro jährlich kosten. Die geplante Auszahlung ab Januar 2021 sei nicht zu halten. Denn Rentenversicherung und Finanzämter sollen sich austauschen, ob Rentner mit kleinen Bezügen nicht über große Vermögen, zum Beispiel Immobilien oder Aktien, verfügen und den Zuschlag von 100 oder 216 Euro gar nicht brauchen. Der für diese Prüfung geplante Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und Finanzämtern lassen sich schwerlich bis 2021 aufbauen. Ein Grund: Das dafür nötige Personal sei kurzfristig nicht verfügbar.

Weitere Stellen schaffen müssten auch die Finanzämter, für die aber die Länder zuständig sind. Ob zum Beispiel unionsgeführte Länder mehr Geld für eine SPD Idee ausgeben wollen, die ihnen finanziell nichts bringt, ist fraglich. Die Lösung der Personalfragen kann nicht auf das Parlament abgeschoben werden. Das gilt auch für den erhöhten Personalbedarf bei den Finanzämtern. In seiner jetzigen Form können CDU und CSU Heils Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Die Rentenversicherung kritisiert außerdem den immensen bürokratischen Aufwand, den sie mit 25 Prozent der Gesamtsumme der Grundrente angibt. Das wären 240 bis 300 Millionen Euro pro Jahr. Das Vorhaben stellt eine noch nie dagewesene Zäsur dar, die Umsetzung werde die Rentenversicherung außerordentlich stark belasten.

Für die Sozialdemokraten ist die Lage höchst unerfreulich, weil sie die Schuld für die drohende Pleite nicht CDU und CSU in die Schuhe schieben kann. Es sind eigene Fehleinschätzungen darüber, wie sich Börsensteuer und Verwaltung der Grundrente umsetzen lassen, die das Projekt nun akut gefährden. Finanzminister Scholz und Arbeitsminister Heil geben sich dennoch demonstrativ zuverlässig, dass die Schwierigkeiten gemeistert werden.

Die Grundrente sollen Menschen bekommen, die mindestens 33 Jahre in der Rentenkasse eingezahlt haben, die aber Renten unterhalb der Grundsicherung bekommen, weil sie wenig verdient haben. Bisher müssen sie zum Sozialamt gehen und können dann auf das Niveau der Grundsicherung von 800 Euro pro Monat aufstocken. Ursprünglich war geplant, die Grundrente erst ab 35 Beitragsjahren zu zahlen. Heil kürzte überraschend zwei Jahre. Verschiedene Beispielrechnungen des Arbeitsministeriums und von Gewerkschaften zeigen, dass die Rentner durch die Grundrente monatlich zwischen 900 und 1000 Euro bekämen. Wir warnen davor, dass dadurch nicht andere Rentner benachteiligt werden. Durch die Aufstockung mit der Grundrente darf es deshalb auf keinen Fall zu Überholvorgänge kommen.

Es geht auch besser!

Manchmal ist die einfachste Lösung die beste. So auch bei der Finanzierung des Sozialstaats im Allgemeinen und der Rente und Grundrente im Besonderen. Und die Lösung lautet hier: Umlageverfahren. Es hat eigentlich nur einen Nachteil. Unter dem abstrakten Begriff Umlageverfahren können sich nur wenige etwas vorstellen. So bleibt dieses grandios erfolgreiche Modell der Finanzierung des Sozialstaats vielen Bürgern ein Rätsel. Dabei handelt es sich um die simple Idee, die Renten für die Alten und Kranken in einer Gesellschaft direkt und ohne Umweg aus dem Einkommen der Beschäftigten zu bezahlen: Vom Lohn werden direkt Arbeitgeber und Arbeitnehmerbeitrag an die Deutsche Rentenversicherung überwiesen. Dort wird die Zahlung gut geschrieben, aber es folgt kein Ansparprozess, keine Verzinsung. Das Geld der Beitragszahler wird praktisch umgehend an die berechtigten Rentner weitergeleitet oder umgelegt, deshalb Umlageverfahren.

Spricht man heute mit jungen Menschen, so hat das Zutrauen in die gesetzliche Rente offenbar schwer gelitten. Viele bezweifeln rundheraus, dass sie später überhaupt noch etwas zu erwarten hätten. Aus rätselhaften Gründen vertraut die junge Generation aber auch die Politik und Allianz & Co, mehr als der gesetzlichen Rentenkasse. Vielleicht liegt es daran, dass diese Generation die gesetzliche Rente nur als ein System in der Defensive kennengelernt hat, bewusst schlecht geredet von den Lobbyisten der privaten Finanzwirtschaft. Geprägt von immer neuen Kürzungsplänen und Krisenszenarien, damit das Rentensystem kaputtgespart kollabiert und der Billionenmarkt gewinnbringend angezapft und geplündert werden kann.  Dabei sprechen Fakten für das genaue Gegenteil: Die umlagefinanzierte gesetzliche Rente ist im Vergleich nachweislich das effektivere und sicherere Altersvorsorgesystem.

Die Politik ist dabei, mit der Rente das Herzstück des deutschen Sozialstaates gewollt zu ruinieren. Völlig paradox ist es, die private Vorsorge zu fördern und gleichzeitig aus der gesetzlichen Rente die Luft herauszulassen. Es gibt nur einen, der bei  diesem sozialpolitisch sinnlosen Spiel als Verlierer vom Platz geht, und das ist der Bürger. Gewinner, gerade bei der Nullzinspolitik, ist der Anbieter. Dem Sparer bleibt die Hoffnung in der Zukunft, dass sein Angespartes noch für ihn vorhanden ist. Wenn nicht, bleibt die Sozialhilfe.

Wir benötigen kein bürokratisches Monster (Grundrente), wir benötigen eine altersfeste Umlage finanzierte Rente. Wollen Politiker die Rente ruinieren? BlackRock und Chef-Lobbyist Friedrich Merz lassen grüßen.

Statt einer sogenannten ‚Grundrente‘ liegt seit heute (19.2.20) eine ‚Grundsicherung plus‘ im Kabinett.

Von dem Rentenzuschlag werden zukünftig nicht – wie im Mai 2019 angekündigt – drei Millionen Menschen profitieren, sondern nur noch 1,3 Millionen. Obwohl fast 20 Prozent aller Rentnerhaushalte als arm gelten, werden nur fünf Prozent von der sogenannten ‚Grundrente‘ profitieren. 

Zur Erinnerung:

Die gesetzliche Bruttorente eines Durchschnittsverdieners nach 40 Beitragsjahren ist im Jahresdurchschnitt laut Bundesregierung von 1.088,00 Euro im Jahr 2010 auf 1.301,60 Euro im Jahr 2019 gestiegen. Nach 45 Beitragsjahren erhöhte sie sich im genannten Zeitraum von 1.224,00 Euro auf 1.464,30, wie aus der aktuellen Antwort der Bundesregierung (19/17019) hervorgeht. Dies wären 19,6 % in 9 Jahren, damit hat die gesetzliche Rente die Inflation Brutto ausgeglichen.

Die Nullzinspolitik vermindert das Angesparte in Höhe der jährlichen Inflation. 

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