Korruption oder mehr in Pflegeeinrichtungen

Doppelfinanzierungen und Quersubvention

Die vielen Gesetzesänderungen-, -ergänzungen im Gesundheitswesen werden auch Pflegesatzverhandlungen im Jahr 2021 aus Sicht der Einrichtungsträger besonders erfolgreich. Der mögliche Anspruch auf einen Vergütungszuschlag zur Finanzierung zusätzlicher Pflegehilfskräfte ist eröffnet.

Der Tatbestand des Pflegenotstandes ist nicht neu. Der Kahlschlag ist auch der geringen Bezahlung zur Gewinnorientierung geschuldet. Bisher finanziert sich die Einrichtung nach den Vorgaben der Pflegekassen überwiegend durch die Bewohnerentgelte. Neu sind Krankenkassenleistungen oder andere staatlichen Leistungen für Einrichtungsträger. Zur Qualitätssicherung sollen die notwendigen Pflegekräfte dem Träger finanziert werden. Kommt für die Arbeitnehmer die Anerkennung durch allgemeinverbindliche Tarifverträge und wird die entsprechende Entlohnung umgesetzt.

Heimentgelte sind schwer nachvollziehbar und werden oft verschwiegen.

Wer glaubt die Einrichtungen zeigen auf ihren jeweiligen Homepages die aktuellen, gültigen Entgelte, wird enttäuscht; sie unterliegen nicht der Preisauszeichnungsverordnung. Dazu kommt: Die mit den Pflegekassen ausgehandelten Preise werden als allgemein verbindlich für alle Bewohner ausgewiesen, dies bedeutet nicht gleichzeitig, dass eine Transparenz gegeben ist. Wer denkt, oder spricht es gar offen an,  die mögliche jahrzehntelange Übung der Doppel- und Querfinanzierungen in der Wohlfahrtspflege. Mit der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) 1994 hat sich im System im Grundsatz nichts geändert. Dazu gekommen ist ein Gewinnzuschlag.

Neu eingeführt wurde, versteckt in § 85 Absatz 3 Satz 2 im letzten Halbsatz SGB XI, die formale Unterschrift der gewählten Interessenvertretung der Bewohner unter das Erhöhungsverlangen. Doch kann eine fundierte Prüfung und Stellungnahme mit einem notwendigen Beschluss des Gremiums ohne weitere Hilfe erwartet werden. Diesem Missstand  wird in „Der Bewohnerbeirat“, der bisher ersten Handreichung aus Sicht der Bewohnerbeiräte und für Angehörige, nachgegangen.

Zum Einstieg und leichteren Verständnis wird die gewachsene Struktur einer über 150jährigen Altenhilfeeinrichtung aufgezeigt. Einer Stiftung alten Rechtes mit privaten Mitteln gegründet, weil die Altenvorsorge im 19. Jahrhundert, wie heute wieder, nicht als eine staatliche Aufgabe gesehen wird. Manche mögen dies heute mit dem Mantra des Sozialstaates von sich weisen. Mit dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) verabschiedete sich der Staat und folgte dem Anspruch „Privat vor Staat“. Ihre Verantwortung lagerten die Politiker auf einen neuen Zweig der Pflegekassen aus. Einerseits, um durch die Mitfinanzierung der Arbeitnehmer in der Pflegeversicherung Sozialhilfe zu sparen, andererseits, um so den Betrieb der Einrichtungen auf die freie Wirtschaft auszulagern.

Nicht erst mit der Einführung der Pflegeversicherung 1994 wurden Heimentgelte zwischen den Einrichtungsträgern und den überörtlichen Sozialhilfeträgern prospektiv ausgehandelt. Die notwendigen Entgelterhöhungen richteten sich bis 1995 nach den statistischen Inflationswerten des jeweiligen Bundeslandes und wurden mehr oder weniger plausibel fortgeschrieben. An diesem Vorgehen hat sich auch nichts durch die Zulassung von privaten Einrichtungen durch das SGB XI geändert.

Das Pflegeversicherungsgesetz wurde, vor der Einführung 1994 durch Norbert Blüm, über 12 Jahre intensiv und gründlich vorbereitet. Ein juristisch durchdachtes Gesetz zur Entlastung des Staates, der Soziallasten mit Hilfe der Arbeitnehmer. Die Verhandlungen werden unter Führung der Pflegekassen auch über die Hotelkosten (Unterkunft und Verpflegung) geführt.  Bewohner können die Leistungen mangels Kenntnis der Verhandlung nicht bewerten, damit auch keine Leistungskürzungen bei Schlechtleistung androhen, geschweige eine Entgeltkürzung vornehmen.

Sanktionsmöglichkeiten gegen Einrichtungsträger werden durch den Gesetzgeber ausgespart.

Was nutzt

  • eine Pflegebuchführungsverordnung in Anlehnung an die Krankenhausbuchführungsverordnung, die bei den Entgeltverhandlungen keine Rolle spielt,
  • eine Unterschrift der gewählten Interessenvertretung der Bewohner zur Entgeltverhandlung?

Unterhält ein Träger eine Einrichtung mit einer eigenen Küche und eigenen Reinigungskräften, wie die oben genannte Stiftung, so besteht für die Bewohner und Angehörigen bei offenen Strukturen die Möglichkeit eines Vergleiches von Preis und Leistung.

Wie steht es aber mit Einrichtungsträgern, die mehrere selbstständige Einrichtungen betreiben oder die Küche, Reinigung formal juristisch verselbstständigen?

Fällt es bei der Verhandlung auf, wenn ein Einrichtungsleiter zwei oder mehr Einrichtungen verantwortlich leitet oder die Pflegedienstleitung in der Doppelfunktion, Pflegedienst und Einrichtungsleitung, handelt? Diese Doppelstrukturen können vor Ort für die Interessenvertretung der Bewohner erkennbar sein, auch in der Darstellung der Zahlenwerte für die Pflegekassen. Schwieriger wird es bei den Kosten der Verpflegung, wenn keine eigene Küche vorgehalten wird oder diese formal ausgegliedert wurde. Ähnlich verhält es sich beim Reinigungs- und Wäschepersonal. Wie werden die Material- und Personalkosten in den ausgegliederten Positionen aufgezeigt?

Preiswerter sollten die Positionen Buchhaltung und Personalverwaltung bei großen Einrichtungsträgern sein, nicht zu vergessen die Qualitätssicherung. Auf den ersten Blick oder nach dem Gefühl mag dies im Vergleich, kommerziell geführte Einrichtungen zu Einrichtungen der Wohlfahrtsverbänden, stimmen.

Ist eine tarifvertragliche Entlohnung, Mitarbeitervertretung, eine aktive Bewohnervertretung gegeben? Wenn ja, wirkt sich dies im Wohlbefinden und in der Qualität aus?

Wem nutzen demokratische Rechte, die unbekannt sind?

Ein künftiger Beitrag wird vorbereitet; Wird der Sozialstaat erpresst

Einen Einstieg in die gestellten Fragen mit Leseprobe vermittelt „Der Bewohnerberater“ auch als E-book erhältlich. Aktive Angehörige und Bewohner sind nicht ohnmächtig dem System steigender Heimentgelte ausgeliefert! 

Wurde Ihr Interesse geweckt? Gerne hätten wir mit Ihnen im Wochenendseminar vom 5.-7. März 2021 in Königswinter diskutiert. Das Seminar ist Corona bedingt abgesagt. Wir haben ein Ausweichseminar  vom 3.-7. Mai 2021 in Königswinter am Rhein. Der Teilnehmerbetrag für Unterkunft und Verpflegung beläuft sich auf 180 € im Doppelzimmer.

Wir packen es gemeinsam, vernetzen wir uns und handeln. 

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