Schule in der Pandemie

Die pandemiebedingten Schulschließungen

Die Schulschließungen ab März 2020 und Januar 2021 haben besonders alle Schüler getroffen, die bereits vor Corona zu den Benachteiligten zählten: Kinder und Jugendliche ohne eigenes Zimmer oder eigenen Schreibtisch, um in Ruhe zu lernen, ohne stabile Internetverbindung und Endgeräte, um digital vermitteltem Unterricht zu folgen, mit Eltern, die aus verschiedenen Gründen keine Zeit oder nicht die Mittel haben, Struktur und Unterstützung bei Selbstlernprozessen zu geben, oder es manchmal nicht schaffen, regelmäßig Mahlzeiten bereitzustellen. Selbst diejenigen, die alle Voraussetzungen hatten oder sich selbst zu helfen wussten, wären froh, wenn die Schulen wieder schrittweise für den Präsenzbetrieb öffneten. Die Ganztagsbetreuung an den Brennpunkt-Grundschulen wurde weiter gewährt. Die gefährdeten Kräfte sind scheinbar vergessen.

Die Pandemie verdeutlicht, Schule ist mehr als ein Ort der Wissensvermittlung.

Ob von der Landesregierung genug getan wurde, um die Gesundheit von Schülerinnen, Schüler, Lehrerschaft und Betreuungskräfte zu schützen und den Beitrag der Massenveranstaltung Schule zum Infektionsgeschehen zu mindern, ist umstritten. Das Menschenrecht auf Bildung, das viele Voraussetzungen für die Wahrnehmung anderer Rechte schafft, gilt es in Zeiten der Pandemie in Deutschland bestmöglich zu wahren. Nach Corona muss mehr getan werden, um dieses Recht für alle zu verwirklichen, ohne dabei dem Irrglauben zu verfallen, Bildung allein könne alle gesellschaftlichen Probleme lösen.

Die Corona-Krise zeigt in dramatischer Weise die Schwächen der Bildungssysteme in Deutschland auf, die auch zuvor durch die „Pisastudien“ schon bekannt waren. In zu vielen Bundesländer heißt Schule, durch die Finanznöte der Kommunen, auch heute noch: marode Gebäude, überfüllte Klassenräume und kaputte Sanitäranlagen, und keine Umstellung auf digitales Lernen und virtuellen Unterricht. So werden Kinder abgehängt, den etwa die Hälfte aller Schüler/innen in Deutschland hat zu Hause keinen Zugang zu Computern und fast ebenso viele haben keinen Internetanschluss. Bei aller Offenheit für neue digitale Lehrformen und allen Chancen, die sich damit bieten können, glaubt niemand ernsthaft daran, dass virtuelle Formate das Schulleben in Präsenz auch nur annähernd ersetzen können. Der, unermüdlichen Einsatz der Lehrer/innen ist es zu verdanken, dass Lernprozesse nicht gänzlich abbrachen, und der Kontakt zu den Schülern/innen gehalten werden konnte. Auch ihre Sicherheit und ihr Schutz sind Teil des Rechts auf Bildung.  Sie gehen hohe Risiken ein, wenn sie den Unterricht bei wieder steigenden Infektionszahlen aufrechterhalten. Und sie verdienen Respekt.

Schulschließungen

Ab 2020 bis 2021 beschlossen nach und nach alle Bundesländer die allgemeine Schulschließung. Zunächst befristet auf zwei Wochen, wurde der Schulbetrieb faktisch für etwa drei Monate ausgesetzt. Die Schulen waren darauf kaum bis gar nicht vorbereitet. Schule in Deutschland ist darauf angelegt, dass Schülerinnen und Schüler vor Ort in Klassenverbänden von durchschnittlich etwa 32 Kindern unterrichtet werden. Es war kaum denkbar, dass von diesem konstitutiven Setting jemals abgewichen werden soll. Hintergrund der Schließung war die schnelle Ausbreitung des neuartigen Coronavirus, der durch ein radikales Herunterfahren des öffentlichen Leben begegnet wurde. Zum damaligen Zeitpunkt schloss das auch die Schulen ein. Damit gingen zahlreiche Herausforderungen für die Schule auf das Recht zur Bildung einher. Insbesondere waren dies die Digitalisierung des Unterrichts und damit verbunden das Erreichen von Kindern aus sozial benachteiligten Familien sowie die Aufrechterhaltung der Förder- und Versorgungsstruktur. Dass Schule sich dem digitalen Wandel stellen und den Schüler/innen das Lernen in der digitalen Welt ermöglichen muss, war spätestens seit der Strategie der Kultusministerkonferenz Bildung in der digitalen Welt von 2016 nicht nur bekannt, sondern durfte normativ auch erwartet werden. Dass deutsche Schulen im internationalen Vergleich noch keinen hinreichenden Anschluss an die Digitalisierung und die Vermittlung digitaler Kompetenzen gefunden hatten. Damit einhergehend zeigt sich, dass deutsche Schulen im internationalen Vergleich über eine eher schlechte Ausstattung verfügen (bezogen auf Endgeräte, WLAN-Zugang und Lernmanagementsoftware) und zudem die Lehrkräfte nach wie vor seltener digitale Medien im Unterricht einsetzen als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern. Insgesamt waren damit 2020 und 2021 jedoch nicht die besten Voraussetzungen gegeben, um von einem auf den nächsten Tag den Unterricht ausschließlich digital gestützt stattfinden zu lassen. Obwohl bereits im Jahre 2019, der Digitalpakt in Kraft getreten war, mit dem der Bund fünf Milliarden Euro für die digitale Ausstattung der Schulen bereitgestellt hatte, verfügte eine Mehrheit der Schulen weder über digitale Endgeräte für die Schüler/innen noch über umfassend etablierte Lernmanagementsysteme, die eine Organisation des digitalen Unterrichts erleichtert hätten. Angesichts dieser kritischen Ausgangslage kann im Rückblick festgestellt werden, dass die Schulen ohne Unterstützung der Ministerien und Landesinstitute während des Lockdowns Bemerkenswertes geleistet haben. Unterricht hat stattgefunden, wenn auch unter veränderten Vorzeichen und erschwerten Bedingungen. 

Fazit:

Digital gestützter Unterricht baut allerdings entscheidend darauf, dass Schüler/innen zu Hause über ausreichende Strukturen verfügen, um die Unterrichtsangebote sinnvoll nutzen zu können. 70 Prozent der  Lehrkräfte gaben an, dass ihre Lernangebote die Schüler/innen erreicht, obgleich die erwünschte Nutzung digitaler Lerneinheiten häufig an der technischen Ausstattung der Schüler/innen scheitere. Sorgen bereiten muss die Aussage, dass es einem Drittel der Lehrkräfte nicht gelang, durchgängig Kontakt zu den Schüler/innen aufrechtzuhalten.  Der digitale Fernunterricht hat einerseits die Bedeutung des selbstständigen Lernens gezeigt. Selbstgesteuertes Lernen muss also stärker verankert werden. Anderseits wissen wir aber, dass offene Unterrichtsformen den Leistungsschwächeren oft nicht gerecht werden. 

Solange Bildung Ländersache ohne Gesamtverantwortung ist; Lehrer sind Landesbeamte, -angestellte, wird sich keine Besserung einstellen. Für die Ausstattung muss die Kommune sorgen. Wie soll und kann der Bildungsauftrag bei fehlender Ausstattung gerade in den defizitären Ruhrgebietskommunen gesichert werden. Was nutzen zugesagte Bundesmittel für die Digitalisierung, die wegen formaler Hürden nicht abgerufen werden.

Anspruch und Wirklichkeit

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