Bedeutet der Rechtsruck das Ende der Demokratie

Ungarn, Polen und die Slowakei nur der Anfang oder wachen wir auf?!

Der weltweite Rechtsdruck  könnte dabei helfen, die Demokratie zu reformieren.

 

Das braucht aber Zeit, die wir vielleicht nicht mehr haben. Der Mix aus unglaublichen potenziellen Wohlstand, einem drohenden Ökokollaps, einer fragilen Geopolitik, der Globalisierung und dem drohendem digitalen Tsunami führt zu einem explosiven Mix mit der Folge immenser gesellschaftlicher Konsequenzen. Der Rechtsruck geht einher mit einem wachsenden Populismus in der Politik. Die meisten Kommentatoren sind sich einig, dass dieses Klima von zwei wichtigen Faktoren bestimmt wird. Zum einen hat die Einkommensungleichheit seit der Finanzkrise 2008 in allen westlichen Demokratien deutlich zugenommen. Der Lebensstandard stagniert für die meisten Arbeiter und die Mittelschicht, während sich Besserverdiener schnell erholt haben. Die Verbitterung gegenüber den Eliten hat zugenommen. Der zweite Grund ist, dass Angst und Feinseligkeit gegenüber Einwanderern insbesondere gegenüber Muslimen zugenommen haben.

Traditionell war Ungleichheit in der Vergangenheit ein Thema der populistischen Linken, Einwanderung ein Thema der Rechtspopulisten. Dass sich beide Populismen jetzt vereinen, ist von einigen Politikern begünstigt worden. Sie haben den Eindruck erweckt, Einwanderung sei schuld an niedrigen Löhnen, der Arbeitslosigkeit und dem steigenden Druck auf die Sozialversicherungen. Manche Beobachter sprechen vom einer friedlichen Revolution an der Wahlurne. Andere sehen die Zukunft der Globalisierung in Gefahr, wenn nationalistische Identitätspolitik zu geschlossenen Grenzen führt.

Die Demokratie ist gastfreundlich gegenüber diesem Populismus. Die demokratischen Systeme des Westens unterscheiden sich in ihrer Struktur und Form, aber sie alle basieren auf dem Prinzip. dass die Wähler das letzte Wort haben. Das ist ein gutes Prinzip, das beste, das je erdacht wurde. Aber es basiert auf einer Voraussetzung, die nie erfüllt worden ist: dass die Wähler informiert und bedacht sind. Wenn die Wähler ihre Entscheidungen auf der Basis von guten Informationen, ernsthaften Diskussionen und sorgfältigem Abwägen treffen würden, statt sich vom Emotionen und Ignoranz leiten zu lassen, die von parteiischen Boulevardmedien angeheizt werden, wäre die Demokratie perfekt und auch wehrhaft.

Aber die Demokratie ist nicht annähernd perfekt. Alle Konstrukteure demokratischer Verfassungen waren sich immer der innewohnenden Gefahr bewusst, dass die Wähler weder Zeit noch Expertise haben, um so informiert und bedacht zu sein, wie sie es sein sollten. Daher sind die meisten Demokratien indirekte, die die Entscheidungsmacht an Repräsentanten des Volkes in der Legislative übertragen. Diese müssen sich dann in regelmäßigen Abständen vor dem Volk für ihre Arbeit verantworten. Das Problem: Die meisten Politiker haben keine unternehmerischen Fähigkeiten, sondern denken in Wahlperioden und handeln nach Stimmungen, Emotionen und folgen den „Vordenkern“. Unternehmen, die nur auf ihre Zahlen schauen und keine langfristige Vision haben, scheitern genauso wie verwaltende Politiker. Die Lösung für die Rettung der Politik und der Demokratie, kann nicht aus Kandidaten gewählt werden, die gleichzeitig das Problem sind. Hinterzimmer-Politik der alten Schule, die zur alten Stärke wollen, sind Teil des Problems. Denn die Politik hat sich seit den 2010 er-Jahren verändert. Aktuell zeichnet sich kurzfristig keine wirklich Alternative ab. Was wir dringend benötigen, ist eine Agenda von Menschen, die für etwas stehen, die anpassungsfähig sind und auch Fehler eingestehen können ( Hartz IV. Rentenpolitik, Altenpflege und Altersarmut). Wir, brauchen Antworten.

Aufklärung und Bildung 

Der Rechtsruck der Demokratien könnte das Ende der Demokratie bedeuten. Das war schon einmal der Fall, vor weniger als einem Jahrhundert, im Herzen Europas. Der Rechtsruck könnte den Demokratien aber auch helfen, sich zu reformieren, und Demokratie effektiver zu machen. Denkfaulheit ist gewollt und schuld daran, den selbst Politiker sehen die Demokratie nur noch als bloße Frage von Stimmenmehrheiten. Die Warnung von Platon, Tocquevill und John Stuart Mill sind vergessen. Die beiden Letzteren waren Befürworter der Demokratie aber unter der Voraussetzung von Qualifikation und Schutz, für die repräsentative Strukturen sorgen sollen.

Fazit:

Der notwendige demokratische Prozess versagt, wenn die Repräsentanten nicht handeln wie Repräsentanten der Wähler, die sie ausreichend alimentieren, sondern für die Reichen, die sie zusätzlich mit Spenden zu lasten der Bürger „belohnen“.

Vier Schlussfolgerungen stechen heraus.

  • Abgeordnete könnten eine Gefahr für die Demokratie sein, die Voraussetzungen die Demokratie nahezubringen.
  • Demokratie bedeutet ein kluges Verständnis von Themen, sie braucht Nachdenken, Verantwortung, ein Gespür für das Gemeinwohl und für langfristige Konsequenzen.
  • Kurzfristiges Eigeninteresse, Ignoranz, Emotion und Launenhaftigkeit sind ernste Gefahren für eine Gesellschaft und sind dennoch die Basis vieler heutiger Demokratien.
  • Der Brexit ist der Beweis. Ob die Europäische Union eine Katastrophe wird, wird die Zukunft zeigen. Der Brexit ist ganz sicher eine, jedenfalls  für Europa und Großbritannien. Und er ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht hilfreich für das große Projekt der Einigung und des Fortschritts in Europa.

Es fehlt nicht an Appellen, die Demokratie zu schützen. Die Begründungen bleiben aber seltsam vage und nebulös. Von Freiheit ist dann die Rede, aber viele Menschen empfinden sich nicht als frei, obwohl sie in demokratischen Systemen leben. Wir sind das Volk, hieß es vor fast 32 Jahren auf Massendemonstrationen in der wenig später untergegangenen DDR. Die Losung galt als Ruf nach Freiheit und Demokratie. Doch heute, da sich ein freiheitliches, wirtschaftsbetontes und demokratisches System an der Stelle des Staatssozialismus etabliert hat, ist es vielen Menschen auch nicht recht. Die wortreich beschworene Freiheit scheint nicht ihre Freiheit zu sein, und hat so ausgestaltet ihren Reiz verloren. Im Westen Deutschlands stand die Konsum-Überlegenheit und damit vor gleichsam die moralische Seite der Demokratie nie infrage. Sie galt in ihrer bundesrepublikanischen Ausprägung als das Gute, als die quasi evolutionäre Konsequenz aus der Herrschaft der Barbarei in den NS-Jahren. Und als wirtschaftliches System, das untrennbar mit der Demokratie verbunden sei, galt die „soziale“ Marktwirtschaft. Beide Vorstellungen sind, aus heutiger Sicht betrachtet, mindestens naiv. Weder setzt Demokratie sich zwangsläufig durch, denn die Geschichte hat kein Ende, noch ist Marktwirtschaft nicht auch in Verbindung mit anderen politischen Systemen denkbar. Das zeigt sich nirgendwo deutlicher als in Europa.

Nun lässt sich mühelos umfassende Kritik an Europa formulieren, angefangen bei der systematischen Verletzung der Menschenrechte (Asyl), aber trotzdem sind diese Fragen mit dem Blick von außen auf Deutschland und Europa und im Kontext der Geschichte legitim. Ganz unabhängig von Europa. Welchen Nutzen hat die Demokratie jenseits der gefühlten moralischen Überlegenheit? Oder noch schärfer worin liegt ihre Rendite? Schwerfällig ist sie auf jeden Fall. In der Theorie sollten demokratische Entscheidungen stets die besseren sein, weil hinter ihnen die Mehrheit im Sinne einer Schwarmintelligenz steht. Selbst wenn vielleicht nicht sofort die richtige Richtung eingeschlagen wird, am Ende hat der Schwarm immer recht, das ist die Theorie. Aber die Praxis des Brexit spricht eine andere Sprache. Und auch die Beweglichkeit, die im Bild des Fischschwarms zum Ausdruck kommt, zeigt sich in der Realität demokratischer Systeme kaum. So flink, geschlossen und klug, wie der im Meer Gefahren ausweicht, präsentiert sich wohl keine einzige Demokratie auf der Welt.

Dass der deutsche Staat der selbstständigen gesetzlichen Rentenversicherung, die sich eigentlich aus den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern speisen soll, inzwischen pro Jahr fast 100 Milliarden Euro aus Steuermitteln zuschießt, mag eine innere Logik haben, aber eine nachhaltige Alterssicherung für alle kann, durch die Eingriffe der Regierungen zur Finanzierung, so nicht entstehen. Also bleibt es so verkorkst, wie es ist, weil es keine Mehrheiten für eine Reform einer stabilen Alterssicherung der Arbeitnehmer gibt.

Vor nun schon 12 Jahren ging die Lehman-Bank in New York pleite, doch bis heute tut sich die Europäische Union schwer, die Folgen der globalen Finanzkrise gemeinschaftlich zu lösen. Die quälende Langsamkeit, demokratisch legitimiert, bringt immer wieder neue enorme Risiken hervor, vor allem für die südlichen, weniger für die wohlhabenden Staaten der Gemeinschaft. Dass der Klimawandel die Menschheit bedroht, lässt sich nicht übersehen, aber die Effekte selbst der schärfsten Emissionsvorgaben in Europa greifen gewollt zu kurz. 

Ein Laboratorium der Demokratie

Im Kampf darum, die Demokratie besser zu machen, kann ein Teil des Schadens, der derzeit angerichtet wird, noch rechtzeitig behoben werden. Aber das kann nur gelingen, wenn die Demokratie ihre derzeit sehr erfolgreichen Versuch der Selbstzerstörung überlebt.

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Serie wird fortgesetzt!

Die Demokratie darf nicht weiter einzelnen Lobbygruppen vorbehalten bleiben. Eine soziale Marktwirtschaft lebt von der Mitwirkung und Mitbestimmung aller. Nur so kann die Mitverantwortung getragen und nicht nur ertragen werden. Was nutzt eine gesetzliche Mitwirkung, die zur Farce wie bei den Bewohnerbeiräten in den Pflegeeinrichtungen verkommt.

Bleiben Sie gesund, bleiben Sie uns gewogen. Diskutieren Sie mit! Bringen Sie sich ein; allgemeine Forderungen an Parteien und Kandidaten zeigen keine nachhaltige Wirkung.

Wer die nötigen Informationen rechtzeitig erhält, selbst überprüft und sich eine eigene Meinung bildet, kann konkrete Fragen stellen.

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