Ist Olaf Scholz der richtige Kanzlerkandidat?

Olaf Scholz will unbedingt Bundeskanzler werden!

  • Kann er Kanzler „Für Alle nicht die Wenigen“ 

Der Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat empörte sich wahlkampftauglich auf einer Veranstaltung des SPD-Wirtschaftsforums und warf den Forschern vor, falsch gerechnet zu haben. Ich freue mich auf eine Debatte mit echten Experten, sagte er.

Die könnte Scholz einfach haben. Würde er die Fachleute im eigenen Ressort fragen, bekäme er zu hören, dass Altmaiers neoliberaler Beraterkreis so falsch gar nicht liegt. Denn unternimmt die Regierung nichts, dürften die Zuschüsse für die Rentenversicherung schon bald den Bundeshaushalt sprengen, was für einen Finanzminister nicht ganz belanglos ist. Doch bei der Rente befindet sich Olaf Scholz auf dem gleichen Stand wie Donald Trump beim Klimawandel: Er leugnet das Problem.

Ich bin Überzeugt

Wenn Scholz einmal von etwas Überzeugt ist, dann mit Vehemenz. Das gilt besonders für die eigene Person. Nirgendwo steht Olaf Scholz so hoch im Kurs wie bei sich selbst. Sein Selbstbewusstsein trotzt jeder Umfrage. Ich will Kanzler werden, sagte der SPD-Mann, dessen Partei bei Demoskopen weit hinter den Unionsparteien und den Grünen und gefährlich nah am einstelligen Bereich rangiert. Ich kann das! Selbstbewusstsein und Entschlossenheit haben auch nach der Niederlage seiner SPD bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt nicht gelitten, im Gegenteil. Scholz macht weiter wie gehabt.

Niemand stellt Erfahrung, Sachkenntnis und Befähigung des Mannes für höchste Staatsämter infrage

Doch mit welchem Bundeskanzler hätten es die Deutschen zu tun, wenn nach der Wahl dann doch eine Regierung unter SPD-Führung zustande käme? Wirken und Gebaren in seiner Zeit im Finanzministerium geben darüber einigen Aufschluss. Anfangs markierte Scholz den soliden Sachwalter orthodoxer deutscher Finanzpolitik. Verbissen verteidigte er die schwarze Null, nicht zuletzt gegen Begehrlichkeiten der eigenen Genossen. Seit Ausbruch der Coronakrise gibt er den zupackenden Pragmatiker, der gegen den Abschwung Milliarde um Milliarde mobilisiert. Die Etatüberschüsse der Anfangszeit mutierten zu Rekorddefiziten.

Doch das beherzte Krisenmanagement, auf das sich Scholz, wie stets bei seinem Wirken einiges zugutehält, verdeckt Defizite und Versäumnisse. Ausgiebiges Nichtstun macht einen guten Teil seiner Agenda aus. In keinem Aufgabengebiet aus Scholz Reich offenbart sich das so deutlich wie in der Steuerpolitik. Während seiner gesamten Amtszeit beschränkte er sich darauf, den Stillstand zu verwalten. Damit unterschied er sich zwar kaum von seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU), doch der Handlungsdruck verschärfte sich unter Scholz Ägide dramatisch. Tatenlos sah er zu, wie sich die Bundesrepublik immer mehr zu einem Hochsteuerland entwickelte. Die Steuerquote, also der Anteil der Steuereinnahmen an der Wirtschaftsleistung erklomm stetig neue Rekordhöhen. 2019, im letzten Jahr vor Ausbruch der Pandemie, lag sie bei 24 Prozent.

Mit Olaf Scholz bezahlen nicht nur Unternehmen

Nicht Unternehmen bezahlen im internationalen Vergleich hierzulande höhere Steuern als überall sonst. Immer mehr normale Arbeitnehmer wachsen in Tarifbereiche der Einkommensteuer hinein, die früher Topverdienern vorbehalten blieben. Derzeit reicht für einen Ledigen schon das 1,5 Fache des Durchschnittsverdiensts aus, knapp 58.000 Euro, um unter den Spitzensteuersatz zu fallen. Doch Scholz sieht keinen Anlass, daran grundsätzlich etwas zu ändern. Dabei trifft der Zugriff des Fiskus heute schon gut verdienende Facharbeiter, früher eine klassische Klientel der Sozialdemokraten. Scholz beließ es bei kosmetischen Korrekturen, zu denen ihm die Gesetzeslage oder eine Selbstverpflichtung der Bundesregierung drängen. So passte er den Tarif regelmäßig minimal an, um zu verhindern, dass Steuerzahler durch bloßen Inflationsausgleich in immer höhere Progression-stufen hineinwachsen.

Der Solidaritätszuschlag

Die größte Entlastung gewährte er zu Beginn dieses Jahres. Da schaffte er gemäß den Absprachen im Koalitionsvertrag für 90 Prozent der Steuerzahler den Solidaritätszuschlag ab. Die oberen 10 Prozent müssen weiter zahlen. Die Umverteilungsrhetorik kam gut an in seiner Partei, nicht nur Friedrich März auch Fachleute seiner eigenen Ministeriums bezweifeln, dass der verlängerte Soli für Spitzensteuerzahler vor dem Verfassungsgericht bestehen wird. Mit höheren oder zusätzlichen Steuereinnahmen tat sich Scholz von Anfang an leichter als mit der überfälligen Steuerreform und dem Subventionsabbau.

Finanztransaktionssteuer für die Grundrente?

Auch dabei trieb ihn markiges Sendungsbewusstsein. So setzte er sich zu Beginn seiner Amtszeit zum Ziel, der seit Jahren blockierten Finanztransaktionssteuer einer Abgabe auf Börsenspekulationen, auf EU-Ebene zum Durchbruch zu verhelfen. Jetzt bin ich der zuständige Minister, und jetzt wird es auch was werden, verkündete Scholz. Der Mann sollte sich irren, Jahr für Jahr scheiterte er bei seinen Vorstößen am Widerstand der Partnerländer und der Richtlinienkompetenz der Bundeskanzlerin. Das hielt ihn nicht davon ab, die Einnahmen aus der umstrittenen Abgaben immer wieder für unterschiedliche Zwecke einzuplanen, zuletzt für die Grundrente, nur um zu merken, dass er das fehlende Geld anderswo auftreiben musste.

Reform der Riesterrente?

Unerledigt blieb auch die Reform der Riesterrente. Damit fördert der Staat die private Altersvorsorge, was jährlich Milliarden kostet. Kritiker halten das Modell für teuer und ineffizient. Scholz unternahm dennoch nichts. Die Untätigkeit des Finanzministers in der Steuerpolitik wird nachwirken. Wegen der Folgen der Pandemie werden seine Nachfolger in den kommenden Jahren kaum Spielraum haben, um die Abgabenlast für Privatleute und Wirtschaft zu lindern. Allein für den Bund muss Scholz dieses Jahr 240 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen, so viel wie noch kein Finanzminister zuvor, fast doppelt so viel wie 2020. Bevor kommende Regierungen Entlastungen planen können, müssen sie erst den Etat sanieren.

Scholz blähte die Subventionen auf wie kaum einer seiner Vorgänger

Schon in Normalzeiten schob Scholz eine riesige Bugwelle nicht ausgegebener Haushaltsmittel vor sich her. 2019, im vorletzten Jahr vor der Krise, summierte sie sich auf rund 20 Milliarden Euro. In der Krise schwoll der Wert auf mehr als das Dreifache an. Dabei hätte es eine zuverlässige Möglichkeit gegeben, Unternehmen schnell und vergleichsweise unkompliziert zu helfen. Scholz hätte ihnen nur erlauben müssen, ihre aktuellen Verluste mit den zum Teil üppigen Gewinnen der Vorjahre zu verrechnen. Als Folge hätten die Unternehmen von den Finanzämtern erhebliche Steuerrückerstattungen erhalten. Doch ausgerechnet in der Krise holte Scholz seine Handlungshemmung in Sachen Steuern wieder ein. Obwohl die Appelle aus Wirtschaft und Wissenschaft immer lauter wurden, den sogenannten Verlustrücktrag üppig auszuweiten, ließ sich Scholz nur zu kleinen Zugeständnissen erweichen. Dabei würde ihn diese Maßnahme nichts kosten. Was die Unternehmen jetzt nicht an Verlusten mit Gewinnen der Vergangenheit verrechnen dürfen, übertragen sie in die Zukunft. Die Steuerausfälle für den Fiskus bleiben gleich. In Scholz Weltsicht lässt sich eine Konstante festhalten: Er hält nicht viel davon, Bürger und Unternehmen größere finanzielle Spielräume zuzugestehen, lieber nutzt er die öffentlichen Mittel für staatliche Ausgaben aller Art.

Olaf Scholz Spendierfreudig?

Damals kamen beim Koalitionspartner und bei seinen Beamten Zweifel am Amtsverständnis von Scholz auf. Normalerweise wird ein Finanzminister gefürchtet, wenn er versucht, dass Geld zusammenzuhalten. Scholz betrieb mit allen Anzeichen innerer und äußerer Genugtuung das Gegenteil. Den Gipfel der Spendierfreude erreichte er, als er vorschlug, mit Bundesgeld „klamme“ Kommunen zu entschulden. Auch dafür wären eigentlich die Länder zuständig. Scholz störte das nur wenig. Er wäre bereit gewesen, erneut das Grundgesetz zu ändern. Doch der Vorstoß ging der Mehrheit der Bundesländern zu weit.

EU-Wiederaufbaufonds

Großes hält Scholz auch von seinem europapolitischen Engagement. Besonders zufrieden ist er mit dem EU-Wiederaufbaufonds, den er mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire  auf den Weg brachte. Sein Volumen: 750 Milliarden Euro. Das Vorhaben sei der unumkehrbare Einstieg in die viel beschworene Fiskalunion, sagte Scholz voller Stolz.

Das Problem: Einen schuldenfinanzierten Investitionstopf empfinden die meisten Deutschen weniger als Verheißung denn als Bedrohung. In Deutschland werden nur die wenigsten ins Schwärmen geraten, wenn es darum geht, für die Altschulden Italiens geradezustehen. Mehr noch: Sein Gerede über Gemeinschaftsschulden ist geradezu fahrlässig, denn es liefert Euroskeptikern eine willkommene Vorlage für Verfassungsklagen gegen den Wiederaufbaufonds. Die europäischen Verträge verbieten Schuldenübernahmen bislang.

Fazit: Es ist diese Mischung aus Sturheit und Rechthaberei, die Scholz immer wieder auf Abwege treibt. Das offenbart sich zuletzt auch bei der Neubesetzung des Sachverständigenrats, der sogenannten fünf Wirtschaftsweisen. Die sind bis auf Weiteres nur vier, und liegt an Scholz. Er sperrte sich vor Kurzem dagegen, dem damaligen Vorsitzenden des Gremiums, dem Freiburger Professor Lars Feld, das Mandat zu verlängern. Scholz stieß sich an den marktliberalen Ansichten des Ökonomen, der in seiner Zunft hohes Ansehen genießt. Scholz hätte lieber jemanden berufen, der seiner Partei der SPD nähersteht. Gegen die beiden von Scholz favorisierten Kandidaten machte aber Wirtschaftsminister Altmaier Einwände geltend. Das Resultat: Feld schied aus, seine Stelle bleibt bis nach der Wahl vakant, und das mitten in einer schweren Wirtschaftskrise.

Bei Bürgern und Unternehmen empfindet Scholz tief sitzendes Misstrauen. Nur einer Person vertraut er grenzenlos und unbedingt sich selbst!

Die Ära Merkel geht zu Ende. Deutschland ist angesichts der blassen, taumelnden Politik merkelmüde geworden. Wir brauchen keine Ankündigungen, wir brauchen eine vorausschauende Politik für die Bürger. Eine Politik für „Alle nicht die Wenigen“  Zum ersten Mal wird es einen Kanzler, eine Kanzlerin einer 20 Prozentpartei geben.

Wer zukünftig eine sichere Gesundheitsvorsorge und Pflege will, findet für die Bundestagswahl eine Entscheidungshilfen im „Pflegomat“ Ein Blick in die Wahlprogramme zeigt, wie wichtig die jeweiligen Parteien das Thema Pflege insgesamt nehmen.

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1 Gedanke zu „Ist Olaf Scholz der richtige Kanzlerkandidat?“

  1. Selten war bei einer Bundestagswahl die Frage der kommenden Kanzlerschaft so schwer zu beantworten. Es zeichnet sich ab: Es werden aller Wahrscheinlichkeit drei Parteien sein, die die neue Bundesregierung bilden werden. Eine Regierung SPD Linke Grüne erscheint unwahrscheinlich.
    Bis jetzt hat die SPD eine weitere Koalition mit der CDU nicht ausgeschlossen.
    Nach den Umragen der Institute «Allensbach», «Infratest dimap», «Emnid» und «Insa»,
    Koalition CDU, SPD, Grüne 64,5% 61% 62% 61%
    Koalition CDU, SPD, FDP 58% 57% 55% 57%
    Koalition CDU, Grüne, FDP 56% 53% 53% 52%
    Koalition SPD, Grüne, FDP 48% 51% 52% 52%
    Es bleibt spannend!

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