Teil 2: Sagt das Rentenniveau überhaupt etwas aus über Altersamut?

Und wie berechnet man eigentlich das Rentenniveau? eine Fortsetzung 

Klarstellung Nummer 4:

Die Methode zur Berechnung des Rentenniveau ist so krude, dass dies Manipulationen Tür und Tor öffnet, es haben Faktoren Einfluss auf das Rentenniveau, die eigentlich nichts mit der Rente zu tun haben.

Dabei scheint vordergründig zunächst alles ganz einfach. Man nehme die Rente des Standardrentners Sie wissen schon, der Rentner mit den 45 Jahren Durchschnittsverdienst! Und setze sie ins Verhältnis zum aktuellen Durchschnittsverdienst der Versicherten. Von beiden Werten ziehe man zuvor die fälligen Sozialabgaben ab. Doch sosehr man auch rechnet und tüftelt, der offizielle Wert von 48 Prozent will sich nicht einstellen. Das liegt daran, dass die Bundesregierung nicht mit den Zahlen der Rentenversicherung rechnet, sondern mit denen aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR).

Mit seltsamen Folgen. Für den Durchschnittsverdienst werden nicht nur die Gehälter der Rentenversicherten herangezogen, sondern auch  die Verdienste von allen Beschäftigten. Darunter sind aber auch Beamte, angestellte Ärzte oder Rechtsanwälte sowie Topmanager also jede Menge Personen, die mit der gesetzlichen Rente nichts zu tun haben. Mit anderen Worten: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Etwas vornehmer kritisiert Alexander Gunkel, der Vorsitzende des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung , diese eigenwillige Rechenweise, die für die Bestimmung des Rentenniveaus maßgeblichen Rechengrößen sind insofern inkonsistent definiert, weil sie auf unterschiedlichen Quellen beruhen und unterschiedlichen Konzepten folgen. Welche absurden Folgen diese undurchsichtige Berechnung des Rentenniveaus haben kann, dazu hier einige kuriose Beispiele.

Das offizielle Rentenniveau sinkt, wenn die besonders hohen Einkommen die derzeit für Rentenberechnung gar keine Rolle spielen steigen. Oder das Rentenniveau steigt, wenn der Staat weniger Beamte beschäftigt. Oder das ausgewiesene Rentenniveau steigt, wenn der Beitrag für die Arbeitslosenversicherung steigt. Oder das Rentenniveau sinkt, weil der Krankenversicherungsbeitrag steigt. Und, und,und.

An der Stelle sei noch einmal an das Zitat von Bert Rürup erinnert: Das Rentenniveau kann ausfallen, je nachdem wie ich es berechne, was ich rausnehme, was ich reinnehme. Das heißt, man kann jedes Niveau erzeugen, das Niveau ist also eine ziemliche manipulative Größe.

Das führt zur Klarstellung Nummer 5: Das Rentenniveau lässt sich sehr leicht manipulieren, wenn die Standardrente neu definiert wird. So fragt der Wissenschaftliche Beirat im Bundeswirtschaftsministerium, warum sollen die Menschen künftig zwei Jahre länger arbeiten (bis 67), doch die Standardrente unterstellt weiterhin nur 45 Jahre? Doch die Professoren wissen Rat. Legen wir doch auch bei der Berechnung der Standardrente zwei Jährchen drauf, dann hätten wir schon heute wieder ein Niveau von 50 Prozent. Die Forderung des DGB wäre also erfüllt, ohne dass ein Rentner auch nur einen Cent mehr Rente bekäme. Der schöne Schein ist oft trügerisch.

Zusammenfassend können wir feststellen: Ein fallendes Rentenniveau ist ganz sicher keine gute Nachricht für die Rentner. Allerdings kommt es für die meisten vermutlich noch deutlich schlimmer, als es das langfristig fallende Niveau ausdrückt. Umgekehrt verheißt selbst ein steigendes Niveau nicht zwingend Besserung, denn das Rentenniveau liefert über die Situation einer Einzelperson nur wenig Klarheit. Bei vielen Neurentnern ist die Rente kümmerlich, ohne dass sich das im Niveau ausdrücken würde. Veränderungen am Arbeitsmarkt (Niedriglohnsektor, weniger Versicherungsjahre, Arbeitslosigkeit) kennt das Rentenniveau nicht, weder Leistungskürzungen noch Leistungsverbesserungen spiegeln sich in ihm wider. Noch nicht mal die formale Rechenmethode ist nachvollziehbar sinnvoll, Manipulationen nach Großwetterlage sind nicht ausgeschlossen.

Andererseits: Das vorgeblich so objektive Rentenniveau bereitet ein Spielfeld für  griffige politische Forderungen. Es ist offenbar viel einfacher, sich über ein abstraktes Rentenniveau zu streiten, als über konkrete Verbesserungen zu Gunsten der Rentner. Und es bietet die Grundlage für aufgeblasene und kaum haltbare Berechnungen angeblicher Mehrbelastungen (600 Milliarden Euro laut Prognose AG, wie beschrieben). Solche Berechnungen sind grob fahrlässig und haben meist nur ein Ziel: Sie sollen unter Verweis auf angeblich sonst fällige Mehrbelastungen massive Verschlechterungen für Rentner zur Beruhigung beitragen.

Was wir brauchen, ist aber das genaue Gegenteil: Verbesserungen für Alle, ganz besonders für die Geringverdiener und jene, die keine 45 Versicherungsjahre schaffen.

Ob sich das im Rentenniveau niederschlägt oder nicht, ist völlig egal. Auf höhere gesetzliche Renten kommt es an, die sich an den Gehältern orientieren und damit die Inflation teilweise abfangen.

In keinem Falle wollen wir den Sozialstaatsgedanken, die gesetzliche Renten zu Gunsten der Privatversicherungen, der Finanzkonzerne abschaffen. 

Das Wissen der sogenannten Eliten (Wissenschaftler, Arbeitgeberverbände, und deren Lobbytruppen) ist immer Interessen geleitet. Sie verfolgten stets ureigene Interessen.

Wir hoffen mit unseren Gedanken Anstöße zur Einmischung gegeben zu haben.