Der Rhein-Sieg-Kreis hat einen Entwurf des Pflegeplans 2019 (Pflegeplan) für den Rhein-Sieg-Kreis vorgelegt. Als Mitglied der Kommunalen Konferenz Alter und Pflege hat die Seniorenvertretung gemeinsam mit der Stadt Lohmar hierzu wie folgt Stellung genommen.

Der Pflegeplan ist sehr umfassend und beschreibt die wesentlichen Punkte zutreffend. Leider basiert der Bericht überwiegend auf Daten von IT.NRW von vor Dezember 2017 und auf Vergleichszahlen dem Jahr 2013. Diese Datenbasis für eine Bestands- und Zukunftsanalyse Mitte 2020 nicht zufriedenstellend. Dieser bereits beim letzten Pflegeplan bestehende Mangel wurde dadurch abgemildert, dass eigene Erhebungen eingeflossen sind.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die im letzten Jahrzehnt aufgezeigten Faktoren sich nicht wesentlich verändert, ja sogar verstärkt haben:

  • der Anteil der Älteren an der Gesamtgesellschaft steigt,
  • immer mehr Menschen werden 80, 90 ja sogar 100 Jahren alt.

Dem wachsenden Bedarf an Unterstützungsleistungen folgt das Angebot an Dienstleistungen nicht. Die Hauptgründe hierfür sind:

  • Personalmangel bei den ambulanten Diensten und stationären Einrichtungen (Krankenhäuser, Altenpflegeheime),
  • Nachwuchsmangel, zudem hohe Abbrecherquote bei Auszubildenden,
  • erheblicher Mangel an Betreuungsplätzen sowohl stationär als auch ambulant (Tages-, Kurzzeit- und Langzeitpflegeplätze, Verlust von Pflegeplätzen durch landesgesetzliche Vorgaben),
  • demografiebedingte abnehmende Zahl an pflegenden Angehörigen,
  • mangelnde Bereitschaft für Neuinvestitionen u.a. wegen fehlender Bauplätze,
  • hohes finanzielles Risiko und hoher bürokratischer Aufwand beim Bau und Betrieb von Pflegeeinrichtungen.

Die Aussage im Pflegeplan, dass der leicht rückläufige Anteil der durch einen ambulanten Pflegedienst betreuten Personen und die stärker rückläufige Zahl der Bewohner in stationären Einrichtungen ein Anzeichen dafür ist, dass der Grundsatz „ambulant vor stationär“ greift, wird als nicht geteilt. So sind Mitnahmeeffekte beim Pflegegeld, Zurückweisungen von Anfragen bei ambulanten Pflegediensten mangels qualifiziertem Personal oder die Verringerung der Bettenkapazitäten durch gesetzliche Vorgaben (80-Betten-Regel) wenig geeignet, diese Aussage zu untermauern.

Nach der Umfrage des Rhein-Sieg-Kreises in 2018 stehen bei den ambulanten Diensten den statistisch errechneten 640 Pflegefachkräften 135 unbesetzte Stellen gegenüber. Bei den Pflegehilfskräften stehen den 271 Mitarbeitern 87 offene Stellen gegenüber. In den stationären Einrichtungen sind umgerechnet 1.065 Pflegekräfte beschäftigt und 57 Stellen sind unbesetzt. Bei den Pflegehilfskräften stehen umgerechnet 944 Kräften 20 unbesetzten Vollzeitarbeitsplätze gegenüber.

Nach Berechnungen des Rhein-Sieg-Kreises standen Ende 2018 im Rhein-Sieg-Kreis 5.552 Pflegeplätze zur Verfügung. Bis 2040 steigt die benötige Platzzahl auf 10.821.

Es ist unschwer zu erkennen, dass ca. 2.000 Pflegefach- und Pflegehilfskräfte zusätzlich benötigt werden, die in 62 neu erbauten Pflegeeinrichtungen aktiv werden müssten.

Auch die Kapazitäten der ambulanten Dienste müssten längerfristig fast verdoppelt werden, um angemessen auf die Nachfrage reagieren zu können. Die derzeit in Ausbildung befindlichen 360 Personen reichen zur Kompensation bei weitem nicht aus.

Aus Lohmarer Sicht erscheint es dringend, dass der Rhein-Sieg-Kreis sich stärker und unmittelbar in die Organisation und Ausbildung der Pflegefach- und Pflegehilfskräfte einbringt. Die neue Ausbildungsordnung erfordert eine enge Kooperation zwischen den unterschiedlichen Ausbildungsstationen der mehrjährigen Ausbildung. Diese Koordinierung kann nur der Kreis erfolgreich bewältigen.

Die Entwicklung der Lohmarer Bevölkerung unterscheidet sich von der des gesamten Rhein-Sieg-Kreises nicht wesentlich. Auch hier nimmt der Anteil an Seniorinnen und Senioren stetig zu und der Anteil an über 80jährigen wächst überproportional. Die in Lohmar angezeigten 252 Pflegeplätze – die sich in naher Zukunft wahrscheinlich noch verringern werden – reichen schon heute nicht aus.

Der Pflegeplan geht für die Stadt Lohmar im Jahr 2040 von 540 benötigten Pflegeplätzen aus – dies entspräche etwa 3 neuen Pflegeeinrichtungen. Auch die Zahl der ambulant zu versorgenden Pflegebedürftigen dürfte sich in etwa verdreifachen. Wenn weiter berücksichtigt wird, dass die medizinische Versorgung im hausärztlichen und fachärztlichen Bereich mangels Nachfolger vor Ort zunehmend kritisch wird, kann die gesamte pflegerische Versorgungslage für Lohmar nur als bedenklich bezeichnet werden.

Der Feststellung im Pflegeplan, dass das Angebot von Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflegeplätzen ebenfalls nicht als ausreichend erachtet wird – in Lohmar gibt es derzeit keine Tagespflegeeinrichtung –, wird zugestimmt.

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