Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof (BFH), das höchste Steuergericht der Bundesrepublik, hat am 19. Mai 2021entschieden, dass die Rentenbesteuerung bei den heutigen Rentnern noch nicht zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung führt, wohl aber möglicherweise bei künftigen Rentnern.

Zwei Rentnerehepaare hatten geklagt, dass bei Ihnen eine Doppelbesteuerung vorliege. Eine Doppelbesteuerung tritt bei Renten dann ein, wenn der Besteuerungsanteil der gesamten Rentenbeiträge – also der steuerlich nicht absetzbare Teil der Rentenbeiträge –  höher ist als der steuerfreie Teil der Rente. Dies wäre verfassungswidrig wie das Bundessverfassungsgericht bereits 2002 entschied.

In den zu entscheidenden Fällen hat der BFH eine Doppelbesteuerung verneint und die Klagen abgewiesen

Der BFH hat aber gleichzeitig entschieden, dass bei der Berechnung des steuerfreien Teils der Rente insbesondere der Grundfreibetrag entgegen der Praxis der Finanzverwaltung nicht berücksichtigt werden darf. So ist die Rentenbesteuerung auch bei Nichtberücksichtigung des Grundfreibetrages zwar derzeit noch verfassungsgemäß, es droht aber eine Doppelbesteuerung nicht erst um 2040 sondern schon früher.

Worum geht es?

Bis 2004 wurde ndie Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung pauschaliert nur mit dem im Rentenbetrag enthaltenen Zinsanteil (Ertragsanteil) besteuert.

Angestoßen durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gelten ab 2005 für Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung neue Regeln. Für sie  gilt nun das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung: Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind zum Zeitpunkt der Zahlung als Sonderausgaben abzugsfähig, im Gegenzug werden die daraus erzielten Renten voll besteuert.

Die nachgelagerte Besteuerung der Renten musste schrittweise eingeführt werden, da sich bis 2005 die Beiträge nur zum Teil steuermindernd ausgewirkt haben. Bei einer sofortigen Vollversteuerung wäre es zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung gekommen.

Deshalb treten die volle Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen und die volle Besteuerung von Renten stufenweise gestreckt über einen Zeitraum von 35 Jahren  ein, und zwar vom 1.1.2005 bis 31.12.2039.

Die Vorsorgeaufwendungen konnten 2005 zu 60 v.H. abgesetzt werden. Dieser Prozentsatz erhöht sich jährlich um 2 Prozentpunkte bis er 2025 100 v.H. erreicht. Somit können ab 2025 Vorsorgeaufwendungen in voller Höhe steuerlich abgesetzt werden.

Der Besteuerungsanteil der Rente beträgt bei Renteneintritt 2005 50 v.H. Er steigt bis 2020 schrittweise jährlich um 2 v.H. und ab 2021 jährlich um 1 v.H. bis er 2040 100 v.H. erreicht. Renten nach dem 31.12.2039 müssen dann voll versteuert werden.

Wer ist betroffen?

Für Steuerpflichtige, die bereits Rente beziehen, dürften die Urteile kaum Auswirkungen haben. Anders sieht es bei Steuerpflichtigen aus, die erst in Rente gehen und besonders  bei denjenigen, die Mitte oder Ende 40 Jahre alt sind. Wenn sie 2040 in Rente gehen, ist der steuerfreie Teil der Rente auf Null abgeschmolzen.

Die Vorsitzende Richterin betonte, vor allem Selbständigen drohe im Alter eher eine Doppelbesteuerung. Es seien außerdem Männer wegen ihrer geringeren Lebenserwartung eher betroffen, außerdem Unverheiratete stärker als Verheirate.

Wie geht es weiter?

Das Bundesfinanzministerium hat erklärt, dass die 142.000 Rentner, die ihren Steuerbescheid angefochten haben, bereits nach den neuen Kriterien beurteilt werden. Ob diese Rentner von dem Urteil letztlich profitieren bleibt abzuwarten.

Neurentner sollten ggf. nachrechnen, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt und ggf. den Steuerbescheid. anfechten.

Der Bund muss nachjustieren und die Rentenbesteuerung an die Rechtsprechung anpassen. Das Bundesfinanzministerium will die Besteuerung der Rentenbeiträge zusammen mit der geplanten Reform des Einkommensteuerrechts nach der Bundestagswahl ändern. Dabei sollen die Beiträge zu der gesetzlichen Rentenversicherung schon vor 2025 vollständig abziehbar sein. Ob das ausreicht, bleibt abzuwarten.

 

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