Mein Koffer der Erinnerung

Ich heiße C. Goller und wurde am 7. April 1938 geboren. Mein „Koffer der Erinnerungen“ beinhaltet so einige nette Sachen aus meiner Kindheit z. B. ein kleines Bild, das ich mal für meine Mutter gemalt habe, als ich ca. 7 Jahre (1945) alt war und bei meinen Pflegeeltern lebte. Zu der Zeit sah ich meine Mutter nur einmal im Monat für ein paar Tage. Das Bild beinhaltet nur einen Tisch, zwei Stühle, eine Lampe, und es war ringsum komplett bemalt – was mich heute, fast 70 Jahre später, etwas an einen Bunker erinnert-, so dass nur noch in der Mitte Platz war, und zwar für meine Mutter und mich.
Auf dem Tisch stehen ein Kuchen, eine Kaffeekanne und eine Tasse. Oben drüber schrieb ich Libe (ohne e) Mutti. Da ich erst mit 7 Jahren in die Schule gekommen bin, war ich der Rechtschreibung noch nicht so mächtig.

Meine Puppe existiert auch noch. Allerdings viel damit gespielt habe ich nachher nicht mehr, ich habe wohl Kleidchen für sie gehäkelt und sie chic gemacht. Ansonsten turnte ich lieber draußen herum, und es wurde Räuber und Standit (so nannte man es damals) gespielt, Treibball oder Völkerball.

Außerdem habe ich noch meine Noten aus der Zeit als ich Klavierstunden bekam, und zwar vom 11. bis zum 15. Lebensjahr (1949 bis 1953). Unser Klavierlehrer und seine Frau sorgten dafür, dass wir auch Vorspielabende im Kammermusiksaal des Saalbaus in Essen und auch in der Brücke (Raum im Handelshof / Essen) hatten. Vor dem Klavierspiel war ich vollkommen nervös und hatte ganz feuchte Hände. Die Frau unseres Klavierlehrers beruhigte mich immer und meinte: „Denk einfach: Was die anderen können, kann ich schon lange. Du wirst sehen, dann klappt es.“ Das beruhigte mich dann doch etwas. Wir spielten schließlich auf der Bühne vor vollem Raum. Manchmal spielte ich mit unserem Klavierlehrer auch vierhändig.

Während der Adventszeit wurden alle Kinder zu einer kleinen Weihnachtsfeier eingeladen. Insgesamt war es eine sehr schöne Zeit.

Christa Goller
Fröhlich als Kind

In meinem Koffer befinden sich noch etliche Erinnerungsstücke z. B. Fotos aus meiner frühen Kindheit, 2 blonde Locken, die ich mir als ca. 4-jährige mal selbst abgeschnitten habe und meiner Oma zum Geburtstag schenken wollte, und meine Zöpfe, die mir als 14-Jährige beim Friseur abgeschnitten wurden, vergrößerte Fotos, die eingerahmt wurden. All diese Dinge hatte eigentlich meine Mutter verwahrt, und ich habe sie später übernommen. Wenn es mir nachgegangen wäre, hätte ich höchstens nur die Hälfte von dem, was noch heute aus meiner Kindheit und Jugend vorhanden ist.

Sogar mein Entlassungszeugnis ist noch vorhanden und ein Poesiealbum. Außerdem habe ich noch ein kleines Deckchen, was ich mal als 13- oder 14-Jährige gehäkelt habe, und eine kleine Kappe mit verschiedenen Andenken zum Aufstecken, die wir uns auf Schulausflügen und Tagesfahrten vom Stenoverein gekauft hatten.

Was ich z. B. noch habe, ist mein Gesangbuch und meine Bibel, die auf Umwegen wieder zu mir gelangt ist. Meine Cousine, die 2 Jahre jünger ist als ich, bekam sie von meinen Eltern für den Katechumenen- und Konfirmandenunterricht. Sie hat sie mir vor einiger Zeit zurückgegeben. Meinen Konfirmationsspruch habe ich eingerahmt, und ein Buch über Tilman Riemenschneider – ein Konfirmationsgeschenk von Bekannten meiner Eltern – ist ebenfalls noch in meinem Besitz.

Vor allen Dingen habe ich noch etliche Zeichnungen, die ich während der Schulzeit gemalt habe. Als Kind habe ich sehr gerne gezeichnet, hin und wieder auch noch als Jugendliche. Manchmal habe ich im Garten gesessen und die Blumen gemalt.

Erwähnenswert ist wohl auch, dass ich sogar meine Facharbeitsblätter aus der Zeit meiner Ausbildung zum Friseurhandwerk, meinen Gesellenbrief und mein Gesellenstück, eine Perücke, noch habe. Ich brauchte allerdings nur ein Teilstück zu knüpfen, habe aber freiwillig eine Perücke geknüpft und die Haare wirklich gezählt. Während dieser Arbeit musste ich zum Schluss sogar die Brille meines Vaters tragen, weil ich  kaum noch etwas sehen konnte.

Heute kann ich nur sagen, dass ich so nette Dinge aufzählen kann, habe ich überwiegend meiner Mutter zu verdanken. Leider habe ich keine Kinder, denen ich das ganze weitergeben kann.

Allerdings: Am 14. Okt. 2013 konnte ich 11- bis 13-jährigen Kindern einer Schulklasse in Dortmund mit dem Inhalt meines Koffers eine Freude machen.

Nun wartet mein „Koffer der Erinnerung“ auf weitere Einsätze.

Frau C. Goller

November 2013
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