Otto Pankok Gymnasium

Kunst-Medien-Kurs, Heimatstadt Mülheim an der Ruhr

Kriegs- und Nachkriegszeiten

Schüler und Schülerinnen der 8. Klasse im Alter von 14-16 Jahre vom Otto-Pankok-Schule in Mülheim haben in einem fächerübergreifenden Projekt des Kunst/Medien-Kurses von Herrn Hans-Peter Hepp ihre Heimatstadt in den Mittelpunkt eines „Erforschungsprojekts“ gestellt, das von 2016 bis 2017 dauerte.  Im ersten Teil zeichneten Schülerinnen und Schüler die Altstadt rund um das Terstegenhaus. Im zweiten Teil wurde nach Schilderungen von Zeitzeugen im Stadtarchiv recherchiert. Die  Zeitzeugen Frau Storks, Herr van Megern und Herr Zimbehl waren zuvor eingeladen worden, um zu erzählen, wie die Menschen die Kriegs- und Nachkriegszeiten erlebten.

Die kreativen Ergebnisse der Recherchen waren  zum Abschluss des Projektes  in einer Ausstellung im Medienhaus der Stadt Mülheim auf Din A2-großen Ausdrucken bis zum 5. Oktober zu bewundern und werden auch nach diesem Termin in der Otto-Pankok-Schule noch zu sehen sein.

Frau  Inge Sauer – Grafikerin, Autorin und Künstlerin aus Düsseldorf, die das Projekt begleitete – fasste  hierbei die dem  Foto zugefügten Erzählungen der  Zeitzeugen wie folgt zusammen:

Ulrike Storks

… erzählte von den Angriffen, die sie als kleines Kind erlebt hat. Sie musste angezogen ins Bett gehen, neben dem Bett standen die Schuhe so, dass sie sofort hineinschlüpfen und mit den Eltern in den Bunker fliehen konnte.

Bei Kriegsende war sie sechs Jahre alt. Sie konnte nicht glauben, dass sie nachts nicht mehr in den Bunker laufen musste (Traumata, Nervenleiden bei Kindern, Angst).

Alle mussten beim Trümmer-Räumen helfen, Kinder spielten in den Trümmern. Einige Kinder wurden dabei schwer verletzt, weil noch scharfe Granaten und Bomben in den Trümmern lagen.

Nach dem Krieg kam die Zeit des großen Hungers. Das Kind hat sich vor Hunger in den Schlaf geweint. Erst mit der Währungsreform 1948 ging es  wieder bergauf. Straßen und Häuser wurden neu gebaut.

Als wunderbares Ereignis der Nachkriegszeit ist der Zeitzeugin der Bau des Kaufhofs mit den meisten Schaufenstern (52) in Deutschland, in Erinnerung. Die Menschen standen Schlange und kauften auf Raten. Dort sah sie mit  vielen anderen Menschen in einem Schwarz-Weiß-Fernseher die Krönung Elisabeths 1952.

Herr Zimbehl

Auch er erzählt, dass die Kinder teilweise jede Nacht zwischen 21 und 23 Uhr in den Bunker laufen mussten. Als er nach dem schweren Bombenangriff aus dem Bunker kam, lagen viele Tote auf den Straßen. Die Mutter hielt ihm die Augen zu – er weint noch heute, wenn er sich daran erinnert.

Die Kinder mussten, wenn der Alarm tagsüber losging, sofort, egal wo sie waren, unter Umständen auch allein in den nächsten Bunker laufen.

Die Familie, deren Haus zerstört war, kam beim Onkel unter, aber auch dort gab es kein Wasser und kein Gas, für viele Familien nur ein gemeinsames Klo. Geheizt wurde mit dem Kohleofen, wenn man an Kohle kam; als Lichtquelle diente eine Öllampe.

Der Vater war Maschinenschlosser und musste so viel arbeiten, dass die Familie ihn nicht zu sehen bekam (er schlief in der Fabrik). Herr Zimbehl erzählt auch von der Zerstörung von Müllwagen mit Pferden (nach dem Krieg wurden viele Fahrzeuge von Pferden gezogen). Er erzählte von den Spielen der Kinder draußen auf Schutt und Trümmern: Messerwerfen, Indianer, Ritter mit selbst gemachten Schwertern aus Holz, Schlittenfahren. Kurz vor Kriegsende wurden die Kinder in die Tschechei gebracht. Herr Zimbehls Vater wollte nicht, dass die Kinder in den Osten geschickt wurden. „Bald kommen die Russen“. Einer aber  fand sich bereit, einen Krankenschein auszustellen. 1945 begegnete das Kind im Keller einem amerikanischen Soldaten. Der Krieg war zu Ende.

(Themen Angst, Verdrängung, Trauma, Erlösung, aber auch: die Sprachlosigkeit nach dem Krieg)

Herr van Megern

… erzählt vom Hunger in den Nachkriegsjahren, von den Lebensmittelkarten und den spärlichen  Brotrationen, die pro Stadtviertel vom Brotwagen verteilt wurden. Selbst, wenn das Brot durchgeschnitten wurde, reichte es nicht für eine Familie.

Er erzählt vom Kunstunterricht: Die Schüler haben Plakate für Sportwettbewerbe, aber auch draußen gezeichnet. Er berichtet, dass der Kaufhof 1954 fertig gebaut war (ähnliche Erinnerungen wie Frau Storks).

Es gab kaum öffentliche Verkehrsmittel, die Tickets waren zu teuer (10 Pf.), die Straßenbahnen und Züge überfüllt. Herr v.M. erinnert sich, dass er sich auf der Kupplung stehend – am Scheibenwischer festhielt.

Die Petrikirche wurde erst lange nach Kriegsende abgerissen (Frau Storks hat noch in der Petrikirche geheiratet).

Schon bald nach dem Krieg gab es die traditionelle Pfingstkirmes mit Schaustellern, von denen Herr v.M. erzählt, die ersten, gut besuchten Kinos (Lichtspielhäuser) entstanden, Theater und Varietés. Die Menschen standen Schlange: So lange hatten sie diese einfachen  Vergnügungen entbehren müssen.

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