Wie ich an den Kochherd kam

Zu Beginn meiner ersten Ehe fragte meine Mutter anlässlich eines Besuches in meinem Elternhaus meinen Vater, ob er mir nicht gelegentlich Fleischwaren zu günstigeren Konditionen beschaffen könne. Schließlich betrieb mein Vater noch im Rahmen des großelterlichen Geschäftes traditionell eine Großschlachterei am städtischen Schlachthof in Duisburg-Meiderich. Da mein Vater sich fast ausschließlich mit dem Schlachten von Großvieh, also Rindern, befasste, wandte er ein, dass eine Versorgung meiner jungen in Familie aus dem Fleischbestand sich für ihn schwierig gestalten würde.

Die Entnahme einer Rippe von einem Rinderviertel böte für meinen Haushalt außerdem Stück Hohe Rippe überwiegend Suppenfleisch von der flachen Rippe, womit mir kaum gedient sein dürfte. Die Teiltentnahme aus dem Filetstück oder dem Roastbeef müsse er ausschließen, da diese hochwertigen Teile selbstverständlich von seiner Kundschaft beansprucht würden. Als Lösung böte sich an, das er von einem seiner Großschlachterkollegen, der fast ausschließlich Schweineschlachtung betrieb, ein passendes Stück vom Schwein für mich eingekaufte. Er lud mich ein, ihn am nächsten Samstagmorgen um 7:00 Uhr in Meiderich zu besuchen.

Dieser Empfehlung folgend fuhr ich zum vereinbarten Termin zum Schlachthof Meiderich, und Vater ging mit mir zum besagten Kollegen, namens Ferdi Flick, dessen Kühlzelle an dem weitläufigen Kühlhausgang seiner Zelle unmittelbar gegenüber lag und trug diesem meine Wünsche vor. Man kam überein, dass eine Schweineschulter eines zerlegten Tieres für meinen Bedarf ein geeignetes Stück sei. Nach Abschluss des Handels und Zahlung eines angemessenen Freundschaftsbetrages zeigte Vater mir, in welcher Weise eine Schweineschulter zerlegbar ist, um daraus küchenfertige Bratenstücke zu gewinnen. Somit lagen mir zwei Eisbeinteile, das untere kleinere und das obere große sowie das umfangreiche Muskelstück vom Schulterblatt vor, woraus sich einige Schnitzelscheiben schneiden ließen und noch weitere kleinere Partien, die zu einem Gulasch zerlegt werden konnten. Diese Zerlegearbeit einer Schweineschulter ging mir dann später recht gut von der Hand, weibliche Umgang mit Fleisch seit früher Jugend nach der Zeit der Mangelwirtschaft zu Hause miterlebt hatte und mir in meinem jungen Hausstand auch das erforderliche Handwerkszeug bereits zur Verfügung stand.

Mit der Zeit entwickelt sich eine Techniken der Verwertung, wobei mir ein kleiner Fleischwolf, der aus dem Geschenkvolumen anlässlich unserer Hochzeit stammte, erstmalig zum Einsatz kam. Ich könnte also Mett zubereiten, dass ich aus der elterlichen Küche als Brötchenaufstrich kannte oder es zu Frikadellen formte oder in Paprikaschoten füllte oder in Kohlblättern zu Kohlrouladen verwandelte. Damit war also der Weg zur Bratpfanne oder zum Brattopf vorgezeichnet.

Wir einmal die Speckschicht an der Schwarte der Schulter zu dick, löste ich diese ab, zerkleinerte den Speck mittels Fleischwolf und ließ die Speckmasse in Bradtopf zur Griebenschmalz aus, welches ich mit gehackten Zwiebeln und Apfelstückchen zu Brotaufstrich verfeinerte. Kostproben, die im Bekanntenkreis interessierte Abnehmer fanden, brachten sogar Nachfragen, wann es wieder Griebenschmalz gäbe. Ebenso ging es mir mit meiner Herstellung von Schweinskopfsülze, die ich aus der Speckschicht, in diesem Falle jedoch mit der Schwarte, und unter Zugabe von Fleischstückchen anreicherte und zur Stabilisierung der Sülze mit Gelatine zu einer schnittfesten Masse werden ließ.

Nun war jedoch der Zeitpunkt gekommen, dass sich meine Frau mit einer Beschwerde meldete. Meine über das normale Maß hinausgehende Kocherei brachte die Hausfrau in Harnisch, weil sich insbesondere während der kalten Jahreszeit doch erhebliche Mengen an Kochdunst an die Fensterscheiben unserer Küche niederschlugen und in Tränenform herabliefen. Also musste ich meinen Enthusiasmus und meine Kreativität auf diesem Felde zumindest etwas zügeln, wie wohl sie eigentlich meine Aktivitäten in der Küche begrüßte. Als dann auch noch die Vorbereitungen anlässlich einer Silvesterfeier mit einem Fondue-Essen zu bewerkstelligen war, zu dem unsere Tochter einige Freunde aus ihrem CVJM-Kreis, darunter auch Manfred Happe, ein gelernter Metzgergeselle, eingeladen hatte, erreichte die Protestwelle meiner Frau ihren Höhepunkt. Manfred sagte sich so begeistert, dass er anregte, einmal eine ganze Schweinehälfte in unser Küche zu zerlegen und zuzubereiten.

Die Angelegenheit geriet ohnehin an ihre Grenzen, weil mein Vater unerwartet aus dem Leben schied und somit die Quelle meiner Einkäufe am Schlachthof Meiderich versiegte. Auch in der Familie wurde die recht einseitige Anlage des Küchenzettels mit Schweinefleisch überstrapaziert, und man verlangte nach Umgestaltung der Essenszubereitung. Mir blieb jedoch nach wie vor die Beschäftigung mit dem fleischlichen Anteil der Speisen, wobei sich jedoch eine gewisse Aufteilung in Spezialgebiete ergab. Bei mir verblieben die Zubereitungen aus Hackfleisch und Kurzgebratenen, während meine Frau sich auf Großbratstücke, Insbesondere auf Sauerbraten konzentrierte, den sie in Anlehnung an die Kochkunst ihres Großvaters bis heute meisterhaft zubereitet, was bereits mit der zeitaufwendigen Anlage die Säuerungsprozesses beginnt.

Somit ergibt sich auf diesem Gebiet als Teilbereich der anfallenden Hausarbeit eine sinnvolle Arbeitsteilung in unserem Haushalt.

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