Wie wäscht man Wäsche rein und weiß wie Schnee?

Beim Lesen der Überschrift werden junge Leute sagen: „He, Alter, Windeln wäscht man nicht, Pampers fliegen in den Müll.“ 

Leider war das vor ca. 60 Jahren etwas anders, denn die Säuglinge wurden in Stofftücher gewickelt. Bei jedem „Geschäft“ der Kleinen musste die Stoffwindel gewechselt werden, sonst gab es ein eindringliches Gebrüll der lieben Kleinen bei Tag und Nacht. Gegenüber einer 12-Stunden-Pampers bildete sich rasend schnell ein Berg Wäsche, der gewaschen werden musste.

Das bedeutete, die Windeln mussten zunächst vorbehandelt, eingeweicht und vorgewaschen werden. Danach erfolgte der eigentliche Waschgang in heißem Wasser bzw. eine Behandlung der Wäsche in einem Kochprozess in einem großen speziellen Windeltopf. Der Waschprozess wurde durch das mechanische Behandeln der Wäsche auf dem Waschbrett (heute nur noch als Rhythmusinstrument bei Jazzbands bekannt) oder durch das Bürsten und Walken der Wäsche unterstützt. Dazu kam, dass für den Wasch- und die anschließenden Spülvorgänge ca. 100 Liter Frischwasser und die gleiche Menge Schmutzwasser in bzw. aus  dem Waschbehältnis befördert werden musste. Diese schwere Arbeit wurde fast ausschließlich von den Frauen bewältigt. Ich glaube, dass eine Vielzahl der Männer damals glaubte, bei mit Trockenmilch ernährten Babys müssten die Windeln nur abgestaubt werden.

Da meine Frau und ich als junge Eltern 1961 in Halle an der Saale vor dem Problem des Windelwaschens standen und die ersten Versuche hinter uns hatten, wurde der Entschluss für die Anschaffung einer Waschmaschine getroffen. Für ein Monatsgehalt wurde eine Wellrad-Waschmaschine angeschafft, eine WM60.

Die Maschine bestand aus einem verzinkten Wasserbehälter mit 30 Liter Fassungsvermögen. Am Boden des Behälters wurde über einen Elektromotor eine geriffelte Scheibe mit ca. 500 Umdrehungen pro Minute betrieben. Durch die dabei entstehenden Wasserwirbel wurde die Wäsche durchgewalkt. Mit einer 2000 Watt Heizung konnte die Waschlauge auf 100 Grad erwärmt werden. Der Waschvorgang für 1,5 kg Wäsche dauerte ca. 10 Minuten. Das Schmutzwasser konnte nach dem Waschvorgang abgepumpt werden.   

WM63

Die Maschine hatte für die einzelnen Arbeitsschritte mehrere Bedienungsknöpfe sowie eine Anzeige für die Waschtemperatur. Damit wurde auch das Interesse technisch interessierter Männer geweckt, die sich plötzlich für das Waschen begeistern konnten.

Durch die Maschine wurde ein wesentlicher Teil der schweren körperlichen Arbeit verringert. Mit der weiteren Anschaffung einer Wäscheschleuder wurde auch das Auswringen der nassen Wäsche erleichtert.

Sie haben sicherlich schon gehört oder selbst erfahren, dass moderne Waschmaschinen manchmal einen Strumpf verschwinden lassen. Unsere Maschine war kein Fußfetischist, sondern sie hatte sexistische Unarten. Wenn bei der Vorsortierung der Wäsche zarte Damenwäsche oder Strumpfhosen oder Büstenhalter nicht aussortiert wurden, wurden diese Teile sofort vom Wellrad erfasst und zerrissen. Sie sehen also, auch Maschinen haben ein Innenleben.

Die Wellrad-Waschmaschine hat uns 10 Jahre treue Dienste geleistet, bis sie durch eine moderne Maschine ersetzt wurde. Windeln wäscht man heute tatsächlich nicht mehr. Die Pampers sind saugfähig, und die Kinder fühlen sich wohl darin. So wohl, dass 5-Jährige manchmal noch gepampert werden. Die Kinder vor 60 Jahren lernten frühzeitig neben den Worten ‚Mama‘ und ‚Papa‘ das kleine Wörtchen ‚Aa‘ sprechen, weil die Stoffwindel für sie kein Wohlbefinden war.

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