Karneval in Mülheim an der Ruhr nach 1945

 Hört Ihr Narren und lasst Euch sagen,
Warum es eine gute Idee ist, nach dem Mülheimer Karneval zu fragen.

Als die Lage war ganz trüb und voller Not,
Sich doch ein Fenster für etwas Fröhlichkeit bot.

Der Drang nach Optimismus und Heiterkeit keimte,
ihn zu verwirklichen in der Fünften Jahreszeit vereinte.

Obwohl viele Ideale tot, missbraucht und ohne Basis,
Es fanden sich Reste des Bazillus Carnevalis.

Die meisten Vereine in Mülheim waren aufgelöst oder inaktiv,
Doch nach kurzer Pause wurden einige Narren aus Neue kreativ.

Wo sich rheinischer Frohsinn mit westfälischer Bedächtigkeit mischt,
Na, in Mülheim an der Ruhr also, da hat es dann wieder gezischt.

Die Katholen konnten das feiern und die Narretei schon früher besser,
Es muß ja nicht immer gleich hinein in die Kirche zur Messe.

Helau!

Die MüKaGe (Mülheimer Karnevals Gesellschaft) wurde 1937 gegründet, wiedererstanden in 1947. Dieser Gesellschaft gehöre auch ich seit 20 Jahren an. Fast zeitgleich entstanden Blau Weiß KF und Knattsch Geck. Ale drei kommen aus dem katholischen Kolpingbereich.

Als Dachverband für übergeordnete Aktivitäten wurde der Hauptausschuss (HA) Mülheimer Karneval 1957 gegründet. In der Session 1957/58 veranstalteten die damals vier Vereine das erste öffentliche Hoppeditz-Erwachen auf dem Rathausmarkt. Heute organisiert der HA viele Aktivitäten vom Beginn der Fünften Jahreszeit am berühmten 11.11. bis zum Finale Grande des Rosenmontagszuges.

Jetzt ging es mit der Neugründung von anderen Karnevalsvereinen Schlag auf Schlag: 1955 Mölmsch Boowenaan, 1957 die Mölmsche Houltköpp, die Roten Funken 1958 und die Röhrengarde Silber Blau auch 1958. Alle waren nicht mehr nach Konfessionen ausgerichtet, sondern mehr nach Firmenzugehörigkeit oder Parteivorlieben oder schlicht aus Spass an der Freud, das soll es ja im Karneval häufig geben!

Bald entstand der erste Fanfarenzug, und es entwickelten sich eine Reihe von karnevalistischen Eigengewächsen wie Büttenredner und Liedermacher.

1958 fand der erste Rosenmontagszug in Mülheim statt, damals noch mit dem sozusagen ausgeborgten Prinzen aus Oberhausen. Das sollte dringend anders werden, und 1959 wurde der erste Faschingsprinz in Mülheim von den Vereinen des Hauptausschusses gekürt. 

Ab 1967 gab es jedes Jahr einen anderen Prinzen aus den Reihen der Mülheimer Karnevalsvereine, heute gibt es derer bereits 12. Ab 1968/69 wurde auch jedes Jahr ein Kinderprinzenpaar gekürt, um die Jugend an das Karnevalstreiben heranzuführen. 

1959 gründete sich Rot Weiß, heute MCC genannt, 1976 die Ruhrgarde, die immer wieder durch sehr gekonnte Tanz- und Showauftritte in Mülheim und in NRW brilliert (kann man nur wärmstens empfehlen).  Ab 1992 veranstaltet die Mülheimer Stadtwache den Kommandeursball mit der Verleihung des renommierten Stadtwächterordens. Es gibt noch die Auszeichnung des „Mölmschen Narren“ seit 1971 und die „Ritter des schiefen Turmes“ ab 1984. Die Auszeichnung „Spitze Feder“ haben viele prominente Preisträger aus Politik, Medien und Kunst, z.B. Jean Claude Junker, EX-EU-Kommisionspräsident, bekommen. 

1990 fiel der Rosenmontagszug wegen extremen Schlechtwetters aus, 1991 wegen des Golfkrieges. 

Seit 1991 bin ich selbst Ehrensenator des Hauptausschusses. Die heute rund 80-90 Ehrensenatoren unterstützen die vielfältigen Aktivitäten des Hauptausschusses.

Ab 2003 wird jährlich der Narrenbaum aufgestellt und 2010 konnte endlich die langersehnte Wagenbauhalle bezogen werden. Dies ist besonders wichtig für den ungestörten, aber zeitlich sehr aufwändigen Bau der Motivwagen für den Rosenmontagszug und deren Lagerung in der schrecklichen, also in der karnevalsfreien  Zeit.

So hat sich aus den bescheidenen Anfängen der extrem schwierigen Nachkriegszeit ein reges Karnevalstreiben entwickelt, welches heute aus Mülheim nicht mehr wegzudenken ist.

Seit 300 Jahren gibt es Karneval in Mülheim, erst in ganz kleinen Anfängen, mal unterstützt von den Autoritäten, so wie jetzt, lange Zeit aber nicht, waren doch die Sitzungen und deren Büttenreden meist ein Quell von Spott und Aufmüpfigkeit gegen die Obrigkeit. Die Karnevalisten spürten nicht immer nur Durst und Frohsinnsdrang, sondern auch soziale Verantwortung, und viele Spenden flossen in humanitäre Einrichtungen.

Aus dass auch in künftigen Jahren Frohsinn, Kameradschaft und Mülheimer Brauchtum gedeihe

Rufe ich zu Euch Narren ein kräftiges Uss-Mölm Helau!

Wolf Dietrich Hausmann
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