Schrecken, Freude – Frohe Weihnacht

1949/50 muss es gewesen sein, es war Heiligabend. Da war ich auf dem Weg nach Hause, als ich schreckliche Zahnschmerzen bekam. Es stellte sich mir die Frage,  was kann ich tun? So habe ich mein Fahrrad genommen und bin in die Stadt zu einem Zahnarzt gefahren. Für den Rückweg nach Hause hatte ich meine Tasche hinten am Fahrrad festgeklemmt. Als ich unsere Wohnung erreicht hatte, musste ich feststellen, dass meine Tasche samt Inhalt weg war. 

Als Lohn bekamen wir damals 50 DM netto monatlich. In meinem Portemonnaie waren vielleicht 30 oder 40 DM und eine Gutschrift, wo ich Schuhe angezahlt hatte. Ebenso befand sich  mein Ausweis in der Tasche. 

Ich war so was von traurig und aufgeregt, und ganz spät am heiligen Abend habe ich gedacht: Ne, also, ich muss doch jetzt zu meiner Schwester und Heiligabend feiern. Dies habe ich auch gemacht. Als ich bei meiner Schwester ankam, sagte sie: Du hast dein Portemonnaie verloren, es war schon ein Schutzmann hier – damals hieß  der  Polizist noch Schutzmann – und ein Portemonnaie ist  abgegeben worden, es liegt in Broich auf der Wache.  Mir ist vielleicht ein Stein vom Herzen gefallen! Das war mein  schönstes Weihnachtsgeschenk, dank dem ehrlichen Finder und dem Schutzmann, der am Heiligenabend von Broich zum Oppspring mit dem Fahrrad  fahren musste. – Das war mein schönstes Erlebnis in dieser Zeit.

Änne Oriwol

Dezember 2018
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