Corona – Wie bin ich damit umgegangen?

Als uns die ersten Nachrichten aus China übermittelt wurden, dass ein neues Virus mit voller Wucht das Leben vieler Menschen dort gefährden würde, wurde ich hellhörig. Die Bilder, die wir im Fernsehen übermittelt bekamen, nahmen täglich an Heftigkeit zu, so dass sich bei mir ein ungutes Gefühl einstellte.

Allerdings wähnte ich mich zu der Zeit noch in Sicherheit. Als jedoch die Infektionen die Firma Webasto in München erreichten, verwandelte sich das ungute Gefühl in eine gewisse Angst. Anfang März steigerten sich in Deutschland aufgrund zunehmender Erkrankungen die Infektionszahlen. Meine innerliche Unruhe in den ersten zwei Wochen der Pandemie stieg an und drohte, mich aus der Bahn zu werfen. Unendlich viele geführte Gespräche mit meinem Mann und Freunden konnten mich nicht wieder in meine sonst so ruhige und sichere Art zurückversetzen. Meine bekannte Resilienz, selbst in kritischen Situationen, geriet ins Wanken. Das Thema Corona blieb in meinen Gedanken und beschäftigte mich von Tag zu Tag mehr. 

Während meiner gesamten Berufszeit, ich arbeitete 47 Jahre als Medizinische Fachangestellte in einer Arztpraxis,  bin ich immer ruhig, gelassen und psychisch belastbar an entsprechende Situationen, wie die alljährliche Grippewelle, die Schweinegrippe, EHEC und SARS, herangegangen, habe nie den Kontakt zu den Patienten gescheut. Ich hatte den nötigen Respekt vor diesen Infektionen, aber keine Angst.

Mit dem Auftreten von Covid-19 veränderte sich dann aber sukzessive von Tag zu Tag unser aller Leben. Plötzlich war alles anders. Wir bekamen am 22. März 2020 den Lockdown, wir sahen unsere Familien, Freunde und Bekannte plötzlich nicht mehr. Das oberste Gebot lautete:

 A b s t a n d  halten, Kontakte meiden und Hände waschen.

Die Kontakte zu meiden galt besonders zwischen Alt und Jung, denn die älteren Menschen ab 65 Jahren und diejenigen, die an einer Vorerkrankung litten, wurden als Risikogruppen eingestuft, die geschützt werden sollten. 

Kinder konnten zur Betreuung nicht mehr in die KiTa und Schüler nicht mehr in die Schule. Die Wirtschaft wurde heruntergefahren, und so könnte ich mit Beschreibungen beliebig fortfahren.

In den Krankenhäusern wurden die Intensivstationen in großer Anzahl  aufgerüstet und reichlich Beatmungsgeräte angeschafft. Besonders tragisch war, dass die Pflegebedürftigen und die Bewohner in den Altenheimen von ihren Angehörigen über Monate nicht mehr besucht werden konnten. Das Pflegepersonal in den Krankenhäusern und den Alten/Pflegeheimen kamen physisch und psychisch an ihre Belastungsgrenze.

Niemand von uns hätte sich eine solche Situation jemals vorstellen können. Nach und nach wurden alle Geschäfte geschlossen, nur die Versorgung durch Lebensmittelgeschäfte, Arztpraxen, Krankenhäuser, Apotheken und Drogerien, war gewährleistet. Natürlich ging der Online-Handel weiter und wurde reichlich frequentiert, sodass nunmehr die Auslieferer an ihre Grenzen kamen, ebenfalls die LKW-Fahrer, die täglich dafür Sorge trugen, dass unsere Versorgung mit Lebensmitteln und wichtigen Utensilien des Alltags in die Geschäfte kamen.

Gegen Szenarien, die mein Mann mir aufzeichnete, was alles durch das Virus auf uns zukommen könnte, verwahrte ich mich vehement, wollte einfach nichts darüber hören. Heute weiß ich, dass er mit all seinen Prophezeiungen im Recht war. 

Die Bilder aus  Bergamo in Italien, die mich ebenso erschütterten wie zuvor Bilder aus China, sorgten dafür, dass ich damit begann, mich der auf uns zukommenden Situation zu stellen. Ich wurde immer nachdenklicher, stiller und war oft in Gedanken versunken, wie es weiter gehen sollte, wenn auch wir infiziert würden. Frankreich und Spanien waren durch ein hohes Infektionsaufkommen ebenfalls in einer katastrophalen Situation und schon bald die ganze Welt.

Mein Mann und ich besprachen unsere Vorgehensweise, sollte eine COVID-19-Infektion mitsamt Intensivbehandlung und Beatmung bei uns eintreten. Ich begann eine gewisse Vorsorge zu treffen, was für mich bedeutete: Ich musste gewährleisten, dass wir über eine längere Zeit gut einer Infektion entgehen können, wenn genügend Vorräte im Haus vorhanden sind. Also habe ich ganz systematisch Nahrungsmittel aufgeschrieben, die zu unserer Essgewohnheit gehörten, und die wir gerne mochten. Bei Bofrost habe ich eine Bestellung aufgegeben, die auch etwa 3 Wochen zum Einsatz kommen konnte, wobei Kuchen auch dazu gehörte, denn auf die Tee-und Kaffeestunde unsererseits sollte nicht verzichtet werden.

Generell haben wir immer Vorrat im Haus, mit dem wir 8-10 Tage gut über die Runden kommen, also brauchte ich keine Hamsterkäufe bewerkstelligen. Ebenfalls hatten wir kein Toilettenpapier-Problem. Brötchen, Stuten und Brot wurde eingefroren. Obst und Gemüse wurde nach unserem Speiseplan, den ich mir für die nächsten 14 Tage blitzschnell ausgedacht hatte, entsprechend besorgt und teilweise auch sofort eingefroren. Für den Fall, dass Obst knapp würde, habe ich Trockenobstsorten gekauft und reichlich verschiedene Nüsse zur Vitamin- und Mineralienabdeckung. Auch ein Vorrat an Schokolade und ein reichhaltiges Sprudelwasser-Kontingent wurde angelegt.

Als dann der Lockdown, wie schon erwähnt, im März 2020 in Kraft gesetzt war, gab es auch etliche Geschäfte, die uns mit dem, was zu unserem Alltag gehörte, durch einen Bring-Service versorgten. So war unser Buchhändler so freundlich, uns unsere gewünschten Bücher bis vor die Wohnungstür zu liefern. Desgleichen machte die Besitzerin unseres Teegeschäfts. Auch unser Metzger und Lieblingscafé boten einen Lieferservice an.

Was uns sehr berührte, war die Hilfsbereitschaft unserer Nachbarskinder Leonie und Florian, die uns ihre Hilfe anboten, die wir gerne annahmen. Die Freude der Kinder, bei denen wir für ihre Hilfe ihr Taschengeld ein wenig aufbessern konnten, war riesig, sie waren richtig stolz.

Jeder Tag begann damit, dass ich mich über die aktuellen Corona-Zahlen informierte. Jede Fernsehsendung, die über Corona berichtete, schauten mein Mann und ich uns an; dazu noch jede Talkshow, denn was namenhafte Virologen zu berichten hatten, war uns sehr wichtig.

Masken gab es binnen kürzester Zeit nicht mehr, und bis wir endlich aus der Apotheke die FFP2 und die OP-Einmalmasken erhielten, behalfen mein Mann und ich uns, wenn wir das Haus denn doch einmal gezwungenermaßen verlassen mussten, mit den von fleißigen Frauen selbst genähten Mund-Nasenschutz-Masken.

In den nächsten Wochen tätigten wir circa alle 14 Tage unsere Einkäufe, um unsere verbrauchten Lebensmittel und evtl. Hygieneartikel wieder aufzufüllen. Dies war für uns ideal, denn in unserem Nebenhaus befinden sich ein EDEKA-Geschäft und ein Bäcker. Damit die vermehrten Aufenthalte in der Wohnung auch abwechslungsreicher wurden, schlossen wir ein PayTV-Abo bei Netflix ab.

Ansonsten hielten wir uns an die uns vorgegebenen Regeln, hielten telefonisch Kontakt zu den Menschen, die uns lieb und wert waren, mit einigen von ihnen skypten wir. Es meldeten sich Menschen, von denen wir längere Zeit nichts gehört haben, was uns dazu brachte, unsere Kontakte wieder aufleben zu lassen und zu pflegen.

Das Telefon war über viele Wochen für uns das Tor zur Welt. Ich habe in diesen Monaten noch mehr gelesen, sodass der Buchhändler mehrfach einige Bücher liefern mußte. Zwischendurch wurde immer wieder telefoniert, die Hausarbeit erledigt, und ich schrieb Berichte für die Mülheimer Zeitzeugen Börse, bei der ich seit 2011 Mitglied bin. Leider konnten auch diese monatlichen Treffen mit all den netten Menschen nicht mehr stattfinden. Aber auch da wurde eine Lösung von unseren Leitern der Zeitzeugen-Börse gefunden. Anfänglich hielten wir regelmäßig Telefonkonferenzen ab, damit wir zumindest miteinander sprechen konnten. Am 22.07.2020 trafen wir uns zum ersten Mal nach Monaten wieder in einem wunderschönen Garten einer unserer Mitglieder. Dort verbrachten wir einige schöne gemeinsame Stunden. 

Zur Zeit führen wir ein anderes Leben. Ob wir unser gewohntes Leben in der Form, wie wir es vor Corona gelebt haben, je wieder bekommen werden, ist eine Frage, die bisher niemand beantworten kann. Ein gewisses Risiko wird wohl immer bleiben, selbst dann, wenn es einen Impfstoff geben sollte. Ich wäre schon sehr froh und beruhigt, wenn ein entsprechendes Medikament oder Impfstoff, welche sich z. Z. noch in den Testphasen befinden, diese abgeschlossen wären, aber die Aussicht darauf steht noch aus und ist vollkommen offen, abwarten heißt die Devise.

Inzwischen habe ich meine Gelassenheit zurück, ich habe mich mit der momentanen Situation auseinander gesetzt und arrangiert. Mein Respekt vor dem Virus ist weiterhin ungebrochen. Ich werde alles dafür tun, um einer Infektion keinen Nährboden bei mir und meinem Mann zu geben. Dabei ist mir die Unterstützung meines Mannes gewiss.Treffen mit Freunden und Bekannten wägen wir, jetzt, wo es die Lockerung gibt, genauestens ab. 

Das Tragen der Masken ist für uns kein Problem, sie gehört zur Selbstverständlichkeit, denn wir möchten nicht nur uns, sondern auch unsere Mitmenschen schützen. Nicht nur die unantastbare persönliche Freiheit wird in unserem Grundgesetz benannt und zugesichert, sondern auch das Recht auf den Schutz und die Unversehrtheit der eigenen Gesundheit. Darüber sollten einmal die Menschen nachdenken, die ständig die Sicherheitsregeln brechen und das Gesetz nach Gutdünken für sich auslegen.

Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt in meiner Freiheit – in jeglicher Form – eingeschränkt, geschweige eingesperrt gefühlt. Die Entscheidungen, die von Seiten unserer Regierung getroffen wurden, waren vollkommen richtig und auch notwendig. Wir haben diese erste Welle der Pandemie dadurch bestens bewältigen können. Störend und unangebracht war – aus meiner Sicht  – die Verunsicherung der Bevölkerung durch immer wieder vorpreschende Ministerpräsidenten, denen die Lockerungen nicht schnell genug vonstatten gingen. Da hätte auch mit einer „Stimme“ gesprochen und erklärt werden müssen, so hätte es mehr Verständnis für manche Entscheidung geben können.

Denn eines ist sicher, das Virus hat einen langen Atem. Mögen wir es alle gemeinsam in den Griff bekommen und nicht nach den Regeln der Befindlichkeit einiger Menschen.

Dass unsere Wirtschaft wieder in Gang kommen muss, ist eine Selbstverständlichkeit, auch dies muss mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen geschehen. Dort, wo viele Menschen arbeiten, sollten überall Testungen auf COVID-19 durchgeführt werden. Je mehr versteckte Infektionsherde gefunden werden, je mehr kann Vorsorge getroffen werden.

Jutta Loose
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