Erfahrungsbericht zur SNW-Digitalisierung

Zunächst wollten wir nur erreichen, dass mehr Mitglieder aus unserem SeniorenNetzwerk Heimersdorf (SNWH) über eine E-Mailadresse erreichbar sind. Von ca. 46 waren es nur 21, also etwa 46%. Die meisten von ihnen haben auch ein Smartphone, aber nur wenige doch schon ein Tablet oder einen Laptop (bzw. ein Notebook).

Im Herbst 2019 hat unsere Planungsgruppe deshalb beschlossen, einen PC-Schnupperkurs für unsere SNWH-Mitglieder einzurichten. Im Oktober 2019 habe ich dann begonnen, diesen Kurs vorzubereiten. Ich arbeite seit vielen Jahren mit PCs und seit über 10 Jahren auch mit einem Tablet-PC und einem Smartphone. Deshalb fühle ich mich kompetent für die Durchführung eines Anfängerkurses.

Dazu habe ich in einigen existierenden PC-Kursen für Senioren hospitiert, um zu sehen, wie es dort gemacht wird. Hauptsächlich aber habe ich den „Leitfaden Digitale Kompetenzen für ältere Men-schen“ von der Stiftung digitale Chancen und deren Projekt Digital Mobil im Alter eingehend studiert. Dieser Leitfaden basiert stark auf wissenschaftlichen Erkenntnissen über das Lernen im Alter (Geragogik).

Im Oktober 2019 habe ich dann begonnen, den Anfängerkurs diesem Leitfaden entsprechen zu konzipieren:

  1. Alle Teilnehmer werden einen Tablet-PC für die Dauer des Kurses geliehen bekommen, und zwar baugleich und mit dem Android Betriebssystem. Dadurch kann sich der Kursleiter auf den Kursinhalt konzentrie-ren und muss sich nicht auf die verschiedenen Endgeräte einstellen, die die Teilnehmer mitbringen.

  2. Der Kurs besteht aus etwa fünf Kurseinheiten von je maximal 2 Stunden Dauer, die in Abständen von einer Woche vermittelt werden, damit genügend Zeit bleibt, um zu Hause üben zu können. In der ersten Kurs-einheit kamen alle 11 Teilnehmer zusammen und wurden in zwei überschaubare Gruppen aufgeteilt, damit sich der Kursleiter genügend auf jeden Teilnehmer konzentrieren kann. Die Tablets wurden ausgehändigt und jeweils ein Leihvertrag unterschrieben. Der Aufbau des Kurses wur-de zusammen mit dem Hintergrund erläutert. Außerdem bekam jeder Teilnehmer einen Fragebogen, auf dem er seine persönlichen Interessen und/oder Hobbys angeben konnte. Nur so kann der Kursleiter beim The-ma Interentrecherche genügend auf die Interessen der Einzelnen einge-hen. Und das ist extrem wichtig, weil man die Senior*Innen nicht mit der Technik motivieren kann, sondern hauptsächlich mit dem Gewinn, den sie für sich selbst aus dem Internet herausziehen können.

  3. Zu jeder Kurseinheit gibt es ein Arbeitsblatt, in dem der Stoff der betreffenden Kurseinheit ausführlich beschrieben wird. Zusätzlich wird mit den Arbeitsblättern etwas Hintergrundwissen vermittelt, was zur Benutzung des Tablets nicht unbedingt nötig ist. In einer Woche besteht nun die echte Chance, den Stoff einer Kurseinheit einzuüben.

  4. Die Fachbegriffe, die in den Arbeitsblättern verwendet werden, werden bei erstmaliger Verwendung direkt anschließend in Klammern knapp erklärt. Diese werden dann als Anhang zu den Arbeitsblättern als Glossar nochmal alphabetisch mit etwas ausführlicheren Erläuterungen ausgehändigt. Dies Glossar hilft dann den Teilnehmern auch beim Lesen von Artikeln aus dem Internet.

  5. Zu Beginn jeder Kurseinheit wird der Stoff der vorherigen Kurseinheit nochmal kurz rekapituliert, um den Kurs für ältere Menschen mög-lichst redundant zu gestalten. Es folgt dann die Beantwortung von Fragen der Teilnehmer durch den Kursleiter.

  6. PC-Anfängerkurs zu Coronazeiten

    Damit alle Teilnehmer gut mitverfolgen könne, was auf dem Tablet des Kursleiters zu sehen ist, wenn er etwas vorführt, sollte der Bildschirm des Tablets über einen Beamer groß auf eine Leinwand projiziert werden. Wenn ein großer Fernsehbildschirm mit HDMI-Eingang existiert, kann auch der verwendet werden1. Mit einem Laserpointer sollte dann auf der Leinwand auf bestimmte Dinge gezeigt werden können (die Teilnehmer sehen ja nicht, was der Kursleiter mit den Fingern macht).

  7. Der Inhalt einer Kurseinheit wird so lange wiederholt, bis alle Teilnehmer es verstanden haben und sie es ohne Hilfe selbst anwenden können. Sollte ein Teilnehmer an mehrere Kurseinheiten nicht teilnehmen können, z.B. wegen Krankheit, und er den Stoff anhand der Arbeitsblätter nicht alleine aufholen kann, wird er für den nächsten Anfän-gerkurs vorgemerkt.

  8. Die letzte Kurseinheit ist eine Zusammenfassung, wo auch nochmal Fragen zu Unverstandenem gestellt werden können. Das könnte auch in Form eines Quiz erfolgen.

So ein Anfängerkurs kann dann schon mal acht Wochen lang dauern, also zwei Monate. Zwei Wochen nach Auslieferung der bei der Stiftung entliehenen Tablets begann unser „Schnupperkurs“ am 11. Februar 2020. Ab Mitte März stand uns dann der Trainingsraum beim Vitalis Krankenpflegedienst wegen der Coronakrise nicht mehr zur Verfügung und wir mussten den Kurs mit der Trainingseinheit Nr.4 leider beenden. Die entliehenen Tablets wurden also wieder an die Stiftung zurückgeschickt.

Inzwischen hatte auch die Stadt Köln das Problem erkannt, dass viele ältere Bürger*Innen jetzt in der Coronazeit von der Teilhabe am öf-fentlichen Leben praktisch ausgeschlossen sind. Es wurde mit der Hochschule Fresenius eine Kooperation ins Leben gerufen, mit der vielen älteren Menschen der Zugang zum Internet über ein Smartphone ermöglicht werden sollte. Die Hochschule entwickelte den zweiwöchigen Kurs „Nonliner zu Onlinern, für den Smartphones kostenlos ausgeliehen wurden zusammen mit ausführlichen Lernmaterialien und einer Hotline für Fragen und Probleme. Da habe ich sofort die Teilnehmer von unserem abgebrochenen Anfängerkurs an-gemeldet. Obwohl sich die Studenten große Mühe gegeben haben, war dieser Kurs leider nicht erfolgreich.

Unser Tablet-PC mit Hülle/Ständer

Die Planungsgruppe unseres SNWH hat sich daraufhin entschieden, den eigenen PC-Anfängerkurs zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen und dann komplett zu beenden. Wegen der Beschränkungen während der Coronakrise war an ein persönliches Zusammentreffen auf nicht absehbare Zeit nicht mehr zu denken. Dennoch wollten wir uns auf die Durchführung von PC-Anfängerkur-sen für Senioren vorbereiten. Und weil über das Projekt Digital mobil im Alter keine Tablets mehr verliehen werden, wurde bei der Bezirksvertretung Chorweiler (BV6) der Antrag für den Kauf von 7 geeigneten Tablets gestellt, der im Juni 2020 bewilligt wurde. Diese wurden bei Volaris EDV im Heimersdorfer Einkaufszentrum bestellt, der sich auch als Kooperationspartner zur Verfügung stellte, wenn es bei den Kursen zu Problemen mit der Hardware, dem Betriebssystem und dem Internetzugang kommt. Vier SNWH-Mitglieder haben sich diesen Tablet-PC selbst gekauft. Damit konnten 11 Teilnehmer am Kurs teilnehmen.

Ich habe nun ein Konzept erstellt, wie man den Kurs online mit einer Videokonferenz durchführen kann. Da galt es erst einmal die geeigneten Plattformen für Videokonferenzen aus einer Fülle von Angeboten zu identifizieren. Und da gibt es so einige: u. a. Google Meet, ZOOM, Cisco Webex, Jitsi Meet, Microsoft Teams, Edudip Webinare. Ich hatte mich für Jitsi Meet entschieden, weil die Benutzung kostenlos und sehr einfach zu handhaben ist. Bei der persönlichen Übergabe der Tablets habe ich dann mit jedem Betreffenden ein Google Konto eingerichtet, damit mit Play-Store die notwendige Jitsi-Meet App installiert werden und außerdem eine gmail.com E-Mail-adresse eingerichtet werden kann. Ab da konnten wir die Jitsi Meet Videokonferenz verwenden. Ein Test mit mehreren Teilneh-mern ergab aber leider zwei Probleme:

  • Ohne die Grundlagen zur Nutzung des Tablets gelernt zu haben, geraten die Teilnehmer zu leicht aus der Konferenz raus und finden dann nicht wieder rein.

  • Es kam zu sehr störenden Rückkopplungsgeräuschen (Quietschen, Wispern, etc). Daran sind sicherlich z.T. die Tablets Schuld, denn mit Kopfhörern waren die Störgeräusche weg. Es kann aber auch an der Qualität der Jitsi-Meet Software liegen.

PC-Anfängerkurs zu Coronazeiten

Wir haben uns deshalb dafür ent-schieden, dass wir uns wieder für den Kurs persönlich zusammen-setzen, was mit zwei Kursen zu je 6 Personen und unter Ein-haltung der AHA-Regeln2 wie-der möglich war. Das haben wir an dem langen Esstisch bei uns zu Hause erfolgreich durchgeführt und so den Kurs am Dienstag 27. Oktober 2020 abgeschlossen. Die Zahl der Mitglieder, die über E-Mail zu erreichen sind, hat sich um 4 Mitglieder auf 25 erhöht, was den Prozentsatz der per E-Mail erreichbaren auf 54% erhöht hat.

Im Frühjahr 2021 werde ich den nächsten Anfängerkurs für sechs Personen genauso abhalten, wenn es die Coronaregeln dann erlauben. Weil wir aber jetzt deutschlandweit in der zweiten Oktoberhälfte in die zweite Welle mit explosionsartigen Ansteckungen geraten sind, sieht es dafür allerdings nicht so günstig aus. Ich werde deshalb erneut über einen Onlinekurs mit einer geeigneten Videokonferenz-Plattform nachdenken müssen. Weil Google Meet auch kostenlos und für eine Vielzahl von Browsern geeignet ist, werde ich mich jetzt damit beschäftigen.

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1  Dazu muss der Beamer (oder der Fernseher) einen HDMI-Eingang besitzen. Die meisten Smartphones und Tablets besitzen aber keinen HDMI-Ausgang, der über ein HDMI-Kabel direkt mit dem Beamer (oder Fernseher) verbunden werden könnte. Deshalb wurde bei uns mit dem ChromeCast und der Home App von Google die Verbindung über das WLAN hergestellt um den Screen vom Tablet zu „spiegeln“.

2   AHA = Abstand (>1,5 m), Hygiene (Desinfektion), Alltagsmaske (wenigstens Mund-Nasen-Schutz, besser eine PFF2 oder FFP3 Maske)