von Markus Walther
Der Advent ist eine Zeit der Besinnung und der Ruhe … Es sei denn, die Schwiegermama kommt mit ihrem monströsen Schrankkoffer überraschend zu Besuch.
Dann kann es schon mal sein, dass der Hausfrieden ins Wanken gerät, insbesondere, wenn sich die resolute Dame fest einzuquartieren droht.
24 heiter-chaotische Episoden versüßen in Wort und Bild die Vorweihnachtszeit.
»Einige ungewöhnliche Geschenke« ist ein Benefiz-Projekt zugunsten des Fördervereins krebskranker Kinder in Köln e.V.
Geschichte zum 2. Dezember:
Den Rest des vergangenen Tages hatten wir in erzwungener Harmonie verbracht. Während ich das Gästezimmer für unseren Überraschungsgast vorbereitet und mich unter anderem mit dem Spannbettlaken abgemüht hatte, übernahm Schwiegermama das Regiment in der Küche. Dabei kommandierte sie ihr Personal – äh, meine Familie – von Schrank zu Schrank, weil sie selbst angeblich nicht wusste, wo Töpfe und Teller standen. Nachdem wir das Abendessen hinter uns gebracht und tapfer das Musikantenstadl geschaut hatten, flüchteten wir uns in die Betten.
Marion vermied das Thema „Elisabeth“, und ich beschloss, von widerspenstigen Kopfkissenbezügen zu träumen.
Der nächste Tag begann mit einem Schrei. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und eilte zum Zimmer meiner Tochter, von wo der Laut des Entsetzens gekommen war.
„Was ist passiert?“
Mit weit aufgerissenen Augen saß Chantal in ihrem Bett und deutete ans Fußende ihrer Matratze. Dort saß … es.
„Sie gefällt dir“, stellte Elisabeth, die am Fenster stand, mit einem stolzen Lächeln, das in die Gesichtszügen eingraviert schien, fest. Dabei ignorierte sie geflissentlich das Keuchen des Kindes.
Dieses „Es“, das uns dort im Bett mit weißgrauen Augen anstarrte, war eine alte Puppe, die in Vorkriegszeiten vielleicht mal schön gewesen war. Die Farbe war in einer geisterhaften Weise ausgeblichen und an manchen Stellen abgeplatzt. Der Kopf hatte einige Risse und wurde nur leidlich von zerzausten blonden Haaren bedeckt. Das ehemals farbenfrohe Frühlingskleid ließ seine einmalige Pracht nur noch erahnen. Alles in allem war der Anblick … beängstigend.
Elisabeth wartete. Und ich wartete. Auch Marion, die inzwischen ebenfalls den Weg zum Kinderzimmer gefunden hatte, wartete. Wir warteten auf eine weitere Reaktion von Chantal.
Aufgrund des nächsten Satzes, den sie sprach, stellte ich fest, dass ich dringend mit meiner Tochter über Altersfreigaben bei Filmen reden musste. Und ich beschloss, dass der Fernseher aus dem Kinderzimmer verschwinden würde.
„Ich nenn sie Chucky.“
***
Franz König Senioren-in-Lohmar
Die Geschichten zu den anderen Tagen finden Sie dort im Adventskalender
hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors
„Einige ungewöhnliche Geschenke – Ein literarischer Adventskalender“ von Markus Walther, erschienen im Verlag ratio-books, ISBN 978-3-939829-50-8; u.a. erhältlich bei der Lohmarer LesArt
Herzlichen Dank für diese nette Idee. Ich freue mich schon auf die nächsten Tage und bin gespannt was mich erwartet.