Wolf-Eckardt Irmer war eigentlich sein ganzes Leben präsent in der Hertener Innenstadt.
In der Bramhügel-Drogerie (Place d’Arras) machte er seine Lehre als Drogist im Fachgeschäft des Vaters. Mit 22 Jahren übernahm er eine Filiale am Antonius Denkmal und eröffnete dort eine Briefmarken Abteilung, mit der er sehr erfolgreich war. Spätere Standorte waren die Hermannstraße (1990) mit dem Aufbau einer Sammlerabteilung (Münzen, Briefmarken, Bücher, Sammlerobjekte) und dem Privatmuseum „Brauchtum zur Taufe“. 2011 startete Irmer neu mit einem Sammlergeschäft an der Ewaldstraße 15 (jetzt Innenstadtbüro) und die vorläufig letzte Station ist seit 2013 der Kaisersaal mit dem „Laden im Museum – Sammlerparadies„.
Irmer hat die lange Entwicklungsgeschichte der Innenstadt seit den 50er Jahren mit allen Höhen und Tiefen in verschiedenen Rollen miterlebt:
Als Drogist und Geschäftsführer, Vorsitzender und Ehrenvorsitzender der Hertener Briefmarkenfreunde, Ausstellungsleiter (u.a. 50 jähr. Stadtjubiläum), CDU Ratsmitglied (1968 – 1973) stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsvereins Herten, Unterstützer der Siebenbürger Heimatstube mit Münzsammlung, Präfekt der St. Sebastianus Gilde (1972-2018) und nicht zuletzt als Familienvater, mit 2 Kindern und vier Enkelkindern. 1996 erhielt er für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz.
Schon als junger Mann begann Irmer sich für kommunalpolitische Fragen zu interessieren. Als Ratsmitglied war er zeitweise Vorsitzender des Kulturausschusses und stv. Vorsitzender des Wirtschaftsförderungsausschusses.
Ein großes Thema in dieser Zeit war für ihn der Erhalt der Bekenntnisschulen (u.a. Konfessionsklassen in der Pestalozzischule). Seinen Gegenpart hatte er in dem Kulturdezernenten Heinz Lauzeningks (SPD), der sich für die Gemeinschaftsschule stark machte. Damals, so erzählt er, ärgerte ihn, dass man als Oppositioneller keine Chance mit seinen Anliegen hatte, weil die SPD (mit absoluter Mehrheit im Rat) immer die Oberhand behielt. Das zu ändern war eine starke Motivation für sein politisches Engagement. Im Prinzip steht er jedoch für das Miteinander in der Politik, auch bei unterschiedlichen Positionen.
Die erste Sanierung der Innenstadt in den 60er Jahren bewegt ihn heute noch: „Mir ist rätselhaft, wie man in einer Bergbaustadt so eine Flachdachorgie veranstalten konnte. Die ganze gewachsene Baustruktur, sowie der teilweise ländliche Charakter wurde zerstört. Jetzt will man das mit Solaranlagen und Dachbegrünung wieder wett machen“ kritisiert Irmer.
Er stellt sich aber auch den neuen Entwicklungen, indem er Vorschläge für eine neue Nutzung der Innenstadt bei den Workshops gemacht hat. Seine Vision für die Ewaldstraße: Kleine Museen zur Geschichte der Taufe, zur Geldgeschichte, mit altem Porzellan und einer Sammlung mit historischen Fotografien. Gepaart wären diese kulturellen Kleinode jeweils mit Themengastronomie, wie z.B. in einem Lokal, das wie ein Bergbaustollen eingerichtet ist. Allerdings sieht der passionierte Sammler auch, dass dies ohne große Sponsoren und Fördergelder nicht realisierbar wäre. Aber träumen ist ja erlaubt!
Al s seinen größten Erfolg bewertet der Sammler die Gründung der Sammlung und des späteren Museums „Brauchtum zur Taufe“. Wie kam er zu diesem außergewöhnlichen Thema?
„Zu meinem 40. Geburtstag hat mir meine Patentante 12 alte Patenbriefe aus der Familie überreicht. Ich nahm sie an mit dem Versprechen was daraus zu machen.“ So machte er sich auf die Suche. Sein ältester Patenbrief ist aus dem Jahr 1722. Eine Seltenheit, denn der Brauch, Patenbriefe zu gestalten und zu schreiben fand erst mit der Industrialisierung große Verbreitung. Und man staune: 95% der gesammelten Briefe stammen aus protestantischen Familien. Irmer sieht deshalb in der Sammlung auch einen Beitrag zu ökumenischem Denken. Der größten Teil der Sammlung (600 Briefe) stammt aus Sachsen und Thüringen, Leipzig war ein Zentrum der Herstellung von Patenbriefen.
2005 organisierte Irmer mit Unterstützung des Weihbischofs Dr. J. Voss anlässlich des 1200-jährigen Jubiläums des Bistums Münster die einmalige Ausstellung „Brauchtum zur Taufe“, die am Bistumstag in der Hildegardisschule in Münster und auch im Glashaus Herten präsentiert wurde. Dazu erschien ein reich bebilderten Katalog. Für Irmer eine große Freude und Anerkennung seines Engagements.
Und wie hat er das alles geschafft, Beruf, Politik, Ehrenamt, museale Sammlung….. ?
„Ohne die Unterstützung meiner Frau Helga, mit der ich jetzt seit fast 60 Jahren verheiratet bin, hätte ich das alles nicht leisten können.“
In seinem „Laden im Museum“ im Kaisersaal steht Wolf-Eckardt Irmer auch mit 82 Jahren von Montag bis Freitag, hat interessierte Kunden und Begeisterung für besondere Sammlerstücke. Sein Plan: „Solange der liebe Gott mich lässt und wir gesund bleiben, werde ich weitermachen!“