Beitrag im Zukunftsdialog der Kanzlerin

Vorsorge auf Zeitbasis

Es wird eine vierte Säule für die Altersvorsorge eingerichtet, die durch ehrenamtliche Hilfeleistungen von rüstigen Jungen und Alten erbracht wird, ganz wie das solidarische Umlagesystem der gesetzlichen Altersrente, nur dass statt Geld hier Zeit umverteilt wird, die für freiwillige Sozialarbeit erworben wird (Geben) und als freiwillige Sozialarbeit entgegengenommen wird (Nehmen).

Praktisch kann dies durch die Implementierung einer bundesweiten VORSORGE-ZEITBANK für ehrenamtliche und gemeinnützige Dienstleistungen erfolgen, die die hilfsbedürftigen älteren Menschen kostenlos mit den benötigten Unterstützungen versorgt, unabhängig davon wann und wo sie sich die Ansprüche hierfür mal erworben haben. Die Politik muss sich partei- und länderübergreifend hinter dies Projekt stellen und die notwendigen gesetzlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen schaffen.

Hintergrund:

Alte Menschen möchten meist so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Die menschenwürdige Versorgung ist für die hilfsbedürftigen alten Menschen, die nicht über genügend Mittel verfügen, um sich die notwendigen Dienstleistungen einkaufen zu können. Dies ist insbesondere dann ein Problem, wenn sie alleine leben und keine Angehörigen haben, die sich um sie kümmern. Wegen der demografischen Entwicklung wird sich dies vermehrt zu einem gesellschaftlichen Problem ausweiten, weil zum einen der Anteil an hilfsbedürftigen Senioren dramatisch zunehmen wird und immer weniger Kinder und Enkel da sind.

Dazu kommt eine strukturelle Zunahme der Altersarmut. Gründe hierfür sind zum einen die Stagnation der Reallöhne und die Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen in der vergangenen Dekade, wodurch das für die Rente maßgebliche Durchschnittseinkommen nicht mit der Wirtschaftskraft gewachsen ist. Zum anderen werden die Leistungen der gesetzlichen Rente über den demographischen Faktor in der Rentenformel relativ immer geringer werden.

Es wird also eine wachsende Zahl von Alten von der Grundsicherung leben müssen, denn die mit der „Riesterrente“ eingeführte kapitalbasierte private Vorsorge (2. Säule der Altersvorsorge) können sich gerade solche Geringverdiener gar nicht leisten und Betriebsrenten (3. Säule der Altersvorsorge) werden immer seltener. 2009 waren dies bereits 5% aller Rentner.

Dagegen haben die Menschen nach ihrer Pensionierung viel Zeit, um sich sozial zu engagieren, besonders in den ersten zehn Jahren, wo die meisten noch rüstig und aktiv sind, was sie auch zahlreich tun. Sie sollten die Möglichkeit haben diese geleistete ehrenamtliche Tätigkeiten mit Zeitpunkten in einer bundesweiten VORSORGE-ZEITBANK gutgeschrieben zu bekommen um diese zu einem späteren Zeitpunkt für eine gewünschte Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können.

Die Idee einer solchen VORSORGE-ZEITBANK für ehrenamtliche Tätigkeiten ist nicht neu. Im März 2011 wurde sie von Herbert Henzler und Lothar Späth in ihrem Buch „Der Generationen-Pakt: warum die Alten nicht das Problem, sondern die Lösung sind“ aufgegriffen und im Fernsehen dafür geworben. Leider ist der Diskurs hierzu aber zu Erliegen gekommen.

Es gibt eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten für eine vierte Säule der Altersvorsorge (wie sie auch bereits hier im Zukunftsdialog vorgeschlagen werden). Aber die verursachen allesamt Kosten, die von der Gesellschaft zu tragen sind und deshalb politisch in Zeiten leerer Kassen kaum Chancen auf Realisierung haben. Eine bundesweite VORSORGE-ZEITBANK hat den ungeheuren Vorteil, dass sie den Staat (Gemeinde, Land, Bund) praktisch kein Geld kostet, und daher gute Chancen hat, zeitnah politisch umgesetzt zu werden. Für die ZeitBank-Nutzer sind die absolute Unabhängigkeit von Geldentwertung oder gar einer Währungsreform und von politischer Manipulation (Rentenformel!) wesentliche Vorteile.

Karl-Heinz Kock                                                                                       Köln, 03. 02. 2012

https://dialog-ueber-deutschland.bundeskanzlerin.de/DE/10-Dialog/dialog_node.html

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