Seit dem Workshop 2015 im Forum Seniorenarbeit NRW des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) zur Gestaltung einer Lebendigen Nachbarschaft habe ich mich intensiv damit beschäftigt, was eine Nachbarschaft lebendig macht, weil dies eine ideale Voraussetzung ist, um die Zeitvorsorge konkret in einer Untergruppe lokal zu implementieren. Zunächst muss man sich erstmal klar machen, was Nachbarschaft überhaupt ist.
Da ist erst einmal der Umstand, dass es sich bei Nachbarschaft nicht um einen Verein handelt, in dem man Mitglied ist der bestimmte Ziele verfolgt und wo jeder jeden kennt. Die Menschen in einer Nachbarschaft bilden also keine Vereinigung, leben allerdings nicht weit voneinander entfernt, sodass sie sich gelegentlich „über den Weg laufen“ können aber nicht notwendig alle untereinander kennen. Sie leben gewissermaßen in Sichtweite.
Gehen wir mal von einer Person aus. Diese hat unmittelbare Nachbarn, die nebenan wohnen und die man meistens auch persönlich kennt. Nebenan kann hier sowohl sehr unmittelbare Nähe bedeuten, wie in einem Mietshaus, aber auch etwas voneinander entfernt sein, wie z.B. Bauernhöfe. Diese Nachbarn haben ihrerseits unmittelbare Nachbarn, die unsere Ausgangsperson nicht mehr alle persönlich kennt. Und diese haben wiederum Nachbarn, die von der Ausgangsperson noch weiter entfernt wohnen und von denen sie noch weniger kennt und so fort. Das beste Bild hierfür ist wohl das eines Graswurzelnetzwerks.
Einige Dieser Personen haben Kinder, die in die gleiche KiTa oder Schule gehen, sodass sie sich über die Kinder kennen lernen. Andere sind im gleichen Verein (z. B. Stammtisch, Kegelverein, Seniorennetzwerk, Siedlergemeinschaft, Schrebergartenkolonie, Schützenbruderschaft, Sportverein, etc) und kennen sich daher, obwohl sie nicht nahe beieinander wohnen. Und einige Personen sind Mitglied in einer Kirchengemeinde und kennen sich von daher möglicherweise persönlich. Dazu kommt, dass etliche Menschen aus dieser Nachbarschaft in den selben Geschäften oder auf einem Wochenmarkt einkaufen und dort ins Gespräch kommen. Dies alles führt dazu, dass Beziehungen in dieser Nachbarschaft auch über etwas größere lokale Distanzen hinweg entstehen und sich das soziale Netzwerk so verdichtet.
Richtig lebendig aber wird eine Nachbarschaft erst, wenn die Menschen in Ihr etwas gemeinsam „auf die Beine stellen“. Am besten, wenn zusammen gefeiert wird, und zwar über die Zugehörigkeit zu Vereinen hinweg, z.B. mit Straßenfesten, einem Stadtteilfest, Karnevalsumzug, Karnevalssitzung, Martinsumzug, Nikolausfeier, etc. Auch eine Stadtteilkonferenz kann hier verbindend wirken, weil mit ihr die Interessen dieser Nachbarn gegenüber der Stadtverwaltung, der Politik und in dieser Region tätigen Organisationen vertreten werden können. Am allerbesten funktioniert das, wenn in dem betroffenen Stadtteil eine Begegnungsstätte für Besprechungen, Vorträge, Veranstaltungen und Feiern vorhanden ist, die auch ehrenamtlich von den Bürgern*innen betrieben werden könnte. Eine Lebendige Nachbarschaft ist also dann entstanden, wenn ihre Bewohner ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickelt haben, was in Köln „Veedelsjeföhl“ heißt.