Der 13. Dezember 2024

Knecht Ruprecht, alter Gesell, von Hans Theodor Woldsen Storm (1817 – 1888)

Er war ein deutscher Schriftsteller und Dichter. Schon als 15 – jähriger Schüler schrieb Theodor Storm seine ersten Gedichte und Prosatexte. Ob seine Novellen wie „der Schimmelreiter“ der Weltliteratur zuzurechnen sind oder doch eher der Heimatliteratur, freilich auf höchstem Niveau, wird immer wieder diskutiert.

So schrieb er auch das folgende Gedicht „Knecht Ruprecht“. Wer kennt es nicht und es paßt so gut in die Vorweihnachtszeit.

 

Von drauss‘ vom Walde komm ich her;
ich muss Euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein sitzen.
Und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.
Und wie ich so strolcht durch den finsteren Tann
da rief’s mich mit heller Stimme an:
Knecht Ruprecht, rief es, alter Gesell,
hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan.
Alt und Jung sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruh’n;
und morgen flieg ich hinab zur Erden
denn es soll wieder Weihnachten werden!

Ich sprach: O lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist.
Ich soll nur noch in diese Stadt,
wo’s eitel gute Kinder hat.

Hast denn das Säcklein auch bei Dir?
Ich sprach: Das Säcklein, das ist hier,
denn Äpfel, Nuss und Mandelkern
essen fromme Kinder gern.

Hast denn die Rute auch bei dir?
Ich sprach: die Rute, die ist hier.
Doch für die Kinder, nur die schlechten,
die trifft sie auf den Teil, den rechten.

Christkindlein sprach: So ist es recht.
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!
Von drauss‘ vom Walde komm ich her,
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find:
sind’s gute Kind, sind’s böse Kind?