Vorweihnachtszeit

Die Eskalation der Besinnlichkeit

von Hans MaurerTue Nov 05 2002 14:12:33

Ein Situationsbericht zur Vorweihnachtszeit:

Alle Jahre wieder …..

Die lange Zeit der Entbehrungen hat nun ein Ende. Am 20.  September wurden endlich wieder Lebkuchenherzen und Spekulatius gesichtet!!

Dazu passend folgende Geschichte:

„Alle Jahre früher“ oder „Die Eskalation der Besinnlichkeit“:
Montag, 8. Oktober:

Ein schöner Herbsttag – noch einmal Menschen mit lockerer Bekleidung und Sonnenbrillen in den Straßencafes und Biergärten. Bisher keine besonderen Vorkommnisse in der Hauptstraße.

Dann plötzlich um 10.47 Uhr kommt der Befehl von Aldi Geschäftsführer Erich B.: „Fünf Paletten Lebkuchen und Spekulatius in den Eingangsbereich!“ Von nun an überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst reagiert Minimal-Geschäftsführer Martin O. eher halbherzig mit einem erweiterten Kerzensortiment und Marzipankartoffeln an der Kasse.

15.07 Uhr:
Edeka Marktleiter Wilhelm T. hat die Mittagspause genutzt und operiert mit Lametta und Tannengrün in der Wurstauslage.

16.02 Uhr:
Die Filialen von Penny und Extra bekommen Kenntnis von der Offensive, können aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten nicht gegenhalten und fordern ein Weihnachtsstillstandsabkommen bis zum 21. Oktober. Die Gespräche bleiben ohne Ergebnis.

Dienstag, 9. Oktober:

07.30 Uhr:
Im Eingangsbereich von Karstadt bezieht überraschend ein Esel mit
Rentierschlitten Stellung, während zwei Weihnachtsmänner vom
studentischen Nikolausdienst vorbei hastende Schulkinder zu ihren
Weihnachtswünschen verhören. Zeitgleich erstrahlt die Kaufhausfassade im gleißenden Schein von 260.000 Elektrokerzen. Die geschockte Konkurrenz kann zunächst nur ohnmächtig zuschauen. Immerhin haben jetzt auch Karstadt, C&A und Real den Ernst der Lage erkannt.

Mittwoch, 10. Oktober:

09.00 Uhr:
Edeka setzt Krippenfiguren ins Gemüse.

09.12 Uhr:
Minimal kontert mit massivem Einsatz von Rauschgoldengeln im
Tiefkühlregal.

10.05 Uhr:
Bei Karstadt verirren sich dutzende von Kunden in einem Wald von
Weihnachtsbäumen.

12.00 Uhr:
Neue Dienstanweisung bei Extra: An der Käsetheke wird mit sofortiger Wirkung ein „Frohes Fest“ gewünscht. Die Schlemmerabteilung von Real kündigt am Nachmittag Vergeltungsmaßnahmen an.

Donnerstag, 11. Oktober:

07.00 Uhr:
Karstadt schaufelt Kunstschnee in die Schaufenster.

08.00 Uhr:
In einer eilig einberufenen Krisensitzung fordert der aufgebrachte
Penny-Geschäftsführer Walter T. von seinen Mitarbeitern lautstark:
„Weihnachten bis zum Äußersten“ und verfügt über den pausenlosen Einsatz der von der Konkurrenz gefürchteten CD: „Weihnachten mit Mireille Matthieu“ über Deckenlautsprecher.
Der Nachmittag bleibt ansonsten ruhig.

Freitag, 12. Oktober:

08.00 Uhr:
Anwohner der Hauptstraße versuchen mit Hilfe einer einstweiligen
Verfügung die nun von Karstadt angedrohte Musikoffensive „Heiligabend mit den Flippers“ zu stoppen.

09.14 Uhr:
Ein Aldi-Sattelschlepper mit Pfeffernüssen rammt den Posaunenchor „Adveniat“, der gerade vor Karstadt zum großen Weihnachtsoratorium ansetzen wollte.

09.30 Uhr:
Aldi dementiert. Es habe sich bei der Ladung nicht um Pfeffernüsse, sondern um Christbaumkugeln gehandelt.

18.00 Uhr:
In der Stadt kommt es kurzfristig zu ersten Engpässen in der
Stromversorgung als der von Tengelmann beauftragte Rentner Erwin Z. mit seinem Flak-Scheinwerfer Marke „Varta-Volkssturm“ den Stern von Bethlehem an den Himmel zeichnet.

Sonnabend, 13. Oktober:

Die Fronten verhärten sich. Die Strategien werden zunehmend aggressiver.

10.37 Uhr:
Auf einem Polizeirevier meldet sich die Diabetikerin Anna K. und gibt zu Protokoll, sie sei soeben auf dem Minimal-Parkplatz zum Verzehr von Glühwein und Christstollen gezwungen worden. Die Beamten sind ratlos.

12.00 Uhr:
Seit gut einer halben Stunde beschießen Karstadt, Edeka und Minimal die Einkaufszone mit Schneekanonen. Das Ordnungsamt mahnt die Räum- und Streupflicht an. Umsonst.

14.30 Uhr:
Teile des Stadtbezirkes sind unpassierbar. Eine Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes beginnt mit der Bergung von Eingeschlossenen.

Menschen wie Du und ich, die nur mal in der schönen Herbstsonne bummeln wollten.

Also:  F r o h e s  F e s t !

Hans Maurer [/responsivevoice]– hans@red.roses.de

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Rolf Mohr
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