Riehler Geschichte

von J. Brokmeier
Geboren 1944, wuchs er in den Riehler Heimstätten auf und war dort später in verschiedenen Aufgaben von 1969 bis 2004 tätig.
Seit 1984 sammelt er Ansichtskarten von Köln Riehl und befasst sich mit der Geschichte dieses Ortsteils.

Die englischen Soldaten verlassen Köln

Am 6.12.1918 zogen aufgrund des Waffenstillstandsabkommens von Compiègne die ersten britischen Truppen über die Aachener Straße in Köln ein. 50 000 Soldaten waren für den ganzen Brückenkopf Köln vorgesehen. Diese Besatzung hatte auch wegen der großen Kasernen eine direkte Auswirkung auf Riehl.

Englische Soldaten in der Kaserne Boltensternstraße (Repro: J. Brokmeier)

Die Kasernenanlage an der Barbarastraße und die Kasernenstadt Boltensternstraße wurden zunächst mit ca. 3500 englischen Soldaten belegt. Weiterhin wurden viele Soldaten in den neu errichteten Baracken zwischen dem Riehler Gürtel und dem Riehler Tal, sowie zwischen der Garthe- und Barbarastraße untergebracht. Für die höheren Dienstgrade wurden über 100 Häuser um den Botanischen Garten und in der Tiergartenstraße errichtet.

Haus für englische Soldaten an der Riehler Straße (Repro: J. Brokmeier)

Für die mittleren Dienstgrade wurden Mehrfamilienhäuser am Riehler Gürtel und in der Slabystraße gebaut.

Die Kölner Bevölkerung litt anfänglich sehr unter den Anordnungen der Besatzung und erlebte viele Einschränkungen. Am 31.1.1926 verließen die britischen Soldaten Köln.

In dieser Zeit gab es in Köln eine große Wohnungsnot, Es fehlten 5700 Wohnungen für Kölner, die teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen leben mussten. Nun konnte einigen Menschen geholfen werden. Die Mehrfamilienhäuser in der Slabystraße und am Riehler Gürtel wurden durch Kölner Familien belegt. Die Ein- und Zweifamilienhäuser, die durch die Engländer belegt waren, wurden verkauft oder vermietet.

Notunterkunft Kaserne Barbarastraße (Repro: J. Brokmeier)

Eröffnung des ersten Postamtes in Riehl

Alte Riehler kannten immer nur ihr Postamt in der Stammheimer Str. 115. Man muss aber wissen, dass sich auch vorher schon ein Postamt in Riehl befand. Es entstand damals ein großer Bedarf durch den Anstieg der Einwohnerzahlen und durch viele Vergnügungsbetriebe, die sich in Riehl angesiedelt hatten, wie der Zoo, die Flora, die Radrennbahn. Von hier wollten die Besucher ihren Lieben einen Gruß per Post zusenden. Auch durch die Soldaten in den ersten Kasernen wurde die Nachfrage erhöht. So wurde bereits am 1.12.1893 in der Stammheimer Str. 63 das erste Kaiserliche Postamt eröffnet.

Bild der neuen Post (Repro: J. Brokmeier)

Dieses Amt war bald zu klein und die Post errichtete einen Neubau. Das alte Postamt wurde dann als Lokal „Alte Post“ genutzt, bis es im Krieg zerstört wurde. Nach dem Krieg wurde das Haus Stammheimer Str. 63 durch einen Neubau als reines Wohnhaus ersetzt.

Das neue „Kaiserliche Postamt“ wurde in der Stammheimer Str. 115 errichtet und 1910 eröffnet. Diese größeren Räumlichkeiten entsprachen der Zunahme der Bevölkerung und konnten allen anfallenden Aufgaben bis 2007 gerecht werden. Heute befindet sich in diesen Räumen ein Gesundheitszentrum.

Anfang der 1950er Jahre gab es noch das Postamt Riehl 2 in der Eichhornstr. 2/4 (heute Niehler Gebiet).

Am 13.11.2007 wurde das Riehler Postamt 1 aufgelöst und die Aufgaben wurden einer Postagentur übertragen. Leider hat damit die Post die zentrale Lage in der Ortsmitte verloren und die Aufgaben einem Pächter im Riehler Tal 13 übertragen. Am 14. November 2016 erfolgte dann ein erneuter Pächterwechsel. Herr Kamal Popatr übernahm nicht nur die Postagentur, sondern verkauft auch – wie sein Vorgänger – Zeitschriften, Büroartikel und Tabakwaren.

 Postagentur im Riehler Tal 13 (Foto: J. Brokmeier)

Ebenso gab es um 2007/2009 einen Postpoint im Colonia-Haus An der Schanz 2.

Auf eine Besonderheit möchte ich noch hinweisen: Die Zoo-Restauration wurde im September 1939 durch die Wehrmacht beschlagnahmt. Dort wurde eine Feldpostpäckchenstelle eingerichtet, die bis zur Zerstörung am 29.6.1943 die Päckchen aus der Heimat an die Soldaten an der Front weiter leitete.

Die Pferdebahn zum Kölner Zoo

Die private Pferdebahngesellschaft Frederic de la Hault baute die direkte Strecke vom Dom über die Rheinuferstraße bis zum Zoologischen Garten, die am 8.10.1879 eröffnet wurde und damals bereits eine Attraktion für die Kölner – besonders am Wochenende – war. Mit 10 Pfennig je Fahrt war das sicherlich kein billiges Vergnügen. Die Reisegeschwindigkeit betrug 8-10 km in der Stunde und die Kinder machten sich einen Spaß daraus, die Bahn im Wettlauf zu überholen. Auf dieser stark befahrenen Strecke wurden Zweispänner eingesetzt. Auch mussten für die Bahnen Depots und Stallungen für Pferde eingerichtet werden, wie z. B. an der Riehler Straße 200, dem Nordbahnhof, der 1889 fertig gestellt wurde. Hier fanden 115 Pferde und 61 Wagen Platz.

Bild vom Nordbahnhof und vom Zoologischen Garten – Verlag Luib, Straßburg ● 2.12.1917 (Repro: J. Brokmeier)

Zum 1.4.1900 übernahm die Stadt Köln die Pferdebahn in Eigenregie. Die Strecke der Uferbahn bis zum Zoo wurde als erste im Oktober 1901 elektrifiziert, auch wurde eine Triebwagenhalle gebaut. 1902 trat bei den Pferden die „Rotzkrankheit“ auf und so mussten über 70 Pferde notgeschlachtet werden. Damit war das Ende der Pferdebahn absehbar. Am 22.5.1907 nahmen die Kölner feierlich Abschied von der Bahn. Die Wagen waren durch die Gärtner der Flora mit Fähnchen, Blumen und Girlanden geschmückt und bunte Seidenbänder zierten die Peitsche des Kutschers. Unter Begleitung von Fackelträgern und dem Lied: „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus…“ ging es auf die Fahrt von Riehl nach Nippes, wie der Stadtanzeiger schrieb.

 

Das Artillerie-Denkmal am Niederländer Ufer

Da Köln Riehl bis zum ersten Weltkrieg als Garnisonsort mit den Kasernenstandorten Barbarastraße und Boltensternstraße bekannt war, verwunderte es nicht, dass in dieser Region ein militärisches Denkmal errichtet wurde.

Am 3.9.1934 wurde auf dem Gelände des damaligen Kaiser-Friedrich-Ufers (heute Konrad-Adenauer-Ufer) zwischen der Frohngasse und heutigen Elsa-Brändström-Straße der Grundsteinlegung für das „Reichsehrenmal der Deutschen Feldartillerie“ gelegt. Aber erst am 30.8.1936 konnte das Denkmal eingeweiht werden.

Die Weihe am 30.8.1936 (Repro: J. Brokmeier)

Dieses Denkmal, das von dem Bildhauer Hans Dammann (1857 – 1942) entworfen wurde, sollte an den deutschen Feldartillerie-Unteroffizier Theodor Krüger erinnern, der in der Panzerschlacht von Cambrai am 20.11.1917 allein bei seinem Geschütz verblieben war. Nach vielen Treffern verwundet erlag er am 10.12.1917 seinen Verletzungen.

Bei dieser Einweihungsfeier, die gleichzeitig eine Wiedersehensfeier der alten deutschen Feldartillerie war, kam es zu einem Eklat. An einem leeren Fahnenmast wurde von zwei ehemaligen Unteroffizieren die schwarz-weiß-rote Fahne der Kaiserzeit hochgezogen.

Modell des Denkmals (Repro: J. Brokmeier)

1937 wurde der Straßenabschnitt des Kaiser-Friedrich-Ufers zwischen dem Riehler Wall (heute Elsa-Brändström-Straße) und der Frohngasse in Gallwitzufer umbenannt. Der Straßenname erinnerte an den preußischen General Max von Gallwitz (1852 bis 1937). 1946 erfolge die Umbenennung dieses Straßenabschnittes in Niederländer Ufer und 1967 in Konrad-Adenauer-Ufer.

Im Krieg wurde das „Ehrenmal“ stark beschädigt und zum Kriegsende die Skulptur eingeschmolzen. Der Sockel mit der Inschrift wurde 1945 von den Engländern gesprengt.

Die Treppe, die heute vom Konrad-Adenauer-Ufer zum Skulpturenpark führt, ist noch ein Rest der Anlage.

Die chemische Fabrik Weiler ter Meer

1840 wurde vor den Toren von Köln die Chemische Fabrik Wöllner in Riehl am Mülheimer Weg, der später in Riehler Straße umbenannt wurde, gegründet. Sie stellte Soda und Salpetersäure her. Das Firmengelände lag etwa dort, wo sich heute die Straßenbahnhaltestelle Boltensternstraße befindet. Das Werksgelände reichte bis zum Rhein und östlich bis über die heutige Straße An der Schanz hinaus.

Die Gründung von Firmen vor den Toren von Köln war damals häufig, wie zum Beispiel in Ehrenfeld oder Nippes, weil es in der Stadt keinen Platz für solche Fabriken gab, aber dennoch die Arbeitsstellen für die Kölner fußläufig erreichbar waren. In der näheren Umgebung an der heutigen Riehler Straße entwickelte sich ein Industrieviertel mit der Chem. Fabrik Hilgers, dem Sägewerk Auer und vielen kleineren Holzverarbeitungen.

Lageplan der Firma Weiler ter Meer in Riehl (Repro: J. Brokmeier)

Am 20.7.1881 übernahm die Fa. Weiler ter Meer aus Ehrenfeld die Fabrik, die sich 1889 mit den Chemischen Fabriken in Uerdingen (später Bayer-Konzern) zusammenschloss. Bis zu ihrer Schließung und der Verlagerung der Produktion nach Krefeld-Uerdingen 1913 wurde in Riehl weiterhin produziert.

Die Stadt Köln übernahm damals das Betriebsgelände und quer von der Riehler Straße bis zum Rhein wurde eine Straße gebaut, die wir heute als die Straße „An der Schanz“ kennen und die Verbindung von der Riehler Straße zum Niederländer Ufer brachte. Die Fabrikgebäude und einige Wohnhäuser wurden in dem Zusammenhang um 1930 niedergelegt.

Gründung der Riehler Heimstätten

Um die Probleme der wirtschaftlichen Not, Wohnungsnot, Altersarmut in Köln zu lindern und den Platzmangel im ehemaligen Invalidenheim in der Quentelstraße zu bewältigen, beschloss die Stadtverordnetenversammlung am 15.2.1926 auf Anregung von Frau Dr. Hertha Kraus den Bau einer „Altenstadt“ in den Kasernen Boltensternstraße, die später den Namen „Riehler Heimstätten“ führen sollte.

Geplant war durch Umbau der alten Kaserne die Schaffung von 560 Kleinstwohnungen für 732 „alte Leute“, im Pflegeheim sollten 600 „Sieche gepflegt und versorgt“ werden und im Versorgungsheim sollten 800 „erwerbsbeschränkte und bewahrungsbedürftige Personen“ unter Verwertung der noch vorhandenen Arbeitskraft untergebracht werden.

Ziele waren die Versorgung der alten Menschen mit finanzierbarem Wohnraum und Gewinnung größerer Wohnungen im Stadtgebiet für junge Familien. Weiterhin sollten die Krankenhäuser entlastet werden und so Plätze für behandlungsbedürftige Personen frei werden. Auch konnte so das veraltete städtische Invalidenheim Quentelstraße (Vorläufer der Riehler Heimstätten) geschlossen werden.

Die Planung ging auf die damalige Leiterin des Wohlfahrtsamtes Frau Dr. Hertha Kraus zurück, die lange in Amerika gelebt hatte. Zum 1.11.1927 konnten bereits die ersten Bewohner einziehen. Erst 1932 war dann die endgültige Belegung abgeschlossen. Die „Altenstadt“ mit dem Namen Riehler Heimstätten hatte Modellcharakter und fand bis nach Japan Beachtung.

Die Riehler Heimstätten (Repro: J. Brokmeier)

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