Buchempfehlungen

von Elisabeth Sternberg

Buchempfehlung von Elisabeth Sternberg. Heute: Susanne Matthiessen, Ozelot und Friesennerz, Roman einer Sylter Kindheit

Die Lieblingsinsel der Deutschen wird momentan von Menschen geradezu „geflutet“, die bislang dort nicht zu sehen waren: die 9-Euro-Ticket-Leute. Man nimmt den ungewohnten Zustrom zwar hin, ist aber nicht sonderlich ergötzt…

Zum Thema „Sylt“ passt nun ganz besonders ein Buch, das die Insel zu einer Zeit beschreibt und erlebbar macht, als noch „echte“ Sylter die Insel bevölkerten, der Boom der Reichen und Schönen sich langsam ausbreitete. Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist das Wohnen und Leben dort mittlerweile so teuer geworden, dass die Auswanderung aufs Festland notwendig geworden ist. Da zudem die Geburtsstation auf der Insel geschlossen wurde, wird in keinem Pass mehr stehen „Geburtsort Sylt“.

Susanne Matthiessen ist 1963 auf Sylt geboren und schildert in dem amüsanten, aber auch hintergründigem Buch ihre Kindheit in den 70er Jahren. Neben aller Leichtigkeit schaut sie mit kritischem Blick auf die Entwicklung der Insel, wo sich immer mehr großer Reichtum fern ab vom „normalen Leben“ breit gemacht hat. Den Beginn dieser Zeit erlebt sie als Kind einer Familie, die vom Kürschnerhandwerk lebte, eine Zunft – die quasi ausgestorben ist und sich keiner Wertschätzung mehr sicher sein darf.

Auch wenn Sie mit der Problematik des Insellebens bereits vertraut sind – lesen Sie dieses Buch!

Es liest sich wie ein Glas Sekt, prickelnd und süffig – allerdings mit einem faden Nachgeschmack, wenn es um die Zukunft der Insel geht…

Hörenswert: WDR 5 “Tischgespräch” vom 1.6.2022, in dem die Autorin von Promis, Prunk und Punks auf der Insel erzählt

https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/tischgespraech/susanne-matthiessen-104.html

Ullstein Taschenbuch 2021, ISBN: 978-3-548-06508-3, 11 €

(Die gebundene Ausgabe erschien zuerst 2020, wurde ein Bestseller) auch als Hörbuch oder E-Book lieferbar

In der Stadtbibliothek vorhanden

Buchempfehlung von Elisabeth Sternberg. Heute: Bernhard Jaumann, Der Turm der blauen Pferde

Nach der Osterpause nun meine nächste Buchempfehlung: Schon beim letzten Mal ging es um ein Buch, das sich mit Kunst befasst – und so ist es auch heute.

Und auch diesmal zitiere ich hier den Klappentext:

Zwei Jungs entdecken in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in einem verlassenen Tunnel einen Zug, randvoll mit Kunstschätzen. Vor allem das Gemälde mit den geheimnisvollen blauen Pferden fasziniert sie – doch dann kommt es zur Katastrophe. Und Franz Marcs ‘Der Turm der blauen Pferde’ verschwindet für immer. Oder…?“

Franz Marcs legendäres Gemälde war einst von den Nazis zur ‘entarteten Kunst’ erklärt worden. Es wanderte in den Privatbesitz von Hermann Göring und gilt seit Kriegsende als verschollen. Da meldet sich ein reicher Industrieller beim Ermittlerteam der Kunstdetektei von Schleewitz – und behauptet, auf abenteuerlichen Wegen in den Besitz des Bildes gelangt zu sein. Ist es wirklich das Original? Woher stammt das neu aufgetauchte Bild? Das Team beginnt zu ermitteln, in der deutschen Vergangenheit und in den Kunstkreisen der Gegenwart. Die drei Privatdetektive stoßen auf abenteuerliche Geschichten – und blutige Spuren…“

Ich habe das Buch mit spannungsgeladenem Interesse gelesen. Krimi, Kunst und geschichtlicher Hintergrund – eine lesenswerte Lektüre!

Galiani Verlag 2019, ISBN: 978-3-86971-141-6, Klappenbroschur, 15 €

In der Stadtbibliothek vorhanden

Buchempfehlung von Elisabeth Sternberg. Heute: Malte Herwig, Francoise Gilot – die Frau, die Nein sagt

Untertitel: Ihr Leben mit und ohne Picasso

Mit einem Bildteil zu Leben und Werk

Falls Sie sich für Kunst und Künstler interessieren, habe ich ein sehr lesenswertes Buch für Sie!

Vor einiger Zeit hörte ich im Radio ein Gespräch mit Malte Herwig über seine Interviews mit F. Gilot (geb. Nov. 1921!). Gleich darauf besorgte ich mir das Buch, und ich habe den Kauf nicht bereut!

Hier der Klappentext, der eine gute Zusammenfassung des Inhalts wiedergibt:

Für Pablo Picasso blieb sie ein Rätsel, und sie war die einzige Frau, die ihn verließ. F. Gilot ist Malerin, Wahrheitssuchende, Rebellin. Die Mutter von Claude und Paloma Picasso öffnete Malte Herwig die Türen ihrer Ateliers in New York City und Paris und sprach mit ihm über zentrale Fragen des Lebens: Worauf kommt es wirklich an? Ein Buch über die Kunst. Und über die Kunst eines erfüllten Lebens.“

Die Originalausgabe des Buches ist vergriffen und erschien schon 2015, als Taschenbuch ist es aber erst seit Dezember letzten Jahres erhältlich.

Diogenes Taschenbuch, ISBN: 978-3-257-24606-3, 14 €

In der Stadtbibliothek ist sowohl das Taschenbuch als auch die Originalausgabe vorhanden.

Neues Buch von Toni Buhz: Puuteverzäll

Der “kölsche Poet” Toni Buhz hat ein kleines, äußerst charmantes Buch im Eigenverlag herausgebracht. Ein Büchlein auf Kölsch, das von vorne bis hinten von “Puute – Pänz un Klein Ströpp” handelt, also von Kindern, deshalb ist es auch seinen zwei Kindern und den sechs Enkelkindern gewidmet. Gedichte und Kurzgeschichten wechseln sich in loser Reihenfolge ab. Hier eine Kostprobe:

Dauerwelle
Et soß der Ühm met singem Fetz
jenöchlich beienein.
Hä dät verzälle dit un dat,
dat maat vill Freud dem Klein.

Su soßen se en janze Wiel,
de Jroß wor beim Friseur.
Et doorte un de Zick wood lang,
bes endlich jingk de Döör.

Met Dauerwelle, frisch jelaaht
kom en de Stuvv de Jroß.
Dä Ühm, dä knottert vör sich hin:
Wat dat allt widder koss!

Dä Klein, dä strich dem Ühm de Plaat,
hä hat et jlich erkannt:
“Do bruchs kein Welle, leeve Ühm,
bei dir ess nur noch Strand!”

Auf über 160 Seiten wird unter anderem dem Puutedoktor von Riehl, Henner Berzau, gedacht, der Kindheit im Krieg und Zint Bärb, der heiligen Barbara. Natürlich werden auch die kleinen “Vergehen” nicht verschwiegen wie das nächste Gedicht zeigt:

Schläch
Leeve Jung, wie sühs do us?
Bes su blässches öm de Nas.
Setz do wie e Häufche Älend.
Häs am Spille keine Spaß.
Wees mer doch kei Fieber grieje.
Leeve Stropp, dat dät mer leid.
Och kei Masere ov Scharlach
udder söns en Üvvelkeit.
Docj jetz deit et bei mer lügge,
ich ben rackweg vun de Socke.
Wie ich ävvens vör der Döör wor,
häas do aan der Pief jetrocke.

Das Buch kann für 12 Euro bei Toni Buhz bezogen werden: Telefon 71 44 73 oder per Mail toni.buhz@gmx.de

Buchempfehlung von Elisabeth Sternberg. Heute: e.o. plauen, Vater und Sohn

Heute empfehle ich mal etwas ganz anderes: keinen Roman, auch kein Sachbuch, sondern ein Buch mit zwei sehr liebenswerten Personen, die vielen von Ihnen sicher bekannt sein dürften: Bildergeschichten, die einen Vater mit seinem Sohn in verschiedenen Situationen zeigen. Immer wieder schlägt der Kleine über die Stränge, wird aber von seinem verständnisvollen Vater aus jeder Bredouille herausgeholt, oder er bringt sich selbst in eine heikle Lage.

“‘Die »Vater und Sohn”‘-Zeichnungen sind Erinnerungen an meine Kindheit, ausgelöst durch die Freude am eigenen Sohn.“ (Erich Ohser)

Warum nicht einmal in trüben Zeiten sich an alten Comics erfreuen, die so warmherzig sind und uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern!

e.o.plauen ist das Pseudonym von Erich Ohser aus Plauen (1903 – 1944). Als politischer Zeichner konnte er unter den Nationalsozialisten nicht mehr arbeiten. Nach seinem Berufsverbot begann er für die „Berliner Illustrierten Zeitung“ die Geschichten von Vater und Sohn zu zeichnen. Die Bildergeschichten wurden schnell beliebt und sind heute in vielen Ländern bekannt – sicher auch, weil sie ohne Text auskommen. Ohsers Gegnerschaft zum Regime wurde ihm schließlich zum Verhängnis: von seinem Nachbarn 1944 denunziert sollte ihm der Prozess gemacht werden. Einen Tag vor Prozessbeginn am Volksgerichtshof erhängte er sich. Man mag kaum glauben, dass ein Mensch mit seinem schicksalhaften Leben und grausamen Tod diese warmherzigen, fröhlichen Bildergeschichten geschaffen hat.
Seit 1995 wird alle drei Jahre der e.o.plauen – Preis für zeitgenössische Karikaturisten sowie ein Förderpreis verliehen. Zuletzt erhielt ihn 2020 Michael Sowa (illustrierte u.a. Bücher von Axel Hacke und Elke Heidenreich).

Es gibt diverse Ausgaben – eine davon: e.o.plauen, Vater und Sohn – Sämtliche Abenteuer

Hardcover, Anaconda Verlag, ISBN: 978-3-7306-0220-1, 7,95 €

In der Stadtbibliothek sind verschiedene Ausgaben verfügbar.

Buchempfehlung von Elisabeth Sternberg. Heute: Ursula Ott, Das Haus meiner Eltern hat viele Räume

Ursula Ott, Das Haus meiner Eltern hat viele Räume

Vom Loslassen, Aufräumen und Bewahren

Räumen, aufräumen, ausräumen… Ein Thema, das viele von uns nur allzu gut kennen – allerdings geht es hier nicht um das leidige Aufräumen des Kellers etc., sondern:

Das Buch ist im weitesten Sinn ein „biografisches Sachbuch“. Es ist keine trockene Lektüre, sondern die Journalistin Ursula Ott (geb. 1963) erzählt, wie sie, ihre Schwester und vor allem ihre Mutter Abschied nehmen vom Haus, das 50 Jahre das Zuhause der Mutter war.

Es geht nicht nur um die Frage, wohin mit all den angesammelten Dingen, sondern auch um die Gedanken: Was macht es mit uns, wenn wir in die Vergangenheit eintauchen – denn das geschieht automatisch beim Anschauen, Überlegen und Sortieren? (Ganz praktische Vorschläge fürs Weggeben findet sich im Anhang des Buches als „ABC der Dinge“ – von Angelzeug über Puppen bis Zinn.)

Die Mutter ist 87 Jahre alt, als sie in ein Seniorenheim zieht. Auf die immer wieder gehörte Redewendung „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“ antwortet Ursula Ott: Der Baum braucht einfach ein bisschen Zeit. … Und ich bin mir sicher, sie konnte viele neue Verknüpfungen im Hirn herstellen. Denn dass man seine alten Eltern im vertrauten Zuhause lässt, heißt doch auch: Man traut ihnen nicht mehr zu, neue Dinge zu lernen. Dabei hat die Altersforschung längst belegt, dass ein Hirn bis zum Schluss elastisch bleibt.… Klar, kann man immer dieselben Wege gehen, es ist auch bequem. Aber dann knüpfen auch die Nerven im Hirn keine neuen Knoten. Lohnt sich nicht mehr.“

Verlag btb, Taschenbuch 2021, ISBN: 978-3-442-77056-4, 10 €

Auch als E-Book. In der Stadtbibliothek vorhanden

Es gibt ein anderes, wunderbares Buch zum Thema:

Lydia Flem, Wie ich das Haus meiner Eltern leer räumte

Es geht hier noch mehr in die „Innereien“ der Gefühle. Die Autorin (geb. 1952) ist eine französische Psychoanalytikerin. Der Unterschied zum vorgenannten Buch: die Eltern sind beide verstorben.

Ich zitiere hier den Umschlagtext: Ein universelles Thema – über das doch keiner spricht. Lydia Flem tut es, auf taktvolle, poetische, sehr persönliche Weise. Sie beschreibt dabei ihre gemischten Gefühle der Trauer und des Schuldbewußtseins, des Grolls und der Erleichterung.“

SchirmerGraf Verlag München 2004, ISBN: 3-86555-011-8

Leider ist das Buch vergriffen, nur noch antiquarisch/gebraucht zu bekommen. Leider auch nicht in der Stadtbibliothek…

Posts Navigation