Riehler Geschichte

von J. Brokmeier
Geboren 1944, wuchs er in den Riehler Heimstätten auf und war dort später in verschiedenen Aufgaben von 1969 bis 2004 tätig.
Seit 1984 sammelt er Ansichtskarten von Köln Riehl und befasst sich mit der Geschichte dieses Ortsteils.

Tschö, Joachim Brokmeier

Gestern veröffentlichte Stadtteil-Historiker Joachim Brokmeier seinen letzten Artikel hier an dieser Stelle.

Das Redaktionsteam von daheim-in-riehl sagt DANKE für viele interessante, spannende und kuriose Beschreibungen aus unserem kleinen Veedel. Alle Artikel können Sie hier nachlesen.

Über Jahrzehnte hat der ehemalige SBK-Mitarbeiter historische Dokumente, meist Ansichtskarten aus Riehl, gesammelt und die Historie des Stadtteils akribisch recherchiert, archiviert und aufgeschrieben.

Vier Bücher hat der 79-Jährige im Lauf der Jahre veröffentlicht, zahlreiche Ausstellungen in den Schaufenstern auf der Stammheimer Straße und im Waagehaus, Kölns kleinster Galerie, zusammengestellt und mehrmals im Jahr interessierte Bürgerinnen und Bürger durch Riehl und das Gelände der Riehler Heimstätten geführt. Er wirkte mit an der Broschüre der Stadt Köln “Mehr Bewegung in jedem Alter – ein Rundgang mit Tiefgang”, ein Spaziergang durchs Veedel vorbei an historischen und neuen Stationen.

Auf seiner Homepage www.joachim-brokmeier.de kann ein Teil seiner umfangreichen Sammlung betrachtet werden. Weitergehende Informationen finden sich unter www.riehler-geschichten.koeln.

In Zusammenarbeit mit Silberdistel TV und der Filmemacherin Christiane Beumer führt Brokmeier in zwölf Filmen mit dem Titel “Riehl entdecken” durch das Zoo- und Flora-Viertel. Diese Filmreihe finden Sie hier unter dem Menüpunkt “Riehl”. Ebenfalls mit dem Team von Silberdistel TV entstand die Reihe “Alte Ansichtskarten erzählen”, auch unter “Riehl” weiterhin anzusehen. Dies ist nur ein Ausschnitt seiner Aktivitäten.

Auch wenn Joachim Brokmeier uns nicht mehr mit neuen Geschichten unterhält – sein historischer Fundus ist so enorm, dass es sich immer lohnt zum Beispiel auf daheim-in-riehl zu stöbern.

Ortsgrenzen von Riehl

In meinem letzten Artikel für „Daheim-in-Riehl“ möchte ich mich grob mit den Ortsgrenzen von Riehl befassen.

Recht unstrittig ist die Grenze von Riehl zum Rhein hin, auch wenn der Fluss im Laufe der Jahrhunderte in seinem Verlauf variierte und sich sogar ein neuer Arm zwischen Riehl und Nippes bis nach Worringen versuchte. So hätte Riehl fast im Rechtsrheinischen gelegen.

Das Altenberger Kreuz (Detail) Foto Peters

Im Süden sieht es da schon anders aus. Ursprünglich reichte Riehl bis fast an die Kölner Stadtmauer. Im „Weißtum der Herrlichkeit Riehl“ aus dem Jahr 1563 wurde der Abtei Altenberg diese Viehtrift ausdrücklich zuerkannt. Später wurde der „Bischofsweg“ als Grenze angesehen und verlief im Süden etwa im Bereich der heutigen Worringer Straße. Durch die Kölner Stadterweiterung im Jahr 1883 verschob sich die Grenze im Süden erneut bis etwa zur heutigen Elsa-Brändström-Straße. Und 1954 wurde die Grenze zwischen Riehl und der Neustadt-Nord an die Frohngasse verlegt.

Auch im Westen gab es Verschiebungen. Ursprünglich verlief die Ortsgrenze entlang der Niehler Straße, was man noch an dem „Altenberger Kreuz“ an der Ecke Weidenpescher Straße sehen kann. So lag zum Beispiel die Riehler Gaststätte „Zum letzten Stüber“ am Beuelsweg, der heute zu Nippes gehört. Vielen Firmen an der Xantener und Amsterdamer Straße gaben „Köln Riehl“ als Adresse bekannt (Opekta, Rhein-Kabel, Siemens, Plakate Thomas). Auch das Postamt Riehl 2 lag außerhalb des heutigen Veedels in der Eichhornstr. 2-4. Heute verläuft die Ortsgrenze über die Amsterdamer Straße.

Der Norden war von der Verschiebung der Ortsgrenzen genau so betroffen. Wie Peusquens schrieb, ging vom Altenberger Kreuz die Grenze zum Rhein hin bis zur „Stammeler Fahr“. Die Stammheimer Fähre kam damals etwa dort an, wo sich heute die Einfahrt zum Niehler Hafen befindet. Das deckt sich mit dem Eintrag im Adressbuch von 1914. Danach begann Niehl erst mit der Hausnummer Boltensternstraße 351. Und so wie der Ausbau des Niehler Hafens voranschritt, so verschob sich die Grenze von Riehl in Richtung Süd-Ost, z.B. bis zur Flemingstraße. Durch die kommunale Gebietsreform von 1975 wurde dann endgültig der Verlauf der Gürtelbahn als nördliche Grenze von Riehl festgelegt.

Hochbahn Boltensternstraße
Foto Krull 2023

Man sieht, Riehl hat im Laufe der Zeit viele Gebiete an Köln, Nippes und Niehl abgeben müssen. Trotzdem ist es immer noch ein interessanter und geschichtlich wichtiger Stadtteil von Köln.

Einige Grenzpunkte habe ich nur grob angesprochen. Hier muss die Forschung zukünftig noch versuchen, die alten Marksteine und Grenzmarkierungen genauer zu verorten.

Auf Wiedersehen

Altersbedingt stelle ich meine Beiträge in „Daheim-in-Riehl“ ein. Mit 72 Artikeln habe ich versucht, den Lesern die Geschichte von Riehl nahe zu bringen und ich hoffe, das ist mir auch gelungen. Viele nette Rückmeldungen in persönlichen Gesprächen haben mich immer wieder motiviert.

Ich möchte mich für Ihr Interesse bedanken. Ein Dank gilt auch dem Redaktionsteam von “Daheim-in-Riehl”, das den Raum für die Artikel bereitgestellt hat.

Brand in den Riehler Heimstätten vor 42 Jahren

Das war das schlimmste Ereignis für die Bewohner des Heims nach dem Zweiten Weltkrieg. Was war passiert?

Feuerwehr im Einsatz an Haus AV am 24.5.1981 Foto: Feuerwehr Köln

Durch eine Unachtsamkeit des katholischen Geistlichen, der im Haus AV unter der Wohnung des Direktors wohnte, brach am Sonntagmorgen um 6 Uhr ein Feuer aus, das sich in Minutenschnelle im Haus ausbreitete. Die diensthabende Schwester informierte die Pforte, die sofort die Feuerwehr informierte. Diese traf mit 60 Kräften am Unfallort ein.

Die Wohnung des Seelsorgers brannte völlig aus, dichte Rauchschwaden durchzogen das Haus und versperrten vielen Bewohnern die Fluchtwege.

Von den 70 Heimbewohnern mussten 20 Damen und Herren durch die Feuerwehr ins Freie gebracht und sechs Bewohner über Drehleitern gerettet werden. Der Geistliche und eine Bewohnerin wurden ins Krankenhaus gebracht. Weitere Personenschäden waren Gott sei Dank nicht zu verzeichnen.

Zunächst wurden die anderen Bewohner im Flur des Hauses P 1 untergebracht und erhielten dort eine Erfrischung. Nach Abschluss der Löscharbeiten konnten einige Bewohner zurück in ihre Zimmer, andere wurden in anderen Häusern des Heimes untergebracht.

Haus AV nach der Renovierung Repro: J. Brokmeier

Man kann sich den Schreck der Bewohnerinnen und Bewohner vorstellen und heute muss man noch dankbar sein, dass durch den tatkräftigen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Feuerwehr nicht mehr passiert ist.

Zur Orientierung: Das Haus AV besteht heute nicht mehr. Es lag etwa östlich der katholischen Kirche, wo sich heute Haus 5 befindet. Es wurde zunächst wieder baulich hergerichtet. 2014 wurde das Gebäude abgebrochen, um Platz zu schaffen für den Neubau des Hauses 5.

Die Sportfreunde 1893 e.V.

1893 wurde der Wanderverein „Frohsinn – Einigkeit“ gegründet. Er konnte zunächst auf der Mülheimer Heide, dem Militärgelände zwischen der Boltensternstraße und dem Rhein, trainieren und widmete sich hier dem Langstreckenlauf.

Auf dem Spielfeld Repro: J. Brokmeier

1911 schloss sich der Verein mit dem „Kölner Fußballclub Preußen 1906“ zur „Sportvereinigung 1893 Köln“ zusammen und konnte schnell im Fußball deutliche Gewinne erringen.

Von 1914 bis 1918 wurde das Vereinsleben durch den Krieg unterbrochen und die Sportler finden 1922 in Riehl wieder eine neue Heimat. Bereits 1930 musste der Spielplatz wegen des Baus der Mülheimer Brücke verlegt werden.

Das alte Klubheim Repro: J. Brokmeier

1945 bemüht sich der Verein wieder um die Belebung des Sports und richtet den ersten Geländelauf am Kuhweg aus. 1949 konnte der Wiederaufbau des Sportplatzes abgeschlossen und eine neues Klubheim errichtet werden. Wegen des Ausbaus des Niehler Hafens musste der Platz 1968 erneut seinen Standort wechseln. Nach dem Ende des Tivoli-Parks 1975 konnte der Verein ein Gebäude die ehemalige Hazienda des Vergnügungsparks erwerben und als Klubheim nutzen.

Durch die kommunale Neuordnung 1975 gehört der Platz nunmehr zu Niehl.

Um auch bei Dunkelheit spielen zu können, wurde 1984 die Flutlichtanlage fertig gestellt. 1993 feiert der Verein sein 100-jähriges Bestehen und bekommt 2011 ein neues Klubheim.

Das neue Clubheim Repro: J. Brokmeier

2013 fusionieren der Verein Sportfreunde 93 und Viktoria Köln unter dem Namen Viktoria Köln. Der Verein hat die Spielstätte in Niehl zwischenzeitlich aufgegeben und den Platz hat der Hockey-Verein KKHT übernommen.

Die Namen der Fischersiedlung werden aufgegeben

Am 10.12.1968 wurden die Straßennamen Aalweg, Anglerweg, Barbenweg, Block Boltensternstraße, Block Kuhweg, Fischerweg, Karpfenweg, Schleienweg und Uferweg in der Riehler Fischersiedlung aufgegeben. Wo befanden sich die Straßen und was war passiert?

Ab 1795 wurde die Mülheimer Heide – das Gelände zwischen der Boltensternstraße und dem Rhein – zunächst durch das französische Militär, dann durch die deutschen Soldaten und schließlich bis 1926 durch die britischen Besatzungssoldaten als militärisches Übungsgelände und für Schießstände genutzt. Nach dem Abzug der Engländer 1926 lag das Gelände brach und die ersten Kleingärten wurden angelegt.

Die Kaffeewirtschaft der Frau Ant. Kracht Repro: J. Brokmeier

1929 wurde im Zusammenhang mit dem Bau der Mülheimer Brücke und durch den Bau eines Deiches in Verlängerung des Niederländer Ufers bis zum Molenkopf nach Niehl das Gelände der Mülheimer Heide an der Ostseite verkürzt. Als weitere Maßnahme wurde ein Fußweg geschaffen, den wir heute als ausgebaute Straße mit den Namen „Kuhweg“ kennen.

Um 1930 entstanden hier die ersten Behelfsbauten im Barackenstil. Bereits 1935 konnte man 18 Häuser zählen, die noch alle unter der Anschrift „Kuhweg“, aber ohne Hausnummer aufgeführt wurden. Hierzu gehört auch die Kaffeewirtschaft der Frau Ant. Kracht.

Familie Soujon vor ihrem Haus Repro: J. Brokmeier

Im Laufe der nächsten Jahre baute man die im Volksmund genannte „Fischersiedlung“ weiter aus. Besonders im Krieg und in der Nachkriegszeit siedelten sich hier, wie auch in den Schrebergärten, ausgebombte Kölnerinnen und Kölner sowie viele Flüchtlingen an und errichteten Notunterkünfte, auch wenn die Energieversorgung und Abwasserentsorgung nicht immer gegeben war. Häufig war in den Gärten eine Wasserpumpe in der Nähe einer Versickerung.

Im oder nach dem Krieg erhielten die Straßen und Wege zur besseren Orientierung die eingangs erwähnten Namen. 1961 erinnerte sich die Stadt Köln an den alten Plan aus den 1920er Jahren zum Ausbau des Niehler Hafens. Hierzu war es erforderlich, dass die „Fischersiedlung“ geräumt wurde. Auch wurde das Gelände zum Ausbau der Zufahrtsstraße zur Mülheimer Brücke in Verlängerung der Gürtelstraße benötigt. Außerdem mussten einige Sportanlagen verlegt (Sportfreunde’93) oder abgerissen werden, wie das Stadion des Polizeisportvereins.

Hafenbecken Foto: Kehl

Wie einem Zeitungsartikel von 1961 zu entnehmen ist, gab es heftige Proteste der Bewohner, die ihre Häuschen mit hohem Aufwand liebevoll errichtet und gepflegt hatten. Es half aber nichts, das ganze Gelände wurde geräumt, auf einem Teil entstand der Hafen und die notwendigen Zufahrtsstraßen.

Durch den Fortfall der Bebauung entfiel auch die Notwendigkeit einer Straßenbenennung. Am 29.11.1960 wurden die Namen Block Boltensternstraße und Block Kuhweg gelöscht und am 10.12.1968 verschwanden die Straßennamen der Fischersiedlung.

Gaststätten für die englischen Soldaten

Am 6.12.1918 marschierten die englischen Besatzungssoldaten über die Aachener Straße nach Köln ein. Bereits am 31.12.1918 legte die Britische Militärverwaltung fest, welche Gaststätten durch die englischen Soldaten besucht werden durften. Durch die großen Kasernenanlagen in der Boltenstern- und Amsterdamer Straße sowie die vielen Militärbaracken zwischen Riehler Gürtel, Riehler Tal, Esenbeck- und Garthestraße waren in Riehl sehr viele Militärangehörige untergebracht.

Gaststätte „Zur Krone“ Repro: J. Brokmeier

Auf die „erlaubten Gaststätten“ in Riehl möchte ich eingehen. Für Unteroffiziere war die Gaststätte „Zur Krone“ in der Riehler Straße 225 zugelassen. Der Betrieb wurde durch Hubert Teves mit seinem Schankwirt Gabrielli geführt. Heute befindet sich auf dem Grundstück das Autohaus Nord. Für die Mannschaftsgrade waren weitere fünf Gaststätten in Riehl erlaubt.

Gasthaus Betscher Repro: J. Brokmeier

Die Gaststätte Betscher an der Stammheimer Str.160 / Ecke Boltensternstraße hatte eine lange Tradition. Sie wurde bereits 1895 erwähnt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus zerstört und war nach dem Neubau in den 1970er Jahren als „Zum Treppchen“ bekannt.

Neben dem Zoo lag das Restaurant Haumann, Riehler Straße 169, das bereits 1877 erwähnt wurde und um 1920 durch die Witwe des ehemaligen Besitzers geführt wurde. Das Grundstück der Gaststätte würde heute unter der Zoobrücke zu finden sein. Niedergelegt wurde die Gaststätte Ende der 1920er Jahre im Zusammenhang mit dem Ausbau des Grüngürtels.

Restaurant Haumann Repro: J. Brokmeier

Die Gaststätte „Zum Hähnchen“ befand sich in der Hittorfstr. 25, an der Ecke zur Boltensternstraße, und wurde durch den Wirt Peter Reiss bewirtschaftet. Vor dem ersten Weltkrieg war die Gaststätte bei den Soldaten der Kaserne Boltensternstraße sehr beliebt und später trafen sich hier die Bewohner der Riehler Heimstätten. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und heute befindet sich in dem neu erbauten Eckhaus ein Wohngebäude.

Gaststätte Meiss Repro: J. Brokmeier

Die Gaststätte Meiss an der Riehler Str. 231 wurde durch Gottfried Meiss betrieben. Diese Gasthaus war bis zum Jahr 2012 bei den Riehlerinnen und Riehlern sehr beliebt und als „Monheimer Hof“ bekannt. Die Gaststätte „Stammheimer Hof“, in der Stammheimer Str. 100 wurde um 1900 errichtet und durch Theo Steinbüchel betrieben. Diese Gaststätte wurde im Krieg zerstört und wird nach einem Wiederaufbau und einer baulichen Ergänzung bis heute betrieben. Sie ist als „Körner’s“ bis heute bei der Riehler Bevölkerung sehr angesagt.

Stammheimer Hof Repro: J. Brokmeier

Alle anderen Riehler Gaststätten waren für die britische Soldaten nicht zugelassen. Ob sich daran alle gehalten haben?

 

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