Erfolgserlebnisse eines Rentners …

Das kann ja wohl nicht alles gewesen sein

Nicht ganz ernst gemeinte Anmerkungen eines Neurentners

Den Übergang vom Berufsleben in das Rentnerdasein erleben viele meiner „Leidensgenossen“ unterschiedlich. Nach einem „strammen“ Arbeitsalltag wartet auf den agilen Neurentner ein Leben mit neuen Aufgaben. Bildete gestern noch ein aufregender Arbeitsalltag mit all seinen Unwägbarkeiten, den beruflichen Streitereien, den Erfolgen und Misserfolgen, den Mittelpunkt des Tages, so sind es heute die ganz großen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt.

Betrachtet man den Tagesablauf eines Rentners, so beginnt dieser zunächst einmal gut zwei Stunden später als früher, was wiederum bedeutet das der Tag um 2 Stunden kürzer ist, denn – die Ruhezeiten (in meinem Fall ab 22.00 Uhr) müssen unbedingt eingehalten werden.

Somit beginnt also der Morgen schon mit der Erkenntnis, wir laufen hinter der Zeit her. Wichtigste Tätigkeit am Morgen: Der Hund muss raus! Dieser hat ebenfalls das Rentenalter erreicht, ist ohnehin etwas träge und würde gerne ausschlafen. Aber: Die Morgenrunde muss sein und das erste Erfolgserlebnis für Herrchen: Er macht sein großes Geschäft. Der erste Erfolg des Tages, der Hund hat sich entleert, der Haufen wurde aufgesammelt und entsorgt. Endorphine (bei Herrchen) wurden ausgeschüttet und der erfolgreiche Tag kann seinen Lauf nehmen.

Während des Rückweges überlegen, was liegt heute an, was gibt es Wichtiges zu beachten. Im Tank des Autos ist Platz, mal sehen was das Benzin kostet und eventuell den Tank auffüllen. Man weiß ja nie ob man nicht eine volle Tankfülle benötigt.
Das ist zwar unwahrscheinlich, denn seit einem Jahr fahre ich nur noch rund 200 KM die Woche, früher war das die Mindestzahl pro Tag.

Aber egal, vielleicht kann man ja sparen. Die „billiger Tanken App“ zeigt an das 2 Cent pro Liter gespart werden können, also gleich nach dem Frühstück, ab ins Auto und die 10 KM zur Tanke gefahren. Wieder ein voller Erfolg. 2 Cent pro Liter gespart!

OK die Differenz zur Tanke in der Nachbarschaft waren genau 22 Cent, denn mehr Sprit passte nicht rein, verfahren wurde etwas mehr, aber egal. Ziel erreicht, gespart (oder nicht?)

Zurück von der Tanke wartet die nächste Mammutaufgabe auf mich, der Müll muss runter. Die geliebte Ehefrau hat alles schön in Müllbeutel verpackt, jetzt ist der Herr des Hauses an der Reihe. Schon auf dem Weg zu den Tonnen kommen erste Zweifel, war jetzt der rechte Beutel für gelb oder der linke? Besser noch mal zurück und nachfragen. Ok, das wäre schief gegangen, also beim nächsten Mal besser zuhören.

Ein besonderes Erlebnis ist der Einkauf von Lebensmitteln. Meist wird das von der Ehefrau erledigt, denn wie man den folgenden Zeilen entnehmen kann gibt es genetische Unterschiede bei der Einkaufsplanung und Durchführung. Das beginnt schon mit dem Thema „Was muss gekauft werden“. Die Frau bereitet sich gewissenhaft darauf vor und schreibt alles, was ihr einfällt auf eine Einkaufsliste.

Das ist was für Weicheier, denn der Mann weiß was er kaufen muss und vor allem in welchen Mengen. Mit diesem Wissen (und ohne Einkaufszettel) verlässt der Rentner das Haus und startet die anspruchsvolle Aufgabe. Eine kleine Anmerkung vorab: Einkaufen mit leerem Magen macht deutlich mehr Spaß, als der Einkauf in gesättigtem Zustand. Die Kreativität des Einkaufenden ist viel größer wenn der Magen knurrt. Allerdings sollte man damit rechnen dass bei häufig wiederkehrenden Einkaufstouren, die ohnehin knappe Rente zwar reicht, aber zum Monatsende hin, noch jede Menge Tage übrig sind. Generell stelle ich fest dass ich von den Verkäuferinnen der Bedienungstheken (Fleisch, Wurst, Käse, Fisch) immer besonders freundlich behandelt werde. Ich denke das liegt zum einen an meiner unglaublichen Gleichgültigkeit gegenüber Mengen, aber da ich auch die Preise selten hinterfrage, spielt auch dieser Faktor eine Rolle.

Während meine Frau ein permanentes Update des Einkaufskorbinhaltes, rein rechnerisch im Kopf hat, beschränkt sich mein Interesse ausschließlich auf die Auswahl von delikaten Kostbarkeiten. Das führt allerdings oft auch zu gewagten Kombinationen für Gerichten, die im wahren Leben, so nicht machbar sind. Mit leeren Magen kaufe ich auch schon mal 2 Kilo Blaubeeren, ob wohl man für Blaubeerpfannkuchen
(2 Personen) maximal 150 Gramm benötigt.

Meine Einkäufe erinnern oft an den Loriotfilm „Pappa Ante Portas“, ebenfalls ohne Mengenbegrenzung, immer aber mit einer gehörigen Portion Appetit auf das, was zu Hause gerade nicht gebraucht wird und/oder in Mengen vorhanden ist.

Immer schon ärgerlich registrierte ich Rentner, die an der Kasse stehend versuchen den zu zahlenden Betrag passend an die Kassiererin zu übergeben. Warteschlangen bilden sich und dabei geht es, als moderner Rentner auch anders. Schließlich gibt es ja die Möglichkeit mit Karte zu zahlen und für Payback-Punkte und Kundenkarten gibt es eine App. Das diese Lesegeräte an den Kassen diese speziellen Apps, hier sind die Daten der Kundenkarten gespeichert, meist nicht lesen können, verärgert wiederum die Wartenden in der sich schnell bildenden neuen Schlange.

Das ist aber auch wirklich etwas anderes, als ein Rentner in weißen Socken, kurzen Bermudas und Achselshirt, der Kleingeld zählt.

Das nächste Tages-Highlight steht an, der Mittagsspaziergang mit Hund (und Frau). Für gut eine Stunde sind die Strapazen des Einkaufs vergessen, Gespräche mit anderen Hundebesitzern werden geführt und neue Kontakte geknüpft. Hundebesitzer lernen immer jemanden kennen. Hundebesitzer sind kommunikativ und gehen auf andere Menschen zu.

Das dabei nicht immer unbedingt tiefgreifende Erkenntnisse zu erwarten sind („wie alt ist Ihrer denn“, „leidet der auch so unter der Hitze“ und „was füttern Sie denn“) ist völlig klar, aber noch interessanter ist die Tatsache, dass man die meisten Menschen an der Kasse im Supermarkt nicht mehr wieder erkennt. Wir werden manchmal gegrüßt und auf unser verständnisloses Gesicht antwortet der Grüßende: „Dalmatiner“ oder „Boxer“. Würde man vorher genau hinschauen, man würde es erkennen, denn bekanntlich gleichen sich Hund und Herrchen meist über die Jahre an.

Oft versucht, aber auch nicht immer ratsam, ist der grundsätzliche Gruß aller Entgegenkommenden. Mit Glück grüßen die Anderen auch, aber meist aus Mitleid oder weil sie denken das man an Demenz leidet und sich nicht erinnern kann.

Die großen Discounter hatten in den letzten Wochen wieder ganz besondere Angebote. Nordic Walking Stöcke zur Erhaltung der Fitness. Dazu die entsprechende Bekleidung, meist hauteng, aus Synthetik und krampfaderzeigende Kurzsocken. Sportliche Aktivitäten sind die eine Seite, aber man sollte auch Mitleid mit den anderen Menschen haben denn ein Blick in den Spiegel zeigte mir: Du siehst so einfach Sch… aus. Neuester Trend bei der Fitness sind die sogenannten „Fitness-Tracker“. Mit einem Gummiarmband bewaffnet wird jeder Schritt erfasst und selbst innerhalb von Familien kommt es zu wahren Kämpfen, mit dem Ziel, wer hat die meisten Schritte am Tag zurück gelegt. Betrachtet man das Ganze nüchtern und sachlich, die Wege sind fast immer gleich und die Anzahl wechselt kaum.

Überhaupt ist die Auswahl der Textilien ein leidiges Thema. Mal unabhängig das mir meine Frau grundsätzlich meine berufliche Bekleidung „rausgelegt“ hat, verstehe ich nicht warum ein Hawaiihemd nicht für einen Theaterabend geeignet sein soll und warum eine blumige Krawatte nicht zu einem karierten Hemd passt. Jetzt im Rentenalter geht es einfacher, aber auch hier – besser auf die Frau verlassen.
Das Basecap – mit Schirm nach hinten – ist etwas für die junge Generation, als älterer Mensch verzichtet man besser darauf, denn es sieht einfach affig aus.

Aber wir waren ja bei den Erfolgserlebnissen und dem Tagesablauf der reiferen Generation.

Der heutige Rentner ist fit und wenn er sich mal nicht so fit fühlt, dann konsultiert er den Arzt seines Vertrauens. Nicht zu oft, aber man kann ja nie wissen, besser mal nachschauen. „Besser mal nachschauen“ denken sich aber auch die anderen rund 20 Patienten, die zum einen vorher an der Reihe sind und sich, wie man selbst auch, nicht um einen Termin bemüht haben. Da sitzt man also, zusammen mit 20 Gleichgesinnten und wartet auf den Doktor. Wie verbringt man die Zeit? Die Regenbogenpresse ist schnell durchgeblättert, die Zahl der Affären der Königshäuser schnell erfasst. Das bunte Leben der Stars, der Sternchen und solche die es werden wollen sind genauso schnell abgearbeitet, wie die Erlebnisse unserer Politiker und Sportler. Nach gut einer Stunde sind die Illustrierten erledigt und was bleibt sind die zahlreichen Gesundheitsblätter, die über Prostata, Darmrisiken und Arthrose berichten, dabei wollten wir den Arzt genau danach fragen.

Der Arztbesuch wird zum Tagesausflug und wenn man endlich an der Reihe ist weiß man nicht mehr warum man eigentlich hier ist.

So vergehen die Wochentage wie im Flug, der Monat und schließlich auch das Jahr.

Ehe man sich versieht ist das Jahr um, man selbst ein Jahr älter und das Berufsleben ist erneut ein Jahr weiter weg. Was bleibt ist der Gedanke, dass ein Leben als Rentner auch schön sein kann. Das gemeinsame älter werden mit dem Partner, die meist schönen gemeinsamen Stunden (zieht man mal die Zeit ab, die man sich mal auf die Nerven geht) und auch die banalen Dinge die unseren Alltag oft bestimmen.

In diesem Sinne, vielleicht treffen wir uns mal beim Arzt!

 

von Burkhard Thom

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