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Vor einigen Tagen wollte ich mit dem Zug nach Koblenz fahren. Es war sehr voll am Kölner Hauptbahnhof und in dem Gedränge auf der Rolltreppe rannte ein junger Mann rücksichtslos die Stufen rauf, wobei er eine alte Frau vor mir anrempelte. Ich konnte gerade noch verhindern, dass sie hinfiel und ich schimpfte, dass die Jugend von heute auch nicht mehr das ist, was sie früher einmal war.
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Zufällig stieg diese Frau in den selben Zug und saß mir dankbar gegenüber. Wir kamen in Gespräch und ich merkte, dass der Schreck noch in ihren Knochen saß.
Als der Schaffner kam, um die Fahrkarten zu prüfen, musste sie zu allem Übel auch noch feststellen, dass ihr Portemonnaie offensichtlich gestohlen war. Der alten Dame kamen die Tränen und sie erzählte, dass sie eben ihre monatliche Rente abgehoben hatte. Es wurde ganz still im Abteil…
Da stand ein Jugendlicher auf und begann zu rappen. Aus dem Stehgreif schaffte er es, das Geschehene in einem Sprechgesang so darzubieten, dass alle lächeln mussten. Sein Freund machte dazu passende Geräusche und nach Beendigung der spontanen Darbietung gingen sie mit ihren Käppis rund. Mir schien es, dass wirklich alle Fahrgäste Geld gaben, ich sah sogar etliche Scheine. Das gesammelte Geld, schütteten sie der alten Dame auf den Schoß und die anderen Fahrgäste applaudierten. Jetzt hatte sie Tränen der Rührung in den Augen.
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von Gertrud Breuer
Aug 20