Honig im Kopf
Wie erklärt man einem 11jährigen Mädchen, was Demenz ist? Das ist ein bisschen wie „Honig im Kopf“ beschreibt Opa Amandus (Dieter Hallervorden) seiner Enkelin Tilda (Emma Schweiger) das Gefühl, wenn man langsam nicht mehr Herr über seine Gedanken und seinen Körper ist. Der Tochter von Schauspieler und Produzent Til Schweiger kommt auch in seinem aktuellen Film wieder einmal eine Hauptrolle zu. Vom unverhohlenen Vaterstolz und einigen Ungereimtheiten abgesehen ist die anrührende Komödie ein sehr gelungenes Werk, das nicht die Krankheit und das Sterben in den Mittelpunkt stellt, sondern den Wert der Familie und des Lebens an sich.
Als Tilda erfährt, dass ihr geliebter, aber zunehmend verwirrter Opa in ein Heim soll, büchst sie aus und reist mit ihm nach Venedig. In der Stadt der Liebe hat Amandus einst seine inzwischen verstorbene Frau Margarete kennen gelernt. Viele seiner Erinnerungen drehen sich um diesen Sehnsuchtsort. Es sei wichtig, dass Menschen mit Alzheimer sich gebraucht fühlen und eine Aufgabe haben, hat Tilda gelernt. Und trotz ihrer jungen Jahre nimmt sie es auf sich, ihrem Opa zu helfen, sich immer wieder seine Geschichten von früher anzuhören, seine Witze und Ansichten. Das ist unglaublich komisch, aber auch tiefgreifend ernst zugleich. Ihre Eltern sind viel zu viel mit sich selbst beschäftigt, wie könnten sie sich da um ihre Tochter und erst recht um den dementen Vater kümmern? Der stellt mal eben das Familienleben im luxuriösen Landhaus völlig auf den Kopf und sprengt mit seiner Unberechenbarkeit nicht nur die schicke Sommerparty im wahrsten Wortsinn.
Da wird nichts schöngeredet über das Älterwerden, man folgt den Darstellern praktisch bis auf die Toilette und muss mit ansehen, wie das Vergessen immer mehr Raum einnimmt. Alltagsaufgaben werden zur großen Herausforderung und mit das Schlimmste, was passieren kann, ist das man irgendwann selbst seinen Nächsten nicht mehr erkennt.
Zwischen Lachen und Weinen kann man ausruhen in wunderschönen Landschaftsbildern und den Großaufnahmen von schönen Gesichtern und alten Charakterköpfen. In diesen Momenten fühlt man sich den Figuren auf der Leinwand sehr nahe und hat das große Bedürfnis, gleich mal schnell bei den eigenen Eltern vorbeizuschauen und zu fragen, wie es ihnen so geht. Gleichgültig, ob manches in dem Film weit hergeholt und doch sehr konstruiert scheint – im wahren Leben kündigt man nicht einfach den Job, bekommt noch ein Kind und einen Hund zum dementen Schwiegervater dazu – selten spricht ein Unterhaltungsfilm ein so schweres Thema mit solcher Leichtigkeit an, wirbt um Verständnis und darum, für einander da zu sein – in guten wie in schlechten Tagen. Unbedingt anschauen!