Völkerwanderung in Glessen
Gestern hatten wir unerwartet hohen Besuch: Ein Schwarm Bienen wollte sich unbedingt vor unserer Haustür niederlassen und in unserer Birke heimisch werden. Gegen halb 11 summte und brummte es vor meinem Küchenfenster wie jeck. Die Luft war voll mit hunderten der fleißigen Honigsammlerinnen. Aber waren es wirklich Bienen? Die Dinger wollten einfach nicht stillhalten und sich mal genau betrachten lassen. Und wirklich nahekommen wollte ich dem aufgeregten Überfallkommando auch nicht.
Irgendwie unheimlich. Was also tun? Erst mal bei der Feuerwehr anrufen, die uns den Kontakt zum netten Imker von nebenan vermittelten. Der freundliche ältere Herr aus Niederaußem beruhigte uns erst einmal – das seien sehr wahrscheinlich keine Wespen und er könnte vorbeikommen und den herrenlosen Schwarm gern einsammeln. Wie das?
Draußen war es inzwischen wieder ruhig geworden. Die Wolke hatte sich aufgelöst. Wo war die ungenehmigte Versammlung so plötzlich hin? Ein Nachbar hatte das faszinierende Naturschauspiel auch beobachtet und konnte von gegenüber sehen, dass „unsere“ Bienen inzwischen in einer großen Traube in luftiger Höhe am Ast unseres Baumes hingen. Der Imker (der namentlich nicht erwähnt werden möchte) hatte alles dabei: Ein kleines Holzhäuschen, das der neue Stock unserer geflügelten Gäste werden sollte, und natürlich seinen tollen Imkerhut.
Mein Mann holte die Leiter und unseren Anhänger, der schnell als „Hebebühne“ umfunktioniert wurde. Schnell ein Tuch in die Öffnung des Holzhäuschens gestopft und dann ab nach oben. Unsere Angst, gestochen zu werden, konnte uns der Profi übrigens nehmen: Bienen seien im Gegensatz zu ihren schwarz-gelben angriffslustigen Artgenossen sehr friedliche Tiere, die sich vom Fachmann gern an die Hand nehmen lassen.
Die Bienen dachten natürlich nicht im Traum daran, sich einfach so abpflücken und umsiedeln zu lassen. Nach mehreren Versuchen waren die pelzigen Biester immer noch nicht im Kasten. Sie hingen einfach zu hoch. Wir gaben auf, in der Hoffnung, dass sie sich doch vielleicht lieber freiwillig einen anderen Wohnort suchen. Das taten sie dann auch. Irgendwann nachmittags brachen sie auf, um irgendwo anders Staat zu machen. Schade eigentlich, ich hatte mich gerade an sie gewöhnt. Man könnte richtig ins Schwärmen geraten….
Woran erkennt man, dass es Bienen sind?
Laut „Schwarmboerse.de“ sind es höchstwahrscheinlich Bienen:
• Sie haben eine riesige Wolke Bienen fliegen sehen, die sich dann an einem Ort zu einer “Schwarmtraube” gesammelt hat.
• Die Bienen sitzen oberhalb des Erdbodens in einer “Schwarmtraube”. Das ist ein zumeist länglicher dunkler Haufen von tausenden Bienen, die unbeweglich an einem Ast oder Vorsprung hängen. Nur einzelne Bienen fliegen gelegentlich weg oder kommen zurück.
• Die Insekten sind dunkelbraun/grau gefärbt, evtl. mit orangen Streifen, etwas pelzig.
• Dort, wo die Bienen sitzen, ragen weiße Wabenscheiben aus der Bienentraube heraus.
• Die Insekten greifen keine Menschen an.
• Es ist vor Mitte Juli.
Die Börse vermittelt Ihnen gern einen Fachmann aus der Region, ebenso wie unser örtlicher Imkerverein „Die Erftimker” mit Sitz in Kerpen. Kostet übrigens nichts, für die Beseitigung von Wespen werden ca. 65 Euro fällig.
Warum machen Bienen das?
Ich habe mich auf Wikipedia schlaugemacht:
Der Schwarmtrieb dient dem natürlichen Bestreben der Honigbienen, ihre Staaten durch Teilung zu vermehren. Ausgelöst wird dieser Trieb durch das Stärkerwerden des Bienenvolks im Frühsommer (Mai–Juni).
Demnach herrscht im Frühsommer Hochbetrieb im Bienenstock. Viele Ammenbienen würden gern loslegen, es ist aber nicht genügend Brut vorhanden. Also legt die Königin Eier, aus denen sich ein neuer Hofstaat entwickelt. Schlagartig verlässt das Jungvolk geschlossen sein zu eng gewordenes Elternhaus und stürmt in die Welt hinaus. Sogenannte Spurbienen kundschaften aus, wo eine schöne Nistgelegenheit zu finden ist. Die anderen hängen testweise an geeigneten Zwischenstationen rum, bis sie etwas Besseres gefunden haben. Bleibt zu hoffen, dass unser „Partyvolk“ es woanders gut angetroffen hat.
Der Deutsche Imkerbund veranstaltet seit 2000 übrigens in jedem Jahr am ersten Wochenende im Juli den „Tag der deutschen Imkerei”, um auf die enorme Bedeutung der Bienenhaltung hinzuweisen – Stichwort Bestäubungstätigkeit und ökologisches Gleichgewicht – vom leckeren Honig mal ganz abgesehen. Vielleicht wollten uns unsere Bienen mit ihrer Aktion auch nur freundlich darauf hinweisen und etwas PR für sich machen.
von Andrea Floß