Das folgende Gedicht stellte Wilhelm Busch einem Kochbuch voran, das er 1883 einer entfernten Verwandten, Grete Fehlow in Berlin, zum Geschenk machte. Auf diese Weise entschuldigte er sich, dass er der Einladung zu ihrer Hochzeit nicht nachkommen konnte.
Es wird behauptet und mit Grund,
ein nützlich‘ Werkzeug sei der Mund!
Zum Ersten lässt das Ding sich dehnen
wie Guttapercha, um zu gähnen.
Ach Grete, wenn du dieses musst,
tu‘ es im Stillen und mit Lust!
Zum Zweiten: Wenn es grad vonnöten,
kann man ihn spitzen, um zu flöten.
Sitzt dann der Schatz auch mal allein,
dies wird ihm Unterhaltung sein.
Zum Dritten lässt der Mund sich brauchen,
wenn’s irgend passend, um zu rauchen.
Dies kannst du deinem guten Gatten,
der darum bittet, wohl gestatten.
Zum Vierten ist es kein Verbrechen,
den Mund zu öffnen, um zu sprechen.
Vermeide nur Gemütserregung,
sprich lieber sanft mit Überlegung,
denn mancher hat sich schon beklagt:
„Ach, hätt‘ ich das doch nicht gesagt!
Zum Fünften, wie wir alle wissen,
so eignet sich der Mund zum Küssen.
Sei’s offen oder sei’s verstohlen,
gegeben oder nur gestohlen,
ausdrücklich oder nebenher,
beim Scheiden oder Wiederkehr,
im Frieden und nach Kriegeszeiten:
Ein Kuss hat seine guten Seiten!
Zum Schluss jedoch, nicht zu vergessen:
Hauptsächlich dient der Mund zum Essen!
Gar lieblich dringen aus der Küche
bis an das Herz die Wohlgerüche.
Hier kann die Zunge fein und scharf
sich nützlich machen, und sie darf!
Hier durch Gebrötel und Gebrittel
bereitet man die Zaubermittel
in Töpfen, Pfannen oder Kesseln,
um ewig den Gemahl zu fesseln.
Von hier aus herrscht mit schlauem Sinn
die Haus- und Herzenskönigin.
Lieb’s Gretchen! Halt dich wohlgemut,
regiere mild – und koche gut!