... und auch keine neue Nationalhymne
Am 8. März ist Weltfrauentag. Er entstand in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen und kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Um so mehr verblüfft es, dass findige Marketingstrategen den Tag für sich entdeckt haben und das verhökern, was Frauen angeblich lieben: Nämlich Blümchen und Pralinchen!
Der „Weltfrauentag“ sollte immer noch Anlass geben, über die Rechte der Frauen zu sprechen und über die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Denn da sind wir noch lange nicht angekommen. Deshalb sei die Frage erlaubt, was sich diese Werbefuzzis dabei denken. Wir haben jedenfalls mehr verdient als Blümchen und Pralinchen!
Und was wir auch nicht wollen ist eine neue Nationalhymne , wie jetzt die Gleichstellungsbeauftragte des Bundesfamilienministeriums, Kristin Rose-Möhring, vorgeschlagen hat. Es geht um das „Vaterland“ und das Adjektiv „brüderlich“, das die Dame in Hoffmann-von Fallerslebens Liedtext von 1841 durch geschlechtsneutrale Wörter ersetzt haben möchte. Geht’s noch – ich will ja künftig aus Anti-Diskriminierungsgründen auch nicht auf meine „Muttersprache“ verzichten. Mit Gleichberechtigung hat das jedenfalls nichts zu tun.
Ein Blick in die Geschichte – Was Frauen wollen!
Ich frage mich: „Was soll das alles?“ und empfehle einen Blick in die Geschichte des Gedenktages und den seit 100 Jahren andauernden Kampf für Gleichberechtigung, das Wahlrecht und die Emanzipation zu werfen. Die Vereinten Nationen erkoren 1977 den 8. März als Tag der Vereinten Nationen für „die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ aus. Seit 1995 steht der Internationale Weltfrauentag unter einem besonderen Motto, z.B. bessere Bildung für Mädchen, die Rolle der Frauen in politischen Entscheidungsprozessen, Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Herstellung von Chancengleichheit und deren Finanzierung.
Auch der Weg zu einer Gleichberechtigung von Mann und Frau bei uns in Deutschland war nicht leicht:
- 1880 durften Frauen in Deutschland endlich Lehrerinnen werden, aber nicht heiraten. Dieses „Lehrerinnenzölibat“ wurde zwar 1918 abgeschafft, aber 1923 wieder eingeführt – einhergehend mit einer geringeren Besoldung der Frauen. Erst 1951 wird das Zölibat endgültig aufgehoben. Lehrerinnen können eine Familie gründen und weiter berufstätig sein – aber nur, wenn ihr Ehemann zustimmt! Dieses Gesetz besteht bis 1978. Erst jetzt dürfen Frauen ohne die Zustimmung ihres Ehemannes arbeiten gehen. Ab 1969 haben auch Frauen endlich Anspruch auf Altersruhegeld.
- Nach dem zweiten Weltkrieg wird 1948 ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland der Satz eingefügt, dass „Männer und Frauen gleichberechtigt“ sind. Das Gesetz zur Gleichberechtigung von Frau und Mann tritt aber erst 1958 in Kraft. Die Gleichberechtigung im bäuerlichen Erbrecht existiert erst seit 1963. Seit 1959 dürfen Frauen ohne Zustimmung des Ehemannes den Führerschein machen, zehn Jahre später – 1969 – ein eigenes Konto eröffnen.
- Noch heute gehen Frauen auf die Straße, um für „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ zu kämpfen – wie es die Frauen-Union zum „Equal Pay Day“ am kommenden Samstag, 10.3., in der Bergheimer Fußgängerzone tut. Nicht zu vergessen: Auf den Frauen liegt auch heute noch die größte Last in der Hausarbeit, der Kindererziehung und der Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger – neben ihrem Beruf und der Sicherung ihrer Altersversorgung.
Von Anne Keller