B u d d h i s t i s c h e G e s c h i c h t e n  

Angst engt ein

Ein Mönch in Thailand ging kurz nach Sonnenuntergang in den Wald um zu meditieren. Es dunkelte und das Dorf war einige Meilen entfernt, weit und breit war kein Mensch zu sehen. Er setze sich auf seinen Lieblingsplatz und stellte sich auf die Ruhe ein. Das Einzige, war er hörte waren die bekannten Geräusche vom Wald. Das Rauschen im Hintergrund, dass er so gut kannte, trug dazu bei, dass er schnell ruhig und friedlich wurde. Bis er hörte, wie sich ihm ein Tier näherte. Die meisten Tiere im Wald waren ja harmlos, doch gab es in diesem Wald auch Tiger und Elefanten. Sie alle konnten einen schwer verletzen oder sogar töten. Die alten Männer im Dorf erzählten immer, dass die großen Tiere die Mönche gewöhnlich in Ruhe lassen, aber man weiß ja nie.

Um auf Nummer sicher zu gehen, spitzte der Mönch seine Ohren. Aus den Geräuschen, die das Tier machte, das sich ihm näherte, schloss er, dass es sich um ein ziemlich kleines Tier handeln musste. Also kein Grund zur Besorgnis und er nahm seine Meditation wieder auf.

Das Tier kam näher und seine Geräusche wurden lauter. Jetzt machte er sich allmählich Sorgen. Er lauschte achtsam und kam zu dem Schluss, dass er die Größe des Tieres unterschätzt hatte. So, wie es sich durchs Unterholz schlich, hörte es sich zumindest mittelgroß an, vielleicht eine Zibetkatze? Auch das war nicht weiter besorgniserregend. Also nahm er seine Meditation erneut auf.

Dann wurde das Geräusch laut, richtig laut. Das Knistern der Blätter auf den Boden und das Knacken von Zweigen sagten ihm, dass es sich hier um eine großes Tier handelte und dass es auch noch direkt auf ihn zu kam. Sein Herz begann zu rasen. Er war so voller Angst, dass er seine Augen öffnete, die Taschenlampe anknipste und sich auf die Suche nach einem Tiger oder Elefanten machte, bereit um sein Leben zu laufen.

Nach einigen Sekunden sah er die Bestie im Strahl seiner Taschenlampe: Eine niedliche kleine Maus.

Daraus lernte er, dass die Angst die Dinge vergrößert. Wenn man Angst hat, hören sich die Geräusche eines Mäuschens an, als wäre ein menschenfressender Tiger in Anmarsch. Die Angst macht aus einem Wehwehchen die tödlichste Form von Krebs und ein simpler Ausschlag wird zur Beulenpest.

Angst bläht alles auf.

von M. D.

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