Erinnerung sichtbar halten
Gemeinsam mit Schulen, Kirchen und lokalen Initiativen hat letzte Woche wieder die alljährliche Reinigung der Stolpersteine in der Kreisstadt Bergheim stattgefunden. Die Aktion findet im Gedenken an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 statt, in der jüdische Menschen Opfer brutaler Gewalttaten durch das nationalsozialistische Regime wurden. Durch das Putzen der Steine werden die Namen der Verfolgten wieder gut lesbar, ihr Schicksal bleibt im Stadtbild präsent und die Erinnerungskultur wird nachhaltig gestärkt.
Beteiligte Institutionen und besondere Ereignisse
Die Aktion wurde vom Stadtarchiv Bergheim koordiniert und fand in diesem Jahr noch mehr Teilnehmer. Die Gesamtschule Bergheim reinigte gemeinsam mit dem Archivteam fünf Standorte in Quadrath-Ichendorf (Familien Eckstein, Simons, Riek, August Krüll und Heinrich Zehnpfennig). Für ihre biographischen Recherchen ist die Gesamtschule Bergheim als einzige Schule im Rhein-Erftkreis vom WDR als offizielle Kooperationsschule „Stolpersteine NRW“ ausgezeichnet worden.
„Es ist schön, mit wieviel Respekt alle dabei waren“, berichteten Timea und Nevio, beide 11, im Nachklang zu ihrer Putzaktion, die in der Schulbibliothek gefeiert wurde. Erstmals hatten auch Fünft- und Sechstklässler mitgemacht und die Steine von Heinrich Zehnpfennig und Rosa Eckstein wieder zum Blinken gebracht. „Ihr könnt mit Recht stolz auf euch sein“, lobte Schulleiter Claus Wallat das Engagement der Schülerinnen und Schüler, die sich gemeinsam mit ihren Lehrerinnen Katharina Schoth und Elisabeth Amling, mittlerweile im Ruhestand, über die besondere Auszeichnung freuten. Gerade in Zeiten, in denen eine Tendenz zur Verwässerung zu beobachten sei, sei es wichtig, ein sichtbares Zeichen zu setzen. Über die Stolpersteine-NRW-App sind biografische Texte und Illustrationen, die die Schülerinnen und Schüler zusammengetragen haben, auf einer interaktiven Karte abrufbar.
https://stolpersteine.wdr.de/web/de/
Zwei neunte Klassen des Gutenberg-Gymnasiums und der Geschwister-Scholl-Realschule reinigten die
Stolpersteine für Familien Schnog und Heinrich Düster. Erstmals beteiligten sich kirchliche Gemeinschaften:
Die Neuapostolische Kirche organisierte die Reinigung des Steins für Wilhelm Erken in Zieverich sowie für
die jüdischen Familien Levy und Gottschalk im Ortsteil Glesch. Das Stadtteilforum und das Jugendzentrum
Oberaußem übernahmen die Verantwortung für die Steine der Familien Simons sowie Elisabeth Griese und
Johann Strack.
Pädagogische Begleitung und Archiv-Quellen
Wie in den Vorjahren erhielten die teilnehmenden Schülerinnen Zugang zu originalen Archivalien –
Meldekarten und Geburtsurkunden – und konnten so zentrale historische Vorgänge nachvollziehen, etwa
die Namensänderungsverordnung von 1938 („Israel“/„Sara“) und das Reichsbürgergesetz von 1935, das die
Rechte jüdischer Bürgerinnen stark einschränkte. Der direkte Umgang mit den Dokumenten machte die
Geschichte der Region für die Jugendlichen greifbarer.
Das Team des Stadtarchivs dankt allen beteiligten Schulen, Lehrkräften, kirchlichen Gemeinden und
freiwilligen Initiativen für ihr engagiertes Wirken. Durch das gemeinsame Reinigen der Stolpersteine bleibt
die Erinnerung an die Verfolgten nicht nur erhalten, sondern wird im Alltag wieder sichtbarer. “Gut, dass sie durch euch wieder in den Blick fallen“, so die Stadtarchivarin Lena Delbach, die die Schülerinnen und Schüler bei ihren Recherchen unterstützt und den Kontakt zu Angehörigen und Initiativen koordiniert.
Die nächste Reinigung ist für den Herbst 2026 geplant. Bildungseinrichtungen, Kirchengemeinden und
lokale Vereine, die bislang nicht beteiligt waren, sind eingeladen, sich rechtzeitig beim Stadtarchiv zu
melden.
Kontakt: Lena Delbach, lena.delbach@bergheim.de

