Raum für Begegnungen
In Bergheim Süd-West leben Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen zusammen auf relativ engem Raum. Gemeinsam mit Initiativen und vielen Engagierten kümmern sich Mitarbeiter der Stadt darum, das Quartier raus aus der Problemzone zu holen und zu einem lebenswerten Stadtteil für alle Generationen zu machen. Ende des Jahres laufen die Fördermittel aus dem Landesprogramm Soziale Stadt aus. Doch der Rat der Stadt Bergheim hat entschieden, dass der SüdWest-Wandel auch 2015 weitergeht.
Iris Strohmeier (l.) und Elisabeth Alt-Kaul
Sozialpädagogin Iris Strohmeier von der Entwicklungsgesellschaft Bergheim fällt ein Stein vom Herzen: Auch das erfolgreiche Integrationsbüro muss seine Türen nicht schließen. In enger Kooperation mit dem Stadtteilverein SüdWestWind, dem Familienzentrum Kita Abenteuerland, dem ASH Sprungbrett und der AWO werden neue Projekte geplant, die besonders Frauen jeden Alters und Familien im Blick haben.
Lebendige Nachbarschaft für alle Generationen
Fröhliches Durcheinander. Platz für jeden. Egal, wer du bist. Egal, wie du bist. Viel Miteinander. Kein Nebeneinander. Leckeres Essen aus aller Welt. Diskussionen. Austausch. Ein großes Herz und die Gewissheit, dass jeder nur Teil des Ganzen ist und dass das große Ganze nur gemeinsam erreicht werden kann. „Diese Definition ist eine Koproduktion von allen, die hier ein und aus gehen und sich wie zu Hause fühlen“, erläutert Iris Strohmeier, die das Integrationsbüro seit vier Jahren mit viel Engagement und Herzblut leitet.
„Büro“ weckt völlig falsche Vorstellungen. Eigentlich sind es mehrere liebevoll eingerichtete Räume mit Platz zum Kochen, Essen, Lernen, Lesen, Spielen, Sportmachen, Erzählen, Feiern. Das gemütliche Lesezelt beispielsweise ist selbst genäht. Die offenen Strukturen kommen den Nutzern – vorwiegend Frauen und Kinder aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern – sehr entgegen.
Sprachkurse für Migrantinnen
Donnerstags um 8.30 Uhr heißt es beispielsweise „Hoch die Beine“. Frauen treffen sich zum Sport machen und lassen es sich anschließend bei einem gemeinsamen Frühstück gut gehen. Sie kommen aus Marokko, aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak, Albanien, Somalia, Ägypten oder Kasachstan. Manche leben schon viele Jahre in Bergheim, andere erst ein paar Wochen. Jede bringt etwas mit, alles wird geteilt. 15 sind schon da, drei gehen gerade, sieben kommen noch und zwei sind erst später wieder mit dabei. „Jede wie sie kann und mag – alles ist beweglich“, meint Iris Strohmeier. Pläne schmieden, austauschen, spontan entscheiden, wie der Tag so laufen wird. Um 13 Uhr waschen zwei ab, eine geht einkaufen, vier kochen schon. Neun Kinder kommen aus der Schule und haben Hunger, alle essen. „Nur so funktioniert interkulturelle Arbeit“, lacht Iris Strohmeier, die selbst lange Jahre in Frankreich in der Jugend- und Erwachsenenbildung tätig war und deshalb gut nachfühlen kann, wie man sich in einem „fremden“ Land und seinen Gebräuchen fühlt.
Kein starres Konzept deckelt die Unternehmungslust, flexible Zeiten und ergebnisoffene Prozesse erleichtern das bunte Miteinander und schaffen Vertrauen. Aber es gibt natürlich auch verbindliche Absprachen und Regeln, damit sich alle wohlfühlen. Die Sportlerinnen etwa machen sich auch zwei Stunden im Monat für andere stark – kochen Kürbissuppe, lesen vor, organisieren eine Disco, planen gemeinsame Feste, backen mit den Kindern. „So werden eigene Ressourcen entdeckt und das Selbstwertgefühl und der Gemeinschaftsgedanke gestärkt“, erklärt Iris Strohmeier. Mitte Oktober waren die Frauen sogar für ein Wochenende am Laacher See – zum Erholen und Austauschen.
Deutschkurse und Lebensmittelausgabe
Während Männer durch ihren Beruf gut integriert sind und Kontakte außer Haus pflegen, hüten die Frauen zu Hause Heim und Herd und sind lange Jahre nur für die Familie da. Sind die Kinder aus dem Haus, bricht oft der Lebensmittelpunkt weg und eine große Einsamkeit macht sich breit. Die Suche nach einer neuen Aufgabe scheitert oft an Sprachproblemen. Viele Migrantinnen können grundsätzlich zwar Deutsch, brauchen aber mehr Übung, besonders in Alltagsituationen wie beim Arzt, beim Einkaufen oder der Behörde. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Elisabeth Alt-Kaul hat Iris Strohmeier deshalb das Sprachprojekt „Café Palaver“ auf den Weg gebracht. Jeden Dienstag ab 10 Uhr treffen sich Frauen aller Altersklassen im FuNTASTIK, um Deutsch zu üben. Dabei stehen nicht etwa das sture Lernen von Grammatik im Vordergrund, sondern vor allem die praktische Anwendung und der Mut zum Ausprobieren. „Es ist egal, woher die Frauen kommen und wie alt sie sind“, sagt Iris Strohmeier.
Sehr erfolgreich läuft auch das Nachhilfeprojekt „Lernen lernen“, wobei ältere Schüler sich um jüngere kümmern und ihnen bei den Hausaufgaben oder der Vorbereitung auf Klassenarbeiten und Tests helfen. Das bringt nicht nur bessere Noten und neue Freundschaften untereinander, sondern bringt auch Selbstbewusstsein und Respekt. Das tut vor allem den Mädchen gut, die zu Hause und in der Schule mit unterschiedlichen Rollenerwartungen konfrontiert sind. Aber auch die Jungs profitieren und helfen durch ihr positives Beispiel, fest zementierte Ausländer-Klischees über Bord zu werfen.
Auch die Bergheimer Tafel ist im Integrationsbüro untergebracht. Jeden Dienstag und Freitag ab 14 Uhr werden Obst, Gemüse, Back- und Frischwaren an Menschen mit niedrigem Einkommen verteilt. Mittwochs um 14 Uhr ist das Tafel-Team an der Niederaußemer Tennishalle. Pro Tüte wird ein Unkostenbeitrag von 1,50 Euro erhoben. Sowohl für die Lebensmittelausgabe als auch für die Abholung der Produkte bei den Supermärkten sucht das Team übrigens immer ehrenamtliche Helfer. Nähere Infos unter der Rufnummer 0174 / 4 93 73 97.
Hier geht’s zur Seite des Integrationsbüros:
http://www.eg-bm.de/organisation-des-stadtteilprojektes/integrationsb%C3%BCro/
Nähere Infos zum neuen Angebot und den Terminen unter:
Festnetz 02271/ 990627;
mobil 0177/4770478.