Christa Commer – SeniorTrainerin

Mein Herzenssinn – vom Suchen und Finden

 

Senior-Trainerin

Christa Commer

Was mache ich, wenn ich in Rente bin? Diese Frage ging mir, 61 Jahre alt, geschieden, kinderlos, zum ersten Mal durch den Kopf, als ich erfuhr, dass mein Vater sterbenskrank war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir über mein nachberufliches Leben noch keine großen Gedanken gemacht. Ich schob diese Frage lange beiseite. Sie würde sich ja erst in einigen Jahren stellen. Dachte ich.

Wenige Monate später wurde ich selbst krankheitsbedingt jäh aus dem Berufsleben gerissen. Das hat mich sehr aus der Bahn geworfen. Ich hatte meine Arbeit als Assistentin eines Abteilungsleiters in einer großen Anwaltssozietät immer mit viel Freude und großem Engagement verrichtet. Nun wurde mir bewusst, dass im Laufe der Jahre aufgrund meiner meist außergewöhnlichen Arbeitszeiten auch an Wochenenden und Feiertagen meine sozialen Kontakte zum größten Teil weggebrochen waren.

Mein Vater verstarb noch im gleichen Jahr kurz vor Weihnachten. Wir hatten so viele Pläne gemacht, wollten gemeinsam reisen. Jetzt war ich allein und musste meine weitere Lebensplanung intensiv angehen.

Engagiert als Wunschoma

Ich machte mir Gedanken, wie ich neue Bekanntschaften schließen könnte. Mir fielen auf Anhieb nur zwei Möglichkeiten ein: Entweder der Besuch von Kursen oder aber, mich ehrenamtlich zu engagieren. Ich entschied mich für das Ehrenamt.

Mein Leben lang habe ich Kinder ganz besonders geliebt. Daher reifte die Idee heran, für ein Kind, das keine Großeltern mehr hat, eine „Wunschoma“ zu werden. Ich war ja gewissermaßen schon lange in Übung. Das Kind einer Nachbarin hatte sich, ungeachtet der Tatsache, dass sowohl die Oma mütterlicher- als auch die Oma väterlicherseits noch ganz in der Nähe lebten, eines Tages entschlossen, mich als Oma zu „adoptieren“. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, haben in nunmehr 14 Jahren gekocht, gebacken, gebastelt und vieles mehr. Ich fühlte mich also für ein weiteres Enkelkind bestens gewappnet.

Durch Zufall erfuhr ich von einem Ehrenamt-Informationstag der Stadt Bergheim mit unterschiedlichen Workshops. Das war sehr interessant. Kurze Zeit später bot die Stadt mir an, an einem seniorTrainer-Lehrgang teilzunehmen. Das EFI-Programm vermittelt „Erfahrungswissen für Initiativen“ und bietet engagierten älteren Menschen die Chance, neue Verantwortungsrollen auszuprobieren, sich weiter zu qualifizieren und ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen.

Ich kam mit der „Wunschoma“ im Kopf und dem fertigen Konzept in der Tasche. Angesichts der vielen tollen Projektideen beschlich mich allerdings bald das Gefühl, dass es mich im Grunde genommen doch in eine ganz andere Richtung treibt. Meine großen Stärken waren stets das Schreiben und Organisieren. Ich fragte mich, ob mich nicht doch eher eine Aufgabe in dieser Richtung ausfüllen würde.

Voll im Element

Mit knapp 63 Jahren ging ich in Rente und hatte mich noch immer nicht auf ein Projekt festgelegt. Damals war bei uns in Quadrath-Ichendorf gerade der StadtteilLaden im Aufbau. Ich nahm an den verschiedensten Treffen in der neuen Begegnungsstätte teil. Hier können sich Bürgerinnen und Bürger informieren, austauschen und neue Kontakte knüpfen. Akteure von Vereinen und anderen Einrichtungen vor Ort nutzen die Räumlichkeiten, um über ihre Arbeit zu informieren und sich zu vernetzen. Beim Organisieren der Einweihungsfeier am 11. Oktober 2011 war ich wieder voll in meinem Element. Auch als Mitglied des Budgetbeirats kommen mir meine beruflichen Kenntnisse sehr zugute.

Inzwischen habe ich gelernt, dass nicht ich ein Projekt, sondern ein Projekt mich finden muss. Immer, wenn ich meine ursprüngliche Wunschoma-Idee realisieren wollte, kam mir etwas Anderes, Neues und Unerwartetes dazwischen.

So sollte ich für einen gewissen Zeitraum die häusliche Betreuung von Kindern übernehmen. Seit mehr als zwei Jahren helfe ich Mitbürgern bei der Korrespondenz mit Behörden. Außerdem erledige ich seit Jahren für eine alte Dame die Abrechnung mit ihrer Krankenkasse. Erst kürzlich kam die Anfrage, ob ich als Lektorin bei der Erstellung einer Jubiläums-Festschrift mitwirken möchte.

Nichts davon habe ich abgelehnt und alles mit großer Freude und einer inneren Zufriedenheit ausgeführt. Bereits während des seniorTrainer-Lehrgangs war ich sehr erstaunt darüber, wie äußerst spannend sich mein nachberufliches Leben doch entwickelt hat. Das entsprach absolut nicht meinen Erwartungen.

Ich hoffe sehr, dass ich bei guter Gesundheit diesen Weg noch viele Jahre weitergehen kann und bin fest davon überzeugt, dass noch einige Überraschungen und gute Begegnungen auf mich warten.

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