Altweibersommer im Anmarsch

Glessen_Nicole_Berger_Juli 2015

Auch der beginnende Herbst hat seine schönen Seiten. Foto: Nicole Berger aus Glessen

Der Herbst kann kommen

Das Ende ist nah. Der Sommer ist angezählt, und nach einem verregneten Wochenende wie diesem überlegt man sich doch tatsächlich, wieder die Heizung einzuschalten. Am 1. September war der meteorologische Herbstanfang – aber mal ehrlich, offiziell haben wir noch bis zum 21. September Zeit für Sandalen.

Laut wetter.info ist der Altweibersommer schon im Anmarsch – das stabile Hoch „Lajana” steht vor der Tür und löst den kalten „Kalle“ ab. 25 Grad werden wohl nicht mehr erreicht, aber wenigstens bis zum Wochenenden darf man sich entlang des Rheins auf einige schöne Tage freuen. Verantwortlich ist dafür wie meistens um diese Jahreszeit ein verlässliches Festlandhoch über Osteuropa, das trockene Luft nach Mitteleuropa bläst. In Amerika heißt das Phänomen Indian Summer. Tagsüber wird es noch sommerlich warm, während es in der klaren Nacht schon sehr kühl ist. Typisch für diese Zeit sind auch die morgendlichen Nebelfelder in den Flussniederungen, die sich in der noch ausreichend starken Sonneneinstrahlung vormittags auflösen, die gute Fernsicht und die beginnende Laubverfärbung in allen Rot-Gelb- und Brauntönen.

Nichts gegen ältere Damen

1989 klagte übrigens eine ältere Dame gegen die Bezeichnung „Altweibersommer“. Der Name diskriminiere sie nicht nur als Frau, sondern auch wegen ihres Alters. Das zuständige Gericht gab ihr kein Recht – denn mit Weibern hat diese beständige Warmwetterphase Mitte September bis Anfang Oktober wenig zu tun. Vom Wind lassen sich jetzt viele kleine Spinnen an ihren zarten Fäden durch die Luft pusten. „Weiben“ ist ein altdeutscher Ausdruck für das Knüpfen von Spinnweben, die vom Tau benetzt in der Morgensonne deutlich zu erkennen sind. Manche mögen sich dabei an die langen, silbergrauen Haare älterer Frauen erinnert fühlen. Ein Blick auf die Mythologie führt uns zu den Nornen, den alten Schicksalsgöttinnen, die die Lebensfäden der Menschen spinnen. Das Christentum bemühte wiederum die Muttergottes als Erklärung, die bei ihrer Himmelfahrt ein paar Fäden aus ihrem Mantel verloren habe. Im Volksmund heißen die Fasern deshalb auch „Marienfäden”, “Marienseide”, “Marienhaar” oder “Unserer Lieben Frauen Gespinnst”. Sie sollen übrigens Glück bringen, wenn sie an einem hängenbleiben und jungen Mädchen eine baldige Hochzeit verheißen.

Wie dem auch sei. Ein schöner Altweibersommer beschert laut Bauernregel einen trockenen Herbst. Und auch der Herbst hat seine schönen Seiten – denken wir wieder an Pflaumenkuchen, an Kürbissuppe, Zwiebelkuchen, Federweißen, an die kuscheligen dicken Socken und die tollen Schals.

Andrea Floß

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