Sprache von Anfang an

Deutschkurse helfen beim Ankommen

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Reger Erfahrungsaustausch im MEDIO

Menschen aus 106 Nationen leben in Bergheim. Ohne Deutschkenntnisse keine Integration – da sind sich alle einig. „Gleichgültig, ob sie hier bei uns bleiben oder nicht, wir wollen jedem Neuankömmling Sprache von Anfang an mit auf den Weg geben“, so der Beigeordnete Klaus-Hermann Rössler. Im Rahmen der „Woche der Vielfalt“ trafen sich am Dienstag, 20.10.15, Dozenten und freiwillig engagierte Lehrkräfte im MEDIO zu einem ersten Ehrfahrungsaustausch.

Nachhaltige Sprachförderangebote für Flüchtlinge und Asylbewerber in den Stadtteilen sowie eine bessere Vernetzung der Akteure sind das erklärte Ziel der Bergheimer Integrationsbeauftragten Karin Neugebauer. „Viele hier sind als Einzelkämpfer unterwegs – hier gibt es noch viel Koordinationsbedarf“, will sie Brücken bauen.

Jeder dritte der rund 63.000 Bergheimerinnen und Bergheimer hat ausländische Wurzeln. Hinzu kommen aktuell 550 Asylbewerber und 150 Flüchtlinge, die in der Turnhalle am Gutenberg-Gymnasium untergebracht sind. „Viele kämpfen noch mit den traumatischen Erlebnissen ihrer Flucht, fühlen sich fremd in der neuen Umgebung und haben große Sorgen, was ihre Zukunft angeht“, sagt Karin Neugebauer. Dass sie vor diesem Hintergrund den Kopf nicht freihaben, um Grammatik zu pauken, liegt auf der Hand. Lektorin Iris Fechner plädierte für das „Thannhauser Modell“, das in Bergheim schon vielfach zum Einsatz kommt. Das  Lehrbuch für Asylbewerber vermittelt nicht nur alltagstaugliche Deutschkenntnisse, sondern wirbt auch für mehr Gelassenheit und eine entspannte Lernatmosphäre.

Willkommenskurse und Alphabet

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Vielfältiges Angebot

Damit die Zuwanderer sich schnell zu Hause fühlen und bei uns zurechtfinden, startete die Stadt Bergheim im Juni Willkommenskurse. Sieben Träger bieten je nach Kenntnisstand der Schützlinge Alphabetisierungs- und Deutschkurse an. Den geschulten Sprachlehrern stehen ehrenamtliche Helfer zur Seite, die die Sprachschüler verständnisvoll begleiten, bei Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitungen und Alltagsfragen helfen. Die größte Herausforderung ist die Heterogenität der Gruppen – Menschen mit Hochschulabschluss und Menschen, die nie Lesen und Schreiben gelernt haben, unter einen Hut zu bringen. Die Schüler sind zum größten Teil Erwachsene. An Grund- und Hauptschulen gibt es außerdem Integrationsklassen für Kinder. In Bergheim SüdWest haben sich die Anbebote im FUNtastik und im Integrationsbüro etabliert, ebenso wie die im Stadtteilladen Quadrath-Ichendorf. Das „Café Palaver“ spricht vor allem Frauen mit Migrationshintergrund an.

Deutsch mit Mama und Papa

Seit September läuft das vom Land geförderte Projekt „Ich lerne Deutsch mit Mama und Papa“ in Kooperation mit dem Jugendamt und dem ASH Sprungbrett. In den alltagsorientierten Deutschkursen drücken Eltern zusammen mit ihren Kindern die Schulbank. Beteiligt sind sieben Bergheimer Grundschulen in Quadrath-Ichendorf, Kenten, Ahe, Bergheim-Mitte und Niederaußem sowie die Hauptschule. Während kleinere Geschwisterkinder im Nebenraum von Ehrenamtlerinnen betreut werden, pauken die Größeren in der Klasse nebenan mit Mama oder auch Papa Deutsch. Der Unterricht ist eher praktisch orientiert: Wie heißen die Dinge im Schulmäppchen? Wie macht man deutlich, wenn man „auf Toilette“ gehen möchte? Was sagt man, wenn einem etwas weh tut? Wie heißen die zum Teil fremden Lebensmittel? Wie gibt man auf Deutsch die eigene Telefonnummer an? Lieder, kleine Alltagsinszenierungen, rhythmisches Sprechen und Spiele lockern auf und vermitteln nebenbei niederschwellige Sprachkenntnisse. Im Miteinander Singen oder rhythmischen Sprechen werden nicht nur elementare Satzmuster eingeübt, sondern auch Sprachmelodien erlernt und phonetisch richtige Laute erprobt.

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Das Angebot der Stadbibliothek kam an

„Es ist wirklich großartig, was Sie hier leisten“, lobte Karin Neugebauer das Engagement der hauptamtlichen und freiwilligen Helfer. Partner der Verwaltung sind beispielsweise die VHS, das Anton-Heinen-Haus, ASH-Sprungbrett, die AWO oder die Stadtbibliothek. Letztere will  durch ihr erweitertes fremdsprachliches Medienangebot und Führungen in englischer, französischer und arabischer Sprache eine zentrale Anlaufstelle sein. Wie finden ausgebildete Sprachlehrer und engagierte Ehrenamtler zusammen? Wo gibt es gutes Lehrmaterial und finanzielle Mittel? Wo gibt es noch freie Kursräume? Wie erfahren Flüchtlinge und Asylbewerber von geeigneten Angeboten in ihrer Nähe? Warum brechen einige den Unterricht schnell wieder ab? Die Teilnehmer am gestrigen Dienstag waren sich jedenfalls einig, dass sich ein regelmäßiger Austausch zu diesen Themen lohnt.

Von Andrea Floß

Erfahrungsbericht unseres Redaktionsmitglieds Christa Commer, die sich im Stadtteilladen Quadrath-Ichendorf engagiert

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