Von Inge Hoek
Letztens habe ich beim Aufräumen ein Foto wiedergefunden. Es zeigt meinen ersten Freund und mich selbst. Er adrett im Anzug, ich im Kommunionkleid.
Wir haben uns im ersten Schuljahr kennengelernt. Er und sein Zwillingsbruder und meine beste Freundin und ich gingen in die gleiche Klasse. Die beiden Brüder waren für andere kaum zu untescheiden. Aber wir vier haben ständig miteinander gespielt und dann lernt man schnell die Brüder, die sich so ähnlich sehen, zu unterscheiden. Bald war klar, er war mein Freund, sein Bruder gehörte zu meiner Freundin.
„Den heirate ich”
Wir haben ständig zu viert gespielt, und ich war felsenfest davon überzeugt: „Den heirate ich“. Das passende Schlafzimmer hatte ich schon im Katalog ausgesucht.
Irgendwann kam ein neues Mädel in unsere Klasse. Sie war hübscher als ich und zierlicher.
Wegen ihr hat er mich verlassen. So hab ich es empfunden. Die erste Liebe, der erste Liebeskummer.
Nach dem 4.Schuljahr trennten sich unsere Wege. Wir gingen auf verschiedene weiterführende Schulen.
In der 11.Klasse trafen wir uns wieder. Er und sein Bruder wechselten auf meine Schule. Es war seltsam, als hätten wir uns nie gekannt. Nach dem Abitur trennten sich unsere Wege erneut. Jahre später trafen wir uns auf einem Oberstufen-Klassentreffen wieder.
Er Papa, ich Mama.
Es war schön.
Der Text ist enstanden im Rahmen des „Herzgeschichten“-Workshops, einem interkulturellen Projekt des Integrationsbüros der Kreisstadt Bergheim und der Fachstelle Älterwerden. Unter der Leitung von Literatur-Expertin Claudia Bambach entwickelten die Autoren an fünf Donnerstagen im März und April 2018 ihre Geschichten und trafen sich am 5. Mai 2018 dann das erste Mal zum Austausch und Kennenlernen.
Auf Wunsch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gibt es eine Forsetzung: Zunächst einmal sollen die „Herzgeschichten“ gesammelt und gedruckt werden. Für die Veranstaltung „FuNTASTisch“ am 29. Juni 2018 im und um das Bürgerzentrum in Bergheim Süd-West werden die Autoren einen Geschichten-Wald organisieren und Texte der Öffentlichkeit vorstellen.
Mehr Info zum Schreib-Workshop: „Herzgeschichten“