Lokale Allianz für Menschen mit Demenz startet neues Projekt
Die Zahl der Demenzkranken nimmt immer mehr zu – und damit der Bedarf an speziellen Angeboten für unterschiedliche Altersgruppen und Menschen mit Migrationshintergrund. Die Lokale Allianz für Menschen mit Demenz in Bergheim hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Situation von Betroffenen und Angehörigen zu verbessern. Auch die Seniorenheime richten sich auf die steigenden Demenz-Zahlen ein. 60-65 Prozent der Bewohner sind betroffen, berichtet Michael Nusch-Bösebeck, neuer Leiter der AWO Pflege- und Betreuungseinrichtung in Quadrath-Ichendorf. Die 112 Pflegeplätze werden längst nicht nur von Älteren beansprucht. Doch Angebote für Jüngere, davon kann auch Anni Wilbertz von der Bergheimer Alzheimer Gesellschaft ein Lied singen, sind Mangelware. Ebenso wird der Bedarf an kultursensiblen Hilfs- und Beschäftigungs-Angeboten weiter wachsen.
Erkrankte fühlen sich selbst in der gewohnten Umgebung nicht mehr zurecht und verlernen nach und nach vertraute Handgriffe wie Kochen, Waschen oder Anziehen. Zunehmende Orientierungslosigkeit und Gedächtnisverlust verstärken das Gefühl der Fremdheit und Verunsicherung. Das Kurzzeitgedächtnis leidet zuerst und blendet Aktuelles aus. Erinnerungen an Vergangenes aus der Kindheit oder Alltägliches dageben bleiben länger präsent und sorgen für frohe Momente und Zufriedenheit. Kommen zur Demenz auch noch Sprachbarrieren dazu, ist der Zugang zu den Patienten schwierig.
Brücken bauen ohne Sprache
Gute Erfahrungen hat die Stadtbibliothek Bergheim mit sogenannten “Erinnerungskoffern” gemacht, die Alltagsgegenstände zu verschiedenen Themen enthalten und ausgeliehen werden können. Die Materialien sind ein idealer Türöffner, regen zu Gesprächen an und eignen sich gut als Gedächtnistraining und zur Beschäftigung. Doch deutsche Märchen, traditionelle Volkslieder oder Weihnachtliches sprechen Menschen aus anderen Kulturkreisen nicht unbedingt an. Tobias Hochscherf vom DRK Alten- und Pflegeheim half sich selbst: Um einen älteren Russen ohne Angehörige zu erreichen und mehr über seine Biographie zu erfahren, bediente er sich eines Sprachcomputers – “holprig, aber es ging irgendwie.” Auch Sport hilft, Brücken zu bauen: “Bei der Sitzgymnastik braucht man keine Sprache”, weiß Judith Schmitz, die eine türkische Seniorin in ihrer Gruppe so aus der Reserve lockte.
Interkulturelle Öffnung in der Altenpflege ist schon länger Thema für die Kreisstadt Bergheim: So hat die Fachstelle Älterwerden gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten Workshops zur kultursensiblen Pflege auf den Weg gebracht. Ein Erinnerungskoffer für ältere Migranten soll jetzt jedenfalls als neuestes Gemeinschaftsprojekt von den Netzwerkpartnern der Lokalen Allianz entwickelt werden – auch in Zusammenarbeit mit Ehrenamtlern, Pflegeschülern, Praktikanten, speziell geschulten Betreuungsassistenten sowie der Moschee-Gemeinde.
Der Runde Tisch für Menschen mit Demenz trifft sich regelmäßig zum Austausch – der nächste findet im Juli statt. Aktuelle Termine des Netzwerks sind im Demenzkalender zu finden, unter anderem der Benefiz-Hundepaziergang der Tierfreunde Rhein-Erft am 5. Mai oder die Aktion zum Welt-Alzheimertag am 21. September. Das Motto in diesem Jahr: Demenz – Einander offen begegnen. In Vorbereitung ist auch ein Flyer mit nützlichen Informationen und allen Akteuren vor Ort.