Stadtbibliothek testet Service-Roboter

Kreativ-Workshops zum Mitmachen

Noch steht der Neue von der Stadtbibliothek Bergheim etwas schüchtern in der Ecke. Service-Roboter Temi – der so heißt wie die Bochumer Firma, die ihn entwickelt hat – wartet darauf, von Mitarbeiterin Christina Pantelidu zum Leben erweckt zu werden. Beim Robotik-Symposium in der MEDIO-Lounge hat er seinen ersten großen Auftritt. Im Rahmen eines vom Land NRW geförderten Projekts sollen insgesamt vier „mobile Serviceassistenten“ das Bibliotheksteam künftig unterstützen.  Als digitale Begleitung lächelt  „Frau Holle“ freundlich vom großen Bildschirm herab – ein Avatar in Gestalt einer älteren Dame im Strickjäckchen – sehr vertrauenserweckend, kam aufgrund von WLan-Problemen aber nicht aus ihrem Begrüßungsmodus heraus. Maschinen sind auch nur Menschen …

„Bibliotheken sind heute nicht nur Ausleihorte für verschiedene Medien, sondern Freizeit-Treffpunkte und lebendige Erlebnisorte zum Lernen und Mitmachen“, so Bibliotheksleiter Werner Wieczorek. Durch den digitalen Wandel hätten sich die Bedürfnisse und Erwartungen rasant verändert. E-Books, Rückgabeautomaten und Fernleihe haben den alten Leihzettel im Buch längst abgelöst. Viele Bibliotheken arbeiten bereits mit Künstlicher Intelligenz und Chatbots und haben Roboter als autonom fahrende Transport- oder Assistenzsysteme im Einsatz.

Angebote zum Experimentieren und Erforschen

Innovative Digitalkonzepte mit neuen Techniken wie VR, 3D-Druck und Robotik werden auch in Bergheim schon seit längerem erfolgreich umgesetzt und stehen zum ausgiebigen Ausprobieren und Erforschen bereit. Mit den Makerspace-Angeboten der Stadtbibliothek tritt der MINT-Bereich besonders in den Fokus: Angebote zum Experimentieren und Programmieren fördern technisches Verständnis und eigenständiges Lernen gerade auch bei Kindern und Jugendlichen. Zur Erweiterung dieses zukunftsweisenden Bereichs arbeitet die Stadtbibliothek mit den unterschiedlichsten Partnern aus Bildung und Forschung sowie dem Digital-Team der Stadt zusammen. Gemeinsam mit den Partnern ITQ aus Duisburg, Humanizing Technologies aus München und Dr. Roman Briker von der Universität Maastricht sind innerhalb der nächsten beiden Jahre insgesamt sechs Kreativ-Workshops geplant, bei denen die Bergheimerinnen und Bergheimer mit an Bord genommen werden und Ideen für weitere Einsatzmöglichkeiten sammeln können. Denn Temi kann noch mehr, als Besucher und Schulklassen durch die Einrichtung zu führen und Fragen zu beantworten. Über eine App lässt sich er sich mit Smart-Home-Geräten verbinden und kann ohne große Programmierkenntnisse über eine einfache Konfigurieroberfläche individuell konfiguriert werden. Einmal im Browser eingerichtet, können digitale Avatare auf einer Vielzahl von Endgeräten wie Tablets oder Smartphones mit dem Roboter über eine Software kommunizieren, nach Medien suchen und das richtige Regal ansteuern.

„Es geht gar nicht darum, unsere menschlichen Mitarbeiter zu ersetzten“, baute Werner Wieczorek Berührungsängsten vor. Dem Bibliotheksteam bliebe dann mehr Zeit für andere Aufgaben. Nicht immer sei jemand an Ort und Stelle, um Kunden bei der Suche nach ihrem Wunschmedium beraten zu können. Auch für die Lokale Allianz für Menschen mit Demenz wäre Temi ein Thema, denn seine Brüder und Schwestern werden schon erfolgreich in der Altenpflege beschäftigt und tragen zur Verbesserung der Lebensqualität und Krankheitsverzögerung bei.

Studien zufolge hat die Altersgruppe zwischen 50 und 65 im Übrigen die größten Vorbehalte gegenüber neuesten Technologien, Jüngere und Ältere lassen sich eher von den vielfältigen Möglichkeiten begeistern – die wollen nur spielen.

Der nächste Ideenfindungs-Workshop wird am Dienstag, 23. Januar 2024, von 18 bis 20 Uhr in der Stadtbibliothek Bergheim stattfinden – nicht nur für Technik-Freaks und Nerds: „Hier kann wirklich jeder mitmachen, auch für uns ist das noch Neuland“, so Werner Wieczorek. Ob sich Temis neuer Name “Ursula” aber durchsetzt, wie ihn Christina Pantelidu getauft hat, wird sich zeigen.

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