Sehnsucht bleibt

Das neue Buch von Purple Schulz

Wer Rüdiger heißt, tut gut daran, sich einen Spitznamen zuzulegen. Bei Purple Schulz, der die Verkäufer eines Kölner Orgelgeschäfts als Dreizehnjähriger mit seinen zahlreichen Interpretationen eines Deep Purple-Songs an einer für ihn unerschwinglichen Hammondorgel nervte, gab das den Ausschlag für die Namenswahl.

Neben der „super-investigativen“ Frage: „Woher kommt denn dein Name“ war die nach der „Sehnsucht“ die häufigste, die dem Musiker gestellt wurde. „Ich hab Heimweh, Fernweh, Sehnsucht…ich weiß nicht, was es ist“ – Klingelt da was? Das Lied erschien Ende Oktober 1984 und lief rauf und runter im Radio. Ein Hit der Neuen-Deutschen-Welle, der sich mit den „Verliebten Jungs“ und „Kleine Seen“ auf ewig ins Gedächtnis gebrannt hat. Vielleicht, weil er Platz lässt für die eigenen Gedanken und Gefühle und keine Interpretation vorschreibt. Für jeden bedeutet „Sehnsucht“ eben etwas anderes: Der Teenager der 80er fand den Schmerz wieder, den die kalte Kindheit hinterlassen hatte. Für die Menschen in der DDR drückte das Lied ihre unbändige Sehnsucht nach Freiheit aus. Für Purple war das Wort eigentlich ein Unding, abgenutzt bis zur Unendlichkeit in zahlreichen Texten des deutschen Nachkriegsschlagers. Doch „Sehnsucht bleibt“ und treibt den 59jährigen heute noch um – wie wir jetzt in seiner Autobiographie lesen können.

Bis zum Ende

Wir erfahren: Sehnsucht ist dieses schwer zu beschreibende, komplexe Gefühl, was uns von Zeit zu Zeit packt und in Richtung Zukunft zieht. Sehnsucht kann Motor bedeutsamer Entscheidungen sein, kann eine leidenschaftliche Liebe entzünden und die Kunst befeuern. Sehnsucht wird besungen und geliebt als bitter-süßer Schmerz, und sie wird als schlafender Hund gefürchtet, den man besser nicht weckt. Denn ist sie einmal erwacht, verfolgt sie uns bis ans Ende unseres Lebens.

Purple Schulz nimmt uns mit auf eine ganz persönliche Reise durch vier Jahrzehnte künstlerischen Schaffens. „Ich hatte meine Kindheit in der piefigen Enge der 60er verbracht, meine Jugend in den wilden 70ern nicht enden lassen wollen und musste in den 80ern damit klarkommen, so langsam aber sicher, mal erwachsen zu werden. Das Problem war: Ich wollte nicht. Ich war einfach noch nicht angekommen“, hebt der gebürtige Kölner, der seit vielen Jahren mit seiner Frau in Glessen lebt, an.

Sein Buch ist voller Geschichten um die Suche nach Wärme, Harmonie, Nähe und Zusammenhalt und man hat immer das Gefühlt: Dieser Mann lebt das, was er beschreibt. „Ich will raus!“ – auch eine bekannte Textzeile aus „Sehnsucht“ – will man hier wirklich nicht.

Purple Schulz: Sehnsucht bleibt. Edition Fredebold, 256 Seiten, 19,90 Euro
www.purpleschulz.de

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