Kultur mit allen Sinnen begegnet

Mitmachaktion der Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz weckt die Lebensfreude

Renate Schumacher und Trixie

„Für uns hat sich der Besuch hier schon gelohnt“, freut sich Monika Frankfurter. Sie ist mit ihrer Mutter Renate Schumacher zur zentralen Aktion der Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz in die Stadtbibliothek Bergheim gekommen und schaut zu, wie die 83jährige mitten im Trubel selig die Hündin Trixie herzt. Als trainierter Besuchshund ist der kleine Terrier von Renate Könen ein Profi und lässt sich die Streicheleinheiten gern gefallen. Luftballons durch das MEDIO-Foyer jagen kann sie später immer noch. „Lebensfreude mit Demenz – Kultur mit allen Sinnen begegnen“ ist das Motto der Veranstaltung anlässlich der Demenzwoche, das die Akteure des 2014 in der Stadt Bergheim und 2015 auf Kreisebene gegründeten Netzwerks aus Institutionen und Freiwilligen ihre Besucher auf unterschiedliche Weise erleben lassen. Clownereien, Kunst, Sport, Musik, Tanz und Theater stehen auf dem bunten Programm.

 

Kunst trifft Demenz

Beim Zuschauen bleibt es nicht lange, Mitmachen ist angesagt. Beim „Markt der Möglichkeiten“ stellen sich die Allianz-Partner mit ihren vielfältigen Angeboten vor, die das Leben von Angehörigen und Betroffenen leichter machen. Für den Tierschutz schlüpft Astrid Kurth von den „Tierfreunden Rhein-Erft“ gern schon mal in ihr Bienen-Kostüm – „heute auch um der Demenz den Schrecken zu nehmen“, sagt sie. Unterstützung bekommt sie dabei von Clown Frieda, die auf Einladung der Fachstelle Älterwerden Barrieren abbaut und oft ein Lächeln entlockt. Hans-Jürgen Knabben vom Seniorenportal Bergheim mehrt mit dem Online-Demenz-Quiz nicht nur das Wissen über die Krankheit, sondern macht in erster Linie Spaß.

Kunstpädagogin Jadwiga Madusiok hat Bilder aus dem AWO-Seniorenzentrum in Quadrath mitgebracht, die die Bewohner selbst gemalt haben. „Um den Künstler in sich zu entdecken, ist es nie zu spät“, sagt sie und drückt den Besuchern gleich mal Rolle und Farbtube zum Erschaffen eigener Kunst-Drucke in die Hand. Mefküre Ülker, Gründerin der Türkischen Alzheimer-Gesellschaft in Köln, kommt nach der Fachtagung „Demenz und Migration“ im Kreishaus vorbei um Kontakte zu knüpfen. Sie ist begeistert, was die Kollegen aufgebaut haben, und nimmt viele positive Erfahrungen aus Bergheim mit: „Bei uns hilft man sich untereinander in der Familie, aber ehrenamtliches Engagement ist eher unbekannt.“ Über Demenz werde nicht gesprochen und folglich auch keine Hilfe in Anspruch genommen. Köstlichkeiten aus aller Welt bieten Ingrid Weiss von der AG Selbsthilfe und der Integrative Kochclub am üppigen Kuchenbuffet.

Auszeiten vom Alltag

Helga Bajohr vom Kreissportbund Rhein-Erft ist mit dem „Alltags-Fitness-Test“ am Start – sechs einfachen Übungen mit einer individuellen Bewegungsberatung für den Alltag. Rob Davis, Dozent für Gebärdensprache und Betreuungskraft in der Elsdorfer Senioren-Wohnanlage An Gut Ohndorf und sein Therapiehund Bailee sind als „Doodle Duo – Dog vs. Demenz“ ein eingespieltes Team in Sachen nonverbaler Kommunikation. „Was bleibt, wenn alles andere weg ist, ist das Gefühl“, weiß der gebürtige Engländer. Dank ihrer guten Nase findet Bailee das versteckte Leckerli unter dem Becher problemlos. Für „Härtefälle“ hilft ihr auch schon mal das Bratensoßen-Deo auf die Sprünge.

Musikpädagogin und Gedächtnistrainerin Judith Schmitz nimmt die Besucher mit auf eine frühlingshafte „Erlebnisreise in Wort und Ton“ und weckt mit alten Liedern schöne Erinnerungen. „Freut Euch des Lebens“ heißt das kleine Scherenschnitt-Musical vom „Theater der Dämmerung“ – eine Liebesgeschichte und ein Volksliederreigen zum Mitsingen, von Friedrich Raad live am Mikrophon vorgetragen. Auch Detlef und Andreas Schamberger vom Bergheimer Tanzsportclub Saltatio haben gute Laune im Gepäck. Oft zu Gast im DRK-Heim in der Zeppelinstraße beweisen sie, dass Tanzen auch mit Handicap Spaß macht und die körperliche Fitness stärkt. Bei den mitreißenden  Melodien lassen sich die Senioren nicht lange bitten: Da werden Tücher geschwenkt, mit dem „Föttchen“ gewackelt und die Hände zum Himmel gehoben. Spaßvogel „Jupp“ Brade, der mit seinen trockenen Kommentaren die Lacher auf seiner Seite hat, bringt es mit seinem Lob für den Tanzlehrer auf den Punkt: „So fühlt sich Leben an, und der Mann hier neben mir hat es einfach drauf.“

 

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