Ein Hoch auf bunte Vielfalt!

Große Luftballonaktion für ein tolerantes Bergheim

Auch der Himmel wollte Bergheim lieber bunt und vielfältig statt Grau in Grau und ließ die Sonne über die große Luftballonaktion zum Abschluss der  „Woche der Vielfalt” scheinen.

Rund 200 Menschen – Kindergartenkinder, Schüler, Migranten, Flüchtlinge, ehrenamtlich Engagierte, Mitarbeiter von Organisationen und der Verwaltung – setzten vor dem Bergheimer Rathaus ein Zeichen für Toleranz und Respekt. Alle hörten auf das Kommando der Integrationsbeauftragten Karin Neugebauer und ließen ihre Wünsche für ein gutes Miteinander der Kulturen an bunten Ballons aufsteigen – vielfach verbunden mit den Hoffnungen auf eine bessere Zukunft und ein Leben in Frieden.

Die türkisch-islamische Gemeinde der Bergheimer Moschee schenkte Aşure aus, eine süße Suppe, die Noah einst nach der Sintflut aus den Resten seiner Vorräte gekocht haben soll. „Das passt zu dieser tollen Woche”, lachte Arife Altunay. Buntes Bergheimer Allerlei ist in jedem Fall besser als eintöniges Einerlei.

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Moschee im Dialog

Die Jugend lädt zum Austausch ein

Wer die Bergheimer Moschee in Quadrath-Ichendorf sucht, wird vergebens nach einem Minarett Ausschau halten. Das Gebetshaus der Türkisch-Islamischen DITIB Gemeinde ist in einem eher unscheinbaren Gebäude an der Fischbachstraße untergebracht. Umso prächtiger das Innere mit seinen funkelnden Kronleuchtern und der Bibliothek. Während der Veranstaltungswoche „Bergheim lebt Vielfalt“ lud die Jugendabteilung zu einer Führung und Austausch ein.

DSC04733  Dorit und Wolfgang Rütten waren mit ihren Enkeln und ihrem Besuch gekommen. „Wir engagieren uns in der Flüchtlingshilfe Bergheim und wollten schon lange einmal hierhin“, sagt Dorit Rütten. Schuhe ausziehen. Die dicken Teppiche scheinen jedes Geräusch zu schlucken. Der Besuch nimmt hinten unter der schön geschwungenen Holz-Balustrade Platz, während der Imam Ali Vural beginnt, die Suren aus dem Koran vorzusingen. „Allahu akbar“ – „Gott ist größer“. Die Gebetsnische gibt die Richtung vor: Alle Muslime lobpreisen Allah in Richtung Mekka, mal stehend, auf Knien, mal vorgebeugt bis die Stirn den Boden berührt, und immer in arabischer Sprache. Die Frauen sind während des Gebets im hinteren Bereich, dort gibt es auch ein paar Sitzgelegenheiten für Kranke und Gebrechliche.

Für Frieden und Völkerverständigung

DSC04728Zwischen den Pflichtgebeten, die fünf Mal am Tag stattfinden, steht die Moschee jedem offen – zum Nachdenken, zum Beten, zum Lesen im Koran oder einfach zum Ruhe finden. Nebenan gibt es auch einen kleinen Unterrichtsraum. Große Freude herrschte über das Gastgeschenk, das Friedenskoch Jalil Schwarz der Gemeinde als Geschenk überreichte: Ein Bild mit den 99 Namen von Gott, handgeschrieben, das er aus Ägypten mitgebracht hat. In Palästina geboren, engagiert sich der 79jährige aus Quadrath-Ichendorf mit seiner Organisation „Abrahamszelt“ seit Jahrzehnten für Frieden und Völkerverständigung.

Arife Altunay, die stellvertretende Jugend-Vorsitzende der DITIB-Gemeinde, beantwortete geduldig die Fragen der Anwesenden. Bei Kaffee, Tee und selbstgebackenen Plätzchen drehte es sich im Café gegenüber um Propheten, ums Fasten, um die Stellung der Frau und wie man sich richtig verhält.

DSC04736„Uns ist sehr am Austausch und Kontakt gelegen“, sagt die Medizinstudentin. Ob beim Frühlingsfest oder anderen Feiertagen – die Türen stehen jedem offen. Auch für die Flüchtlinge engagiert sich die Gemeinde sehr – sammelt Kleidung und Spenden, stiftet Fleisch zum Opferfest, organisiert Fahrten in die Moschee. Über das neue Schulhilfeprojekt sollen bedürftige Flüchtlingskinder in Bergheim mit Schulmaterial ausgestattet werden. „Miteinander teilen ist ein religiöser Grundgedanke, der uns alle verbindet“, so Arife Altunay.

Süßes zum Abschluss

Wie wohl auch die Liebe zu Süßigkeiten: Zur großen Luftballonaktion zum Abschluss der „Woche der Vielfalt“ am Freitag, 23. Oktober 2015, vor dem MEDIO wird Aşure gekocht – die süße Suppe aus Noah’s Zeiten, die in islamischen Ländern traditionell am zehnten Tag nach dem muslimischen Neujahrsfest serviert wird. Demnach soll der Prophet nach der überstandenen Sintflut aus den Resten seiner Vorräte dieses Festmahl aus weißen Bohnen, Kichererbsen, Weizen, Reis, Wasser, Rosinen, gehackten Nüssen, Granatapfelkernen und Puderzucker den Überlebenden serviert haben. Integration läuft eben immer auch über den Magen.

 

Internationale Bibliothek

Ein Stück Heimat mitten in Bergheim

Die Stadtbibliothek Bergheim hat ihr fremdsprachliches Angebot erweitert und bietet auf Anfrage auch kostenfreie Führungen in arabischer, französischer und englischer Sprache an. Damit haben Flüchtlinge und Asylbewerber einen festen Anlaufpunkt mitten in der Kreisstadt, in dem sie nach Herzenslust schmökern, Deutsch lernen, sich informieren und im Internet surfen können. Anlässlich der Veranstaltungswoche „Bergheim lebt Vielfalt“ zeigten Hausherr Werner Wieczorek und seine Stellvertreterin Lisa Joos eine Gruppe junger Flüchtlinge aus Syrien ihre Schätze und stellten auch gleich für alle Bibliotheksausweise aus. Drei Monate sind sie kostenlos.

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Aller Anfang ist schwer

Izmir ist der einzige Albaner in der Gruppe. „Ich will arbeiten – zu Hause gibt es für mich nichts“, erzählt der 22jährige. Mit 40 anderen jungen Männern wohnt er in den Unterkünften für Erntearbeiter im Hallerhof bei Oberaußem – so idyllisch es draußen vor der Stadt auch ist, irgendwie ist es Niemandsland, fernab von allem. „Das ist sicher nicht optimal, aber wir haben einfach keinen Platz mehr“, erkklärt Renata Radu, Mitarbeiterin der Stadt Bergheim, die die Gruppe begleitet. Zehn Neuankömmlinge kamen heute dazu, am Montag werden noch einmal 61 erwartet, von denen die Hälfte auf dem Hallerhof untergebracht werden soll. Auch zwei Paare sind dort untergekommen – „das versuchen wir möglichst zu vermeiden“, so Frau Radu. Kindergarten, Schule, Ärzte, Menschen, mit denen man sich austauschen kann – alles ist weit weg. „Viele haben Angst“, erklärt Frau Radu. Als der Rauchmelder einmal losging, brach sofort Panik aus. Die Bilder vom Krieg in Syrien, von Brandanschlägen und Bombenangriffen, sind noch zu nah.

Lesen und Schreiben lernen

In einer Ecke der Bibliothek wird fleißig gelernt. Gestern haben die Alphabetisierungskurse der VHS begonnen. Männer und Frauen üben mit Elena Wiens von der VHS Lesen und Schreiben, weil sie das als Kinder nicht nicht gelernt haben. Die meisten kommen aus dem Irak, einige auch aus Afghanistan. Die Stifte fliegen über das Papier, alle sind sehr konzentriert und üben sorgsam große I’s und EM’s.

Fanar Mamo, 21, übersetzt. Er ist schon seit zwei Jahren in Bergheim, sein Asylantrag ist gerade anerkannt worden. Geduldig beantwortet er die vielen Fragen seiner Landsleute. Ein arabisch-deutsches Lexikon, Lehrbücher und Bilderbücher, die Ausleihkörbe sind am Schluss randvoll. Klasse finden es die Teilnehmer der Internationalen Führung auch, dass sie kostenlos die Computer nutzen dürfen – oft die einzige Chance, mit den Lieben zu Hause Kontakt aufzunehmen.

 

Thementag “Flucht und Asyl”

In Bergheim angekommen

Halbzeit in der „Woche der Vielfalt“. Integrationsbeauftragte Karin Neugebauer hatte Akteure, Experten und freiwillig Engagierte zum Austausch in Bergheimer Medio geladen. Beim Thementag „Flucht und Asyl“ konnten Bürger Fragen stellen und sich ausführlich über Projekte und Hilfsangebote informieren. Im Erzählcafé kamen Migranten, Ehrenamtler und Fachleute miteinander ins Gespräch. Moderator und Netzwerker Sedat Sari, der selbst aus einer türkischen Familie kommt, führte locker durch das Programm.

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Jung, motiviert und voller Tatendrang

Der Syrer Shirko Mamo ist erst seit drei Monaten hier. Der 26jährige, der mit seinem Vater in der Türkei festgehalten worden war, floh zu Fuß über die Balkanrute und war glücklich, nach drei Jahren endlich seine Mutter und seine drei jüngeren Brüdern (15, 16, 21) in Bergheim wiederzusehen. Im Zuge der Familienzusammenführung konnte jetzt auch sein Vater nachkommen. Der Mathe- und Physiklehrer will die Arbeit der internationalen Klasse am Gutenberg-Gymnasium ehrenamtlich unterstützen.

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Shirko (links) mit seinem Bruder Fanar

Geschockt war Shirko, dass sein kleiner Bruder in den zwei Jahren in Deutschland nur radebrechend Deutsch sprach und – geparkt in der Hauptschule –wohl eher schlechte Zukunftschancen hat. „Wir wollen lernen und nicht einfach nur als Problem gesehen werden“, sagt der ausgebildete Computerspezialist. Zum Nichtstun verurteilt sein, nicht arbeiten zu können und keine Aussichten zu haben, ist für ihn unvorstellbar. Deutschland sei das einzige Land, das die Tür für Flüchtlinge öffnet. Dafür sei er sehr dankbar und will gern etwas zurückgeben. So arbeitet er gerade mit Daniela Hermes aus Bergheim an einem E-Learning Sprach-Programm. Die Lernsoftware soll hoch­motivierten Flüchtlingen mit Computerkenntnissen die Integration erleichtern.

 

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Milizia aus Serbien (r.) erzählt Heidi Justen-Königs ihre Geschichte

Milizia, 21, kommt aus Serbien. Die junge Frau floh mit ihrem Mann. Der ausbebildete Automechaniker war beim Militär und wollte nicht länger mit Gewehren an der Grenze auf andere Menschen zielen oder sein Leben in minenverseuchtem Gelände aufs Spiel setzen. Sie selbst verlor bei einem gewaltsamen Überfall ihr Baby. Seit sieben Monaten in Quadrath-Ichendorf ist sie endlich in Sicherheit und hat sogar etwas Deutsch gelernt. Ihr größter Traum: Wieder als Erzieherin arbeiten. In Frieden leben und keine Angst mehr haben.

„Haltung zeigen”

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Kimberley Colegrove vom Kinderhilfswerk UNICEF

Auch Kimberley Colegrove, ehrenamtliche Leiterin der UNICEF-Arbeitsgruppe in Köln, ist eine „Dazugekommene“. Die US-Amerikanerin lebt seit 31 Jahren in Köln und schätzt an den Deutschen besonders ihre Fähigkeit zum Krisenmanagement. „Wenn ein Land diese schwierige Situation meistern kann, dann ist es Deutschland“, sagte sie in ihrem bewegenden Vortrag über Flüchtlingskinder. Jeder vierte Asylbewerber in Europa sei minderjährig. Doch ihre Rechte würden oft missachtet. In NRW sind Flüchtlingskinder beispielsweise erst dann schulpflichtig, sobald sie einer Kommune fest zugewiesen sind, also nicht länger in einer Landeseinrichtung wie z.B. der Dreifachturnhalle am Gutenberg-Gymnasium untergebracht sind. Je nach Aufenthaltsdauer bedeutet dies eine Verzögerung über mehrere Monate, je nach Herkunftsland noch länger. „Kinder werden leicht übersehen – es liegt an jedem einzelnen, Haltung zu bewahren und sich für die Menschenwürde einzusetzen“, so Frau Colegrove.

Von Andrea Floß

 

Sprache von Anfang an

Deutschkurse helfen beim Ankommen

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Reger Erfahrungsaustausch im MEDIO

Menschen aus 106 Nationen leben in Bergheim. Ohne Deutschkenntnisse keine Integration – da sind sich alle einig. „Gleichgültig, ob sie hier bei uns bleiben oder nicht, wir wollen jedem Neuankömmling Sprache von Anfang an mit auf den Weg geben“, so der Beigeordnete Klaus-Hermann Rössler. Im Rahmen der „Woche der Vielfalt“ trafen sich am Dienstag, 20.10.15, Dozenten und freiwillig engagierte Lehrkräfte im MEDIO zu einem ersten Ehrfahrungsaustausch.

Nachhaltige Sprachförderangebote für Flüchtlinge und Asylbewerber in den Stadtteilen sowie eine bessere Vernetzung der Akteure sind das erklärte Ziel der Bergheimer Integrationsbeauftragten Karin Neugebauer. „Viele hier sind als Einzelkämpfer unterwegs – hier gibt es noch viel Koordinationsbedarf“, will sie Brücken bauen.

Jeder dritte der rund 63.000 Bergheimerinnen und Bergheimer hat ausländische Wurzeln. Hinzu kommen aktuell 550 Asylbewerber und 150 Flüchtlinge, die in der Turnhalle am Gutenberg-Gymnasium untergebracht sind. „Viele kämpfen noch mit den traumatischen Erlebnissen ihrer Flucht, fühlen sich fremd in der neuen Umgebung und haben große Sorgen, was ihre Zukunft angeht“, sagt Karin Neugebauer. Dass sie vor diesem Hintergrund den Kopf nicht freihaben, um Grammatik zu pauken, liegt auf der Hand. Lektorin Iris Fechner plädierte für das „Thannhauser Modell“, das in Bergheim schon vielfach zum Einsatz kommt. Das  Lehrbuch für Asylbewerber vermittelt nicht nur alltagstaugliche Deutschkenntnisse, sondern wirbt auch für mehr Gelassenheit und eine entspannte Lernatmosphäre.

Willkommenskurse und Alphabet

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Vielfältiges Angebot

Damit die Zuwanderer sich schnell zu Hause fühlen und bei uns zurechtfinden, startete die Stadt Bergheim im Juni Willkommenskurse. Sieben Träger bieten je nach Kenntnisstand der Schützlinge Alphabetisierungs- und Deutschkurse an. Den geschulten Sprachlehrern stehen ehrenamtliche Helfer zur Seite, die die Sprachschüler verständnisvoll begleiten, bei Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitungen und Alltagsfragen helfen. Die größte Herausforderung ist die Heterogenität der Gruppen – Menschen mit Hochschulabschluss und Menschen, die nie Lesen und Schreiben gelernt haben, unter einen Hut zu bringen. Die Schüler sind zum größten Teil Erwachsene. An Grund- und Hauptschulen gibt es außerdem Integrationsklassen für Kinder. In Bergheim SüdWest haben sich die Anbebote im FUNtastik und im Integrationsbüro etabliert, ebenso wie die im Stadtteilladen Quadrath-Ichendorf. Das „Café Palaver“ spricht vor allem Frauen mit Migrationshintergrund an.

Deutsch mit Mama und Papa

Seit September läuft das vom Land geförderte Projekt „Ich lerne Deutsch mit Mama und Papa“ in Kooperation mit dem Jugendamt und dem ASH Sprungbrett. In den alltagsorientierten Deutschkursen drücken Eltern zusammen mit ihren Kindern die Schulbank. Beteiligt sind sieben Bergheimer Grundschulen in Quadrath-Ichendorf, Kenten, Ahe, Bergheim-Mitte und Niederaußem sowie die Hauptschule. Während kleinere Geschwisterkinder im Nebenraum von Ehrenamtlerinnen betreut werden, pauken die Größeren in der Klasse nebenan mit Mama oder auch Papa Deutsch. Der Unterricht ist eher praktisch orientiert: Wie heißen die Dinge im Schulmäppchen? Wie macht man deutlich, wenn man „auf Toilette“ gehen möchte? Was sagt man, wenn einem etwas weh tut? Wie heißen die zum Teil fremden Lebensmittel? Wie gibt man auf Deutsch die eigene Telefonnummer an? Lieder, kleine Alltagsinszenierungen, rhythmisches Sprechen und Spiele lockern auf und vermitteln nebenbei niederschwellige Sprachkenntnisse. Im Miteinander Singen oder rhythmischen Sprechen werden nicht nur elementare Satzmuster eingeübt, sondern auch Sprachmelodien erlernt und phonetisch richtige Laute erprobt.

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Das Angebot der Stadbibliothek kam an

„Es ist wirklich großartig, was Sie hier leisten“, lobte Karin Neugebauer das Engagement der hauptamtlichen und freiwilligen Helfer. Partner der Verwaltung sind beispielsweise die VHS, das Anton-Heinen-Haus, ASH-Sprungbrett, die AWO oder die Stadtbibliothek. Letztere will  durch ihr erweitertes fremdsprachliches Medienangebot und Führungen in englischer, französischer und arabischer Sprache eine zentrale Anlaufstelle sein. Wie finden ausgebildete Sprachlehrer und engagierte Ehrenamtler zusammen? Wo gibt es gutes Lehrmaterial und finanzielle Mittel? Wo gibt es noch freie Kursräume? Wie erfahren Flüchtlinge und Asylbewerber von geeigneten Angeboten in ihrer Nähe? Warum brechen einige den Unterricht schnell wieder ab? Die Teilnehmer am gestrigen Dienstag waren sich jedenfalls einig, dass sich ein regelmäßiger Austausch zu diesen Themen lohnt.

Von Andrea Floß

Erfahrungsbericht unseres Redaktionsmitglieds Christa Commer, die sich im Stadtteilladen Quadrath-Ichendorf engagiert

„Bergheim ist bunt, vielfältig und tolerant“

Interview mit der Integrationsbeauftragten der Stadt Bergheim, Karin Neugebauer

DSC04555Seit 2008 hält die Integrationsbeauftrage Karin Neugebauer die Fäden in der Hand, um das Zusammenleben der Generationen und Kulturen in Bergheim zu gestalten. „Integration gelingt nur gemeinsam“, versteht sich die gebürtige Münsterländerin als Brückenbauerin. Mit der „Woche der Vielfalt“ vom 19.-23.10.2015 will die Kreisstadt Bergheim ein Zeichen setzen und Fachleute, Bildungseinrichtungen, Initiativen und freiwillig Engagierten besser vernetzen. Mit Karin Neugebauer sprach unsere Redakteurin Andrea Floß:

Was ist das Ziel der aktuellen Veranstaltungswoche „Bergheim lebt Vielfalt“?

Die Kreisstadt Bergheim rückt eine Woche lang das Thema Migration und Integration in den Mittelpunkt. Jeder Dritte der rund 63.000 Bürgerinnen und Bürger hat eine Zuwanderungsgeschichte. Wir wollen erreichen, dass vor dem Hintergrund des aktuellen Flüchtlingsstroms nicht nur die Probleme, Grenzen und Herausforderungen gesehen werden, sondern auch die große Bereicherung, die das Zusammenleben der Kulturen für unsere Stadt bringt.

Die Ausstellung „anders – cool“, die gerade im MEDIO gezeigt wird, zeigt  Lebensgeschichten von Jugendlichen, die hier ihre Heimat gefunden haben. Was können wir tun, damit Integration gelingt?

In einem neuen Land ist erst einmal alles fremd. So verschieden die Sprachen sind, sind im Einzelfall auch die Bildung, Beruf und sozialer Status. Wir müssen uns bewusst machen: Jeder einzelne bringt seine ganz persönlichen Fähigkeiten mit und braucht individuelle Unterstützung, um sich hier Zuhause zu fühlen – Sprachkurse, Jobberatung, Hilfe bei der Wohnungssuche oder auch medizinische Betreuung. Hier in Bergheim leisten zahlreiche Initiativen und Vereine – hauptamtlich oder ehrenamtlich – wirklich großartige Arbeit. Hier gilt es, diese Angebote vor Ort noch besser zu vernetzen und gemeinsam zu gestalten. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle auch an alle Engagierten!

Was passiert beim Thementag „Flucht und Asyl“ am Mittwoch, 21.10., im Medio?

Im Zentrum steht die Begegnung – es geht darum, mit einander und nicht nur über einander zu sprechen. Experten beantworten die Fragen von Bürgern – beispielsweise „Was heißt das eigentlich – Recht auf Asyl“ und welche Maßnahmen sind nötig, damit Flüchtlinge in unserer Gesellschaft ankommen? In den offenen Foren kommen Migranten, Akteure und freiwillig Engagierte zu Wort und erzählen ihre Geschichte. Es lohnt sich also auf jeden Fall vorbeizukommen, sich zu informieren und auszutauschen.

Höhepunkt ist die große Luftballon-Aktion am Freitag, 23.10., auf dem Hubert-Rheinfeld-Platz. Wie kann ich da mitmachen?

Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen vorbeizukommen und ihre Wünsche für ein gutes Zusammenleben auf Postkarten zu schreiben. Die werden wir dann an Luftballons in den Himmel steigen lassen und damit ein Zeichen setzen für ein buntes, vielfältiges und tolerantes Bergheim. Abends findet dann im Medio als krönender Abschluss das große Festival „Vielfalt ist cool“ statt. Vier junge Bands aus der Region mit ganz unterschiedlichen kulturellen Wurzeln spielen Rock, Pop, Funk und Soul – Musik baut Brücken.

Gastfamilien als Pflegeeltern gesucht

Minderjährige Flüchtlingskinder brauchen Unterstützung

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche, die ohne die Begleitung ihrer Eltern oder Verwandten die Flucht aus ihrem Heimatland angetreten haben oder auf der Flucht von ihren Angehörigen getrennt wurden. Sie haben in ihrer Heimat viel Leid erlebt und waren während der Flucht auf sich alleine gestellt. Nun brauchen sie Menschen, die bereit sind, sich um sie zu kümmern. Dafür kommt nicht nur die klassische Familienkonstellation in Frage, sondern auch andere Lebensgemeinschaften, Alleinstehende und ältere Paare.

Welche Voraussetzungen müssen Gastfamilien / Pflegestellen erfüllen?

  • Sie solltenein freies Zimmer haben, das  Sie dem jungen Menschen zur Verfügung stellen können und in gesicherten finanziellen Verhältnissen leben
  • gesund und belastbar sein
  • offen sein gegenüber fremden Kulturen und über Akzeptanz verfügen gegenüber der Religion des jungen Menschen (Fastenzeit, Ernährungsregeln)
  • viel Zeit für den jungen Menschen haben, da dieser besonders in der ersten Zeit auf Hilfe im Alltag, beim Erlernen der Sprache und bei der Integration in der Schule  oder der Ausbildungssuche  angewiesen sein wird

    Infoveranstaltung am 02. November im Rathaus

    Gastfamilien bzw. Pflegestellen erhalten von der Stadt Bergheim

  • Informationen über alles, was mit der Aufnahme eines Pflegekindes zusammenhängt
  • Beratung und Unterstützung bei allen Fragen und auftretenden Schwierigkeiten
  • Das Angebot, an Elternkreisen bzw. Seminaren teilzunehmen
  • Pflegegeld sowie Beihilfen zu besonderen Anlässen

    Wenn Sie sich vorstellen können, Gastfamilie / Pflegestelle für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling zu sein, möchten wir Sie herzlich zur Informationsveranstaltung am 02.11.2015 um 18.00 Uhr im Rathaus der Kreisstadt Bergheim einladen.

    Bitte melden Sie sich unter Tel.: 02271/ 89-111 bei Frau Strunk  bis zum 30.10.2015 an.

Ausstellung “anders – cool” eröffnet

Vorhang auf für die „Woche der Vielfalt“

DSC04603Eine Woche lang rückt die Kreisstadt Bergheim die Themen Migration und Integration in den Blick. Auftakt war am Montag, 19. Oktober, mit der Eröffnung der multimedialen Wanderausstellung „anders? – cool!“ der Jugendmigrationsdienste, die im MEDIO Station macht.  „Die Woche ist eine Einladung an alle, Integration hier in Bergheim gemeinsam und vernetzt auf die Beine zu stellen“, so die Integrationsbeauftragte der Stadt Bergheim, Karin Neugebauer. Authentische Bilder und Texte, interaktive Elemente und der Einsatz Elektronischer Medien – sprechen besonders, aber nicht nur Kinder- und Jugendliche an. „Ziel ist es, nicht nur über Jugendliche zu sprechen, sondern sie auch selbst zu Wort kommen zu lassen“, erklärt Karin Neugebauer.

Vielfalt als Chance

„Die Flüchtlingsproblematik ist in aller Munde. Wir wollen nicht nur über die Grenzen der Zuwanderung sprechen, sondern auch über die Chancen, die sie für uns bieten“, betonte der Beigeordnete Klaus-Hermann Rössler. „Herz anstatt Hetze“, brachte Safia Reinbold vom Jugendmigrationsdienst Rhein-Erft das Anliegen auf den Punkt. Willkommenskultur leben die beiden Schüler Lamyae Afkir und Mert Polat aus Quadrath-Ichendorf, beide in Bergheim geboren und mit marokkanischen (Lamyae) und türkischen Wurzeln (Mert) schon lange – sie engagieren sich vor Ort für Flüchtlingskinder, lernen und spielen mit ihnen. Jetzt führen sie Bergheimer Schulklassen durch die Ausstellung und wollen ihre Erfahrungen weitergeben. „Solange uns die Menschlichkeit verbindet, kann uns nichts trennen“, ist Lamyaes Wahlspruch für ein gutes Zusammenleben. Auch der Kooperationspartner BM-Cultura musste sich nicht lange bitten lassen. „Kultur baut Brücken – deshalb sind wir gern dabei“, so Medio-Hausherr Schobbe Vois.

Beratung und Hilfe

Seit Februar 2014 berät Tatjana Markus vom Jugendmigrationsdienst Rhein Erft Jugendliche von 12 bis 27 Jahren in Sachen Berufswahl und hilft durch den Bürokratiedschungel. Zweimal im Monat ist sie in Bergheim. „Wir sind nur zu dritt und für zehn Kommunen zuständig – eigentlich müsste in jeder Stadt ein Ansprechpartner sein“, sagt die Pädagogin. Seit dem aktuellen Flüchtlingsstrom stehen die Mitarbeiter auch den Neuankömmlingen mit Rat und Tat zur Seite. „Es fehlt an allem, an Kleidung, an Spielsachen – Vielfach kommen die Menschen hier in Flip-Flops an. Viele haben Schreckliches erlebt und brauchen auch medizinische Hilfe.“

Weitere Höhepunkte der Woche sind der Thementag Flucht- und Asyl am Mittwoch, 21.10., die große Luftballon-Aktion auf dem Hubert-Rheinfeld Platz und das Festival mit vier regionalen Bands am Freitag, 23.10. Hier gibt es das ganze Programm zum Download:
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Öffnungszeiten der Ausstellung: Mo, 19.10., 14-17 Uhr, Di-Fr, 23.10. 8-17 Uhr; Eintritt frei; Führungen auf Anfrage (außer Mittwoch).

Ansprechpartner: Karin Neugebauer, Integrationsbeauftragte der Stadt Bergheim, Telefon:  02271 / 89 588, E-Mail: karin.neugebauer@bergheim.de;
Schobbe Vois, BM.CULTURA, Telefon: 02271 / 9868515, E-Mail: vois@bm-cultura.de

Schöne Orte in Bergheim…

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Bergheim

 

 

Ein besonderer Erste-Hilfe-Kurs

fand bei der gemeinnützigen CuraCon Rhein-Erft in Bergheim statt. Die CuraCon betreut in Ihrem Fachbereich „Demenz“ Menschen mit dementieller Veränderung, deren Angehörige, Freunde und Bekannte. Auch Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen mit dem Schwerpunkt Demenz werden von der CuraCon angeboten. Jetzt gab es einen Erste-Hilfe-Kurs für Betreuende von dementiell veränderten Menschen. Erste Hilfe muss für demenzerkrankte Menschen anders aussehen, als ein „normaler“ Erste-Hilfe-Kurs. Speziell für diesen Teilnehmerkreis wurde von der CuraCon in Zusammenarbeit mit dem Malteser Hilfsdienst eine Erste-Hilfe-Schulung entwickelt, die die besonderen Eigenarten in der Ersten-Hilfe-Leistung bei Menschen mit dementieller Veränderung beinhaltet. An zwei Abenden referierte der Rettungsassistent Dominik Krichel vom Malteser Hilfsdienst Jülich zu diesem Thema. „Empathie und besonderes Verständnis für Menschen mit Demenz ist die Voraussetzung um überhaupt Erste-Hilfe leisten zu können“, so Krichel. Neben den theoretischen Beschreibungen wurde auch ein großer Teil auf praktische Übungen gelegt. „Wir planen weitere Angebote zum Thema Erste-Hilfe für betreuende Menschen im Demenzbereich“, so der Geschäftsführer der CuraCon Rhein-Erft, Albert Dreyling. Weitere Informationen über die Tätigkeiten und Angebote der gemeinnützigen CuraCon finden Sie unter www.curacon-rhein-erft.de

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