Vom Beruf in die Rente – Gleitender Übergang statt harter Schnitt

Foto Mann vor Wasserfall
Auf unserer Reise durch Costa Rica 2018 ging es quer durch den Regenwald.

Viele Menschen gehen jedes Jahr in den Ruhestand. Ein großer Teil ist Anfang bis Mitte 60, fit, aktiv und offen. Eine wirkliche Planung für diese Phase des Lebens gibt es oft nicht, stattdessen lassen viele den Ruhestand auf sich zukommen. Unsere Online-Redaktion spricht im Laufe des Jahres mit Kempener Bürgern und fragt, wie sie sich auf den neuen Lebensabschnitt vorbereitet haben. 

Unser heutiger Gesprächspartner ist Klaus Martens. Er lebt mit seiner Frau im Blumenviertel. Der gelernte Industriekaufmann hat sich im Laufe seines Berufslebens ständig weiterentwickelt und verschiedene Positionen sowohl in kleineren Unternehmen als auch in internationalen Konzernen innegehabt. U. a. arbeitete er lange Jahre als Leiter Organisation/Qualtitätsmanagement in einem amerikanischen Unternehmen und war dort für die Betreuung der europäischen Konzerntöchter zuständig. Zuletzt arbeitete er als Leiter Qualitätsmanagement in einem Unternehmen der Druckindustrie. Zum 1.1.2019 ging er mit 63 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand.

Rente schon als junger Erwachsener geplant

„Ich habe in meinem Leben gerne und viel gearbeitet“ erzählt er. „Dabei war es immer mein Traum, spätestens mit 60 in Rente zu gehen. In unserer Jugend war das durchaus möglich. Viele große Firmen sortierten Mitarbeiter bereits ab 55 Jahren oder sogar früher aus und machten ihnen mehr oder weniger großzügige Angebote, vorzeitig in Rente zu gehen. Nun, dieser Traum erfüllte sich nicht, denn durch die Renten- und Arbeitsrechtsreformen wurde es den Firmen unmöglich gemacht, die Mitarbeiter zulasten des Staates vorzeitig in Rente zu schicken.

Krankheit führt zur Einsicht

Irgendwann wurde die Arbeit zu viel und zu stressig und ich wurde ernsthaft krank. Das war für mich ein Zeichen, dass ich mein Leben ändern musste, um noch etwas davon zu haben. Ich suchte nach Möglichkeiten, mich gezielt zu entspannen, und lernte Atemübungen. Durch eine Kollegin wurde ich auf Yoga aufmerksam und probierte das aus. Glücklicherweise hatte ich eine gute Lehrerin und ich merkte rasch Erfolge. Auch meine Familie registrierte, dass ich entspannter wurde. Yoga praktiziere ich bis heute jeden Morgen nach dem Aufstehen. Es ist mir in Fleisch und Blut übergegangen.

In der Reha wurde Nordic Walking vorgestellt. Früher machte ich mich über die „Stöckeschleifer“ lustig. Nun erkannte ich, dass Nordic Walking im Gegensatz zu Jogging auch für Patienten mit koronarer Herzkrankheit geeignet ist. Ein Schulfreund hatte einen Kurs für Nordic Walking besucht, praktizierte es aber nicht, weil es ihm alleine zu langweilig war. Weil ich die Gehtechnik richtig lernen wollte, besuchte ich dann ebenfalls einen Kurs. Es machte mir so viel Spaß, dass ich im Anschluss jeden Sonntagmorgen zusammen mit meinem Kumpel eine große Runde drehte. Dann kamen noch 2 Freunde dazu und seitdem laufen wir jede Woche zusammen oder bei schönem Wetter fahren wir sportlich Fahrrad. Es gibt nur ganz wenige Sonntage, an denen wir aufgrund eines Feiertages oder schlechten Wetters nichts zusammen machen.

Arbeitszeit reduzieren trotz finanzieller Einbußen

Als ich 60 wurde, reifte in mir der Wunsch, die Arbeitszeit zu reduzieren. Meine Frau und ich hatten das Reisen für uns entdeckt. Wir reisten selbst organisiert durch einige Länder und bedauerten jedes Mal wieder, nach maximal 3 Wochen nach Hause fahren zu müssen. Mein Arbeitgeber signalisierte mir, dass er mein Know-how so lange wie möglich im Unternehmen halten wollte. Ein Besuch bei einem Rentenberater brachte dann finanzielle Klarheit: Ich konnte mit 63,5 Jahren ohne Abzüge in den vorzeitigen Ruhestand gehen. Wenn ich meine Arbeitszeit auf 2 Tage die Woche reduzieren würde, wäre das zwar ein klarer finanzieller Einschnitt aber es hätte wenig Auswirkung auf die Höhe der Rente. Dafür wäre der Gewinn an Lebensqualität enorm. Mit meinem Arbeitgeber gelang mir dann eine Vereinbarung, die Arbeitszeit schrittweise zu reduzieren.

Ruhestand genießen

Inzwischen bin ich seit etwas mehr als einem Jahr im vorzeitigen Ruhestand. Ich habe die Entscheidung nie bereut. Im Gegenteil: Wir haben jetzt viel mehr freie Zeit und können reisen so lange und so oft wir wollen. Wir sind nicht mehr mit Aktivitäten auf das Wochenende beschränkt und können auch mitten in der Woche Fahrrad fahren oder spazieren gehen. Unsere Reisen organisieren wir gerne selber. Das kostet zwar viel Zeit, dafür sind wir aber wesentlich flexibler und wir können uns unsere Route so wie wir wollen zusammenstellen. Außerdem bringt das schon viel Vorfreude auf die Reise. Ich fotografiere gerne und nach der Reise werden die Bilder bearbeitet und zu einer Diashow zusammengestellt. Das Ergebnis zeige ich dann gerne im Freundeskreis oder auch auf einer Veranstaltung im Hagelkreuz. Dort habe ich z. B. letztes Jahr über unsere Reise nach Panama und Costa Rica berichtet.“ km

Abenteuer im Ruhestand