Vom Beruf in die Rente – Vorbeugen statt Langeweile

Gruppenfoto Walking-Gruppe
Gisela van Soest mit Walking-Gruppe

Viele Menschen gehen jedes Jahr in den Ruhestand. Ein großer Teil ist Anfang bis Mitte 60, fit, aktiv und offen. Eine wirkliche Planung für diese Phase des Lebens gibt es oft nicht, stattdessen lassen viele den Ruhestand auf sich zukommen. Unsere Online-Redaktion spricht im Laufe des Jahres mit Kempener Bürger und fragt, wie sie sich auf den neuen Lebensabschnitt vorbereitet haben. 

Unsere erste Gesprächspartnerin ist Gisela van Soest. Die ehemalige Chefsekretärin ist vor neun Jahren nach über 40 Jahren aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden und hat sogar noch ein paar Monate länger als notwendig in einem amerikanischen Unternehmen für Blutanalyse-Geräte gearbeitet. Als Ruheständlerin mit Erfahrung berichtet sie, wie sie den Übergang erlebt, gestaltet und empfunden hat.

„Vorbereitet hatte ich mich nicht“, erklärt van Soest spontan und fuhr erst einmal ganz allein in einen sechswöchigen Urlaub nach Südafrika, um richtig abzuschalten. „In der Firma hatte der Chef schon mal das Gesicht verzogen, wenn ich einen dreiwöchigen Urlaub eingereicht hatte, also war ein langer Urlaub das erste, was ich machen wollte“.

Erst Entspannung, dann Aktivität

„Ich hatte keine Angst, dass ich in ein Loch falle“, sagt die aktive Nordic Walkerin. Diese Sportart konnte sie früher als Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit nur am Wochenende ausüben und dreht nun viermal in der Woche mit Freunden und Bekannten ihre Runde. „Ziemlich unmittelbar nach meinem Renteneintritt habe ich mich auch im Fitness-Studio angemeldet, um neue Kontakte zu knüpfen und Bewegung miteinander kombinieren zu können“. Über die Freizeitaktivitäten der Quartiersentwicklung hat sie eine Nordic Walking-Gruppe initiiert.

Was kann ich besonders gut?

Diese Frage stellte sich die ehemalige Bürokraft und las zufällig in der Zeitung, dass Ehrenamtliche für die Publikation „SeniorenSpiegel“ der Senioren-Initiative Kempen gesucht werden. „In der Firma konnte ich auf der Tastatur fast „Klavierspielen“ und mit den Programmen Office und Word perfekt umgehen“, grinst sie und da war es natürlich nur der Wimpernschlag einer Überlegung und die flotte Schreiberin übernahm die Aufgabe. „Hier konnte ich meine Fähigkeiten einbringen und ich mache es sehr gern“.

Herausforderung für die Partnerschaft

„Mein Lebenspartner war bereits in Rente, als ich meinen Ruhestand antrat“, so van Soest. Also ging es darum, sich an die neue Freiheit gemeinsam zu gewöhnen. Die klare Tagesstruktur verändert sich und neue Absprachen waren erforderlich: Wer geht zuerst ins Bad, wer bringt den Müll weg, wer kauft ein und vieles mehr. Was vorher genau geregelt war, erfordert neue Vereinbarungen. „Das hat sich schnell und sehr gut eingespielt und jeder hat jetzt feste Aufgaben im Haushalt, seine eigenen Freiheiten und Hobbies“, berichtet die Hagelkreuzerin und fügt an: „Jeder hat eigene Bedürfnisse und die müssen unter einen Hut gebracht werden“.

Zeit für die Familie

 Natürlich hat van Soest unmittelbar nach dem Renteneintritt mehr Zeit mit ihren beiden Enkelkindern verbracht und ihre Tochter unterstützt. „Heute ist meine Enkelin 16 Jahre und mein Enkel 20 Jahre; die beiden brauchen keine Oma zum Vorlesen und für den Spielplatz mehr“, lacht die sympathische Ruheständlerin. Trotzdem genießt sie den Austausch mit der Familie und nimmt am Leben der jungen Menschen teil.

Kollegen, Firma, Anerkennung – was wird vermisst?

„Ich habe das große Glück, dass die Ruheständler meines ehemaligen Arbeitgebers sich einmal im Jahr treffen“, berichtet van Soest. So können alte Projekte und Erlebnisse weiterleben. „Wir lachen an diesem Abend viel miteinander, aber zurück ins Büro möchte ich nicht mehr – ich bin zufrieden und mir gefällt mein Rentnerleben!“ rs