Wohlfühlen mit 60+ in Kempen – Was wollen und brauchen ältere Menschen?

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Nicht nur die Pandemie hat ältere Menschen in den letzten Jahren von gesellschaftlichen Angeboten ferngehalten, aber deutlich gemacht, dass diese Gruppe besondere Bedürfnisse rund um Vereinsamung und Alleinsein haben. Das Kempener Bündnis 90/Die Grünen stellte im Jahre 2020 einen Antrag im städtischen Sozialausschuss, um vereinsamte ältere Menschen zu identifizieren und Hilfe oder Betreuung anzubieten.

„Die höchste Anzahl älterer Menschen lebt bei uns im Hagelkreuz und vor diesem Hintergrund wurde die dortige Quartiersentwicklung im Jahr 2020 mit der Bildung eines Projektes beauftragt“, erklärte Bürgermeister Christoph Dellmans auf der Eröffnung des Informationstages „Gemeinsam statt einsam“ am vergangenen Samstag den Ursprung des Aktionstages.

Ein Expertenrat bestehend aus Fachpersonen mit Arzt, Apotheker, Pflegedienstleitung und Hilfsorganisationen wurde initiiert und ein Konzept zur Identifizierung von vereinsamten Menschen entwickelt. Es wurde die Fragestellung diskutiert, wie die Kontaktaufnahme mit diesen Personen aussehen könnte. Aus dieser Vorstudie ging die „Kempener Netzwerk Initiative gegen Einsamkeit“ im Jahre 2021 hervor.

Gemeinsam mit Physiotherapeuten, Sanitätshäusern und dem Sozialdienst des Kempener Hospitals wird nun, mit Einwilligung der von Einsamkeit betroffenen Menschen, die Senioren- und Pflegeberatungsstelle der Stadt Kempen datenschutzkonform informiert und nimmt Kontakt zu den Personen auf. Ziel sei es, einen Beratungstermin mit Betroffenen zu vereinbaren, über das Angebot für SeniorInnen in Kempen zu informieren und die Teilhabe der sozialen Gesellschaft zu ermöglichen, erläutert Dellmans die Initiative.

Andrang beim Informationstag „Gemeinsam statt einsam“

Der große Andrang auf die Präsentationstafeln und Stände in der Mensa der Gesamtschule unterstreicht die Neugier und Notwendigkeit bei diesem schwierigen Thema des Älterwerdens. Alle Aussteller und Akteure sind sehr zufrieden mit den guten Gesprächen und Diskussionen. Die Senioreninitiative sorgte im Café Vergissmeinnicht für das leibliche Wohl der Besuchelinnen und bei Kaffee und Kuchen konnten die Eindrücke in die Welt von einsamen Menschen gut verarbeitet und verdaut werden.

Wohlbefinden – Kempen ist gut aufgestellt

„Kempen hat eine Vielzahl an präventiven Maßnahmen und unsere hiesigen Einrichtungen halten adäquate Angebote für einsame Menschen vor“, bekräftigt der parteilose Bürgermeister. Er betont jedoch, dass soziale Kontakte für das Wohlbefinden älterer Menschen wirklich wichtig seien und jeder Mensch Gleichgesinnte treffen möchte. Doch die Strukturen der sozialen Kontakte ändern sich und er nennt Schlagworte wie Kindheit, Jugend, Berufswahl, Familienplanung und Rentenalter.

Dellmans verdeutlicht in seiner Eröffnungsrede, dass sich das Geflecht aus Freunden, Bekannten, Kollegen oder Familienmitgliedern im Lebensverlauf ausdünnen: Nachbarn ziehen weg, Kinder verlassen das Haus, Freunde und Verwandte sterben. Jetzt seien Begegnungsorte wie Cafés, ein Fahrdienst, eine „freundliche Bank“ oder Angebote zum kreativ und aktiv sein oder einfach nur zum Reden und Treffen vonnöten.

Anlaufmöglichkeiten für die Generation 60+

Vom Mittagstisch bei der Senioreninitiative e. V., dem „Mobilen Einkaufswagen“ des Malteser Hilfsdienstes, über Angebote im Quartier Hagelkreuz wie das kostenlose Bewegungsprogramm „Senioren in Bewegung“ oder mit den Hagelkreuzbikern in der näheren Umgebung Fahrradfahren: „Kempen bietet ein großes Hilfs- und Freizeitangebot für den Aufbau von sozialen Kontakten an“, weiß Dellmans und der Informationstag böte einen guten Überblick für die Generation 60+, die ein Leben mit befriedigenden zwischenmenschlichen Beziehungen ermöglichen.

Kempen kümmert sich

Wie viele Menschen nehmen das Beratungsangebot der Kempener Netzwerk Initiative gegen Einsamkeit an oder lehnen es ab? Welche kommunikativen Mittel werden eingesetzt? Wie reagieren die Menschen, oder was vermissen ältere MitbürgerInnen: Statistische Daten werden nun jährlich erfasst und ausgewertet, um einen Überblick zu erhalten, wie die Menschen auf das Beratungs- und Begleitangebot reagieren. Nur so kann es adaptiert, erweitert oder ergänzt werden. Dellmans bekräftigt, dass die Thomasstadt dieses Thema verfolgen wird, da sich der demographische Wandel in einer alternden Gesellschaft fortsetzen würde.

Tabuthema „Vereinsamung“

Der Quartiersentwickler, Ingo Behr, brachte dem Plenum das tabuisierte Thema der Vereinsamung älterer Menschen näher. „Gerade alleinlebende und hochaltrige Menschen haben ein großes Risiko, zu vereinsamen“, so der städtische Sozialwissenschaftler und es sei die Aufgabe der Gesellschaft, Angebote vorzuhalten, um Orte der Kommunikation und Teilhabe zu schaffen. Behr ging auch auf die verschiedenen Aspekte der Bedeutung von Einsamkeit und ihrer Definition ein.

Die Online-Redaktion wird die verschiedenen Aspekte sukzessive in den nächsten Veröffentlichungen aufnehmen. /rs